Underrüti: Oppostion aus zwei verschiedenen Ecken

An der Informationsveranstaltung zum Bauprojekt auf der Parzelle Underrüti hat es sich abgezeichnet. Die Schrebergärtnerinnen und -gärtner, die für die Pläne der Frutiger AG ihre Gärten aufgeben müssten, wollen sich wehren. Vorerst haben sie Transparente aufgehängt. Auch die Münsinger SP ist nicht erfreut über das Projekt und möchte erreichen, dass das Bauland doch noch ausgeschrieben wird.

Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch

Bereits hängen erste Transparente an den Zäunen und Gartenhäuschen auf der Underrüti. Die Schrebergärtner und -gärtnerinnen wollen sich nicht vertreiben lassen. "Wir bleiben!" heisst es da etwa. Oder "Mir wei hie keni Laborwonige."

 

Eine Tochter-AG der Thuner Baufirma Frutiger will hier Wohnungen bauen. Zunächst einen zweigeschossigen „Testbau“, später viergeschossige Mehrfamilienhäuser. Die Mieten sollen dank eines neuen Bausystems 20 Prozent unter dem Durchschnitt liegen und das Ganze eine Art Experiment sein (BERN-OST berichtete).  Das Land gehört der Gemeinde. Der Gemeinderat will es im Baurecht an die Preiswert Wohnen AG abgeben, diese wird im Gegenzug die Planungskosten übernehmen.

 

Für günstigen Wohnraum vorgesehen

Das Gebiet Underrüti ist schon lange als Bauland eingezont. Mit der Ortsplanungsrevision, über die 2021 abgestimmt werden soll, wird es wahrscheinlich zu einer Zone mit Planungspflicht, in der viergeschossig gebaut werden kann. Das Areal ist zudem explizit für die Förderung von günstigem Wohnraum vorgesehen.

 

Die Gärtnerinnen und Gärtner von Underrüti waren also vorgewarnt. Trotzdem sind sie wütend und wollen sich gemeinsam mit Nachbarn "vehement" gegen die Baupläne wehren. Das sagt Walter Strahm einer der langjähriger Pächter auf der Underrüti. „Bis vor kurzem wurden noch Pachtverträge über fünf und zehn Jahre versprochen für die Gärten.“ Geht es nach den Plänen des Gemeinderats, müssen einige für den Testbau vielleicht schon 2021 wieder weichen.

 

Für die Gärten ist 800 Meter entfernt Ersatz vorgesehen. Der Boden dort sei nicht zu vergleichen mit 30 Jahre gepflegter Gartenerde, sagt Strahm dazu. Mit weiteren Betroffenen wird er demnächst entscheiden, wie sie sich wehren wollen. „Vielleicht fordern wir per Petition, dass das Areal wieder ausgezont wird. Aber das ist erst angedacht und juristisch noch nicht abgeklärt.“ Vorerst wurden Transparente aufgehängt. Gemeindepräsident Beat Moser (Grüne) sagt, er verstehe, dass es wehtue. „Aber der Ersatz ist gutes Land und nicht weit weg.“

 

Geheimhaltetaktik?

Ebenfalls wütend ist Linus Schärer, Präsident der SP Münsingen und Mitglied des Gemeindeparlaments. Allerdings aus anderen Gründen. Seine Partei setzt sich schon länger dafür ein, dass die Gemeinde gemeinnützigen Wohnungsbau fördert „Für uns war klar, dass das Land ausgeschrieben werden muss und dass in erster Linie Genossenschaften angesprochen werden sollen“, sagt er. Auch sei bisher immer von gemeinnützigem Wohnungsbau die Rede gewesen, jetzt nur noch von günstigem.

 

Dem Gemeinderat wirft er Taktik vor. „Das Parlament wurde im November informiert, dass es ein Projekt gibt, das allerdings noch unter das Kommissionsgeheimnis falle. Und jetzt, wo das Parlament darüber informiert wurde, ist schon alles unter Dach und Fach.“ Er verstehe nicht, warum die Gemeinde einer gewinnorientierten, privaten Firma für solche "Laborversuche" den roten Teppich ausrolle. „Offenbar hat im umkämpften Wohnungsmarkt jetzt auch die Privatwirtschaft die Gemeinnützigkeit entdeckt. Aber es gäbe schliesslich Bauträger, die Erfahrung haben mit sozialem Wohnungsbau.“

 

Viel zu tun gebe es nicht mehr für die SP, konstatiert Schärer leicht resigniert. Der Planungsvertrag, der zurzeit verhandelt wird, liegt in der Kompetenz des Gemeinderats. Seine Fraktion überlege, im Juni den Baurechtsvertrag oder später die Umzonung abzulehnen.  "Wir wollen weiterhin, dass nach Auswertung der Mitwirkung zur Ortsplanungsrevision eine offene Ausschreibung geschieht, um so möglichst viel Qualität und Innovation zu erreichen. Warum hat es der Gemeinderat nun so eilig?“

 

Vorgehen "juristisch abgeklärt"

„Wir mussten das Areal nicht ausschreiben, das ist juristisch abgeklärt“, sagt Beat Moser. Wenn die Firma nicht von sich aus auf die Gemeinde zugekommen wäre, hätte man wohl bis nach der Ortsplanungsrevision gewartet mit der Planung. .„Ein Wettbewerb war nie geplant. Wichtig ist doch, dass der Inhalt stimmt und der ist gut.“


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Erstellt: 30.01.2020
Geändert: 30.01.2020
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