Worb - Das Dilemma mit dem Kunstrasen

Der Worber GGR will erst wieder über den Kunstrasen-Kredit abstimmen, wenn Vechigen eine Kostenbeteiligung zugesagt hat. Dass genau dies der Knackpunkt sein könnte, der das ganze Projekt verzögert, war im GGR nicht allen klar. Einige Parlamentarier sehen das Problem als Trotzreaktion des Gemeinderats. Dieser will im Gespräch mit Vechigen eine Lösung suchen.

Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch

An seiner letzten Sitzung wies der Grosse Gemeinderat (GGR) von Worb den Kreditantrag für den Bau eines Kunstrasens im Worbboden zurück mit dem Auftrag, eine neue Vorlage auszuarbeiten. 

 

Einer der Punkte, die er dabei berücksichtigen muss, ist der Gemeindebeitrag von Vechigen. Rund 20 Prozent der Aktivmitglieder der beiden Worber Fussballclubs stammen aus Vechigen, weshalb der Gemeinderat von Worb die Nachbargemeinde um eine Kostenbeteiligung angefragt hat. Der Gemeindepräsident von Vechigen, Walter Schilt (SVP), findet die Forderung legitim, sieht aber auch Probleme, da damit ein Präzedenzfall geschaffen werde (BERN-OST berichtete). 

 

An der GGR-Sitzung wurde in mehreren Voten die Hoffnung geäussert, dass die Verzögerung wegen der Rückweisung nicht zu gross werde und man bereits an der nächsten Sitzung am 18. März über die angepasste Kreditvorlage abstimmen könne. Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) hingegen hatte gewarnt, dass ein Baustart noch in diesem Jahr mit der Rückweisung vom Tisch sei.

 

Vechigen braucht Zeit

Nun zeigt sich, dass er wohl Recht hatte. Wie die "Worber Post" berichtet, liegt das Hauptproblem bei der Kostenbeteiligung von Vechigen. Damit der Gemeinderat von Worb die Vorlage wieder in den GGR bringen kann, muss gemäss Rückweisungsanträgen eine konkrete Vereinbarung mit der Nachbargemeinde vorliegen über einen "angemessenen Betrag", welcher der Mitgliederzahl entspricht. Die Gemeinde Vechigen braucht aber auch ihre Zeit, um eine Entscheidung zu fällen.

 

Walter Schilt zeigt sich in der "WorberPost" befremdet darüber, dass Worb den Entscheid damit von Vechigen abbhängig macht. Er gibt auch zu bedenken, dass die Finanzkompetenz des Gemeinderats nur bis 200'000 Franken reiche. Über einen grösseren Betrag müsste die Gemeindeversammlung abstimmen, die nur zweimal jährlich stattfindet, und die zudem nur entscheiden könne, wenn ein konkretes Projekt vorliege.

 

Trotzreaktion des Gemeinderats?

War man sich im GGR bewusst, dass die Forderung nach einer verbindlichen Zusage aus Vechigen bevor über den Kredit entschieden wird, so ein Problem wird? Die Reaktionen der Parteien auf die Entwicklung sind gemischt, manche sehen darin vorallem eine Trotzreaktion des Gemeinderats.

 

"Vielleicht waren wir etwas blauäugig", gibt Viktor Fröhlich, Fraktionspräsident der SP zu. Grundsätzlich bereue man die Zustimmung zu dem Punkt aber nicht. "Man kann sich auch fragen, ob es wirklich nicht schneller ginge." Vielleicht sei der Gemeinderat auch "chli am Trötzele."

 

Ähnlich tönt es bei der FDP, die allerdings von Anfang an weniger euphorisch war und die Volksinitiative im November abgelehnt hatte. Fraktionspräsident Michael  Suter benutzt den Ausdruck "Zwängerei". "Vielleicht dauert es auch extra lang, weil  der Gemeinderat etwas beleidigt ist." Allerdings finde er die Verzögerung auch nicht so schlimm. "Mir ist lieber, wir haben ein sauberes Projekt."

 

Nicht überrascht ist die SVP. "Es war klar, dass die Rückweisung das Projekt verzögert", sagt Parteipräsident Bruno Fivian. "Das gibt jetzt halt etwas zu tun." Er habe den Eindruck, dass der Gemeinderat seine Aufgabe nun sehr korrekt und ausführlich wahrnehme.

 

Nicht erreicht werden konnte die Leitung der GLP/BDP-Fraktion, die auch für die  Rückweisung stimmte. Eine Stellungnahme gibt es nur von Jürg Santschi (BDP). Er argumentierte und stimmte im GGR entgegen der Fraktionsmeinung gegen die Rückweisung. Eine Verzögerung habe er zwar befürchtet, sagt er, aber "ich bin davon ausgegangen, dass wir hier über einen Betrag reden, der in Gemeinderatskompetenz liegt."

 

"Das ist halt Politik"

Unmut gibt es aufseiten der EVP, die als einzige GGR-Partei geschlossen gegen die Rückweisung stimmte. GGR-Mitglied Beatrix Zwahlen: "Das war  zu erwarten, darum waren wir gegen  die Rückweisung." Ist man in der Fraktion nun hässig auf die Kollegen und Kolleginnen im Rat? "Das ist halt Politik. Wir sind nicht hässig, aber enttäuscht."

 

Niklaus Gfeller bestätigt das Dilemma. Insbesondere wenn man die Rückweisungsanträge so interpretiere, dass Vechigen 20 Prozent der Kosten übernehmen soll. Denn dann wäre der Beitrag mehr als 300'000 Franken, also klar ein Fall für die Vechiger Gemeindeversammlung, die erst im Juni wieder stattfindet.

 

Ein Ausweg wäre, den Auftrag an den Gemeinderat anzupassen, so dass der GGR doch schon entscheiden kann, bevor eine Zusage aus Vechigen vorliegt. Der Anstoss dazu müsste allerdings aus dem GGR kommen.

 

Formell kompliziert - im Gespräch vielleicht doch lösbar

Gfeller tönt aber auch an, dass es vielleicht doch eine andere Lösung gibt. Rein formell sei eine Lösung sehr kompliziert. Es sei aber geplant, die Verantwortlichen der beiden Gemeinden demnächst an einen Tisch zu bringen. "Wenn man miteinander redet, findet sich oft eine bessere Lösung."

 

Klar ist aber: Eine erneute Abstimmung über den Kunstrasenkredit an der nächsten GGR-Sitzung wird es nicht geben. "Ich werde aber über den Stand der Dinge informieren", sagt Gfeller.

 

Hauptgund für die Rückweisung des Kredits waren ökologische Bedenken und die Forderung nach einer Variantenabstimmung mit einem "unverfüllten" Kunstrasen als Alternative zum "Verfüllten", bei dem die Gefahr besteht, dass Kunststoffgranulat in die Umwelt gelangt. Eine von der EVP beantragte sofortige Variantenabstimmung wurde von der Mehrheit aber abgelehnt.


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Erstellt: 28.02.2019
Geändert: 28.02.2019
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