Renato Krähenbühl: Abschiedsrunde durch Rubigen

Nach gut 13 Jahren als Gemeindepräsident wird Renato Krähenbühl das Amt Ende Jahr abgeben. Auf einem Spaziergang mit BERN-OST zeigt er, wo Rubigen noch Potential hat und erzählt, wie er sich im Hinblick auf seinen Abschied fühlt und wie sein Dorf mittendrin war, als sich die BDP von der SVP abspaltete.

Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch

Der Spaziergang mit Noch-Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (BDP) startet beim Gemeindehaus von Rubigen. Krähenbühl, 69-jährig und im beruflichen Ruhestand, ist guter Laune und nimmt sich gerne Zeit. Die Stationen: Orte, an denen sich Rubigen entwickeln wird, die Renato Krähenbühl aber seinen Nachfolgern überlassen muss. "Oder darf", wie er korrigiert. Zum Teil werden sie im Zug der laufenden Ortsplanungsrevision (OPR) angegangen, andere sind unabhängig davon.

 

Der erste Halt ist auf dem Spielplatz beim Schulhaus. Es ist still, die Kinder sind im Unterricht. Mit Rasen, künstlich angelegten Hügeln und Bäumen erinnert der Platz an einen englischen Landschaftsgarten. Hier ist eine Erweiterung geplant. Der Gemeinderat hat eben das Geld gesprochen für ein Vorprojekt. Die neuen Teile sollen auch grössere Kinder und Jugendliche ansprechen. Etwa mit Parkour-Elementen und Bänkli.

 

Spielplatz auch für Ältere

Oft ist es andersherum: Dass Gemeinden versuchen, die Jugendlichen vom Schulhausplatz wegzukriegen, wegen Lärm, Abfall, Drogen. "Ja, das kann eine schwierige Kombination sein, etwa wenn nach dem Wochenende Scherben liegen bleiben", sagt Krähenbühl. Er finde aber, es sei machbar. Zumal auf dem ganzen Schulhausareal ein Rauch-und Alkoholverbot gelte und der Spielplatz an Kulturland anstosse. Es gebe also nur ganz wenige Nachbarn, die sich gestört fühlen könnten. "Und wenn, dann zwischendurch mal ein Hasch-Pfyffli – wenn es denn dabei bleibt - die Runde macht, finde ich das auch nicht so tragisch", sagt er. "Ich habe ja jetzt Narrenfreiheit und kann so etwas sagen."

 

"Ich dachte, das Loslassen werde mir leicht fallen"

Er realisiere erst jetzt langsam, dass er das Amt abgeben werde, sagt Krähenbühl. "Zuerst dachte ich, das Loslassen werde mir leichtfallen, aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Eben habe ich das letzte Editorial geschrieben für den "Kurier". Da ist es mir bewusst geworden. " Der Rücktritt erfolgt nicht freiwillig. Krähenbühl leidet an einer chronischen Form von Leukämie und muss sich voraussichtlich nächstes Jahr deswegen in Behandlung begeben. "Im Moment geht es mir aber gut", beruhigt er. Die Krankheit sei zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar. Bis zu den nächsten regulären Wahlen im Spätherbst 2020 wird sein Gemeinderatskollege und Vizepräsident Daniel Ott Fröhlicher die präsidialen Aufgaben übernehmen. 

 

"Schwierig, aber nicht hoffnungslos"

Die nächste Station ist der Schinzenacher, ein Stück Land direkt an der Bahnlinie, das der Gemeinde gehört. "Eine der letzten bereits eingezonten Freiflächen im Dorf", erklärt Krähenbühl. Letztes Jahr lud die Gemeinde Investoren ein, ihre Ideen zu präsentieren. . Die Realisation einer Überbauung sei aber kompliziert, weil der gesetzliche Mindestabstand zur nahen Hochspannungsleitung stetig erhöht worden sei. „Es ist also schwierig, aber nicht hoffnungslos».“ In jedem Fall sei klar, dass es Wohnungen brauche." Mir wird zum Beispiel immer wieder gesagt, dass für ältere Leute, denen das Einfamilienhaus zu gross wird, bezahlbare Wohnungen in Rubigen fehlen."

 

Allgemein strebe die Gemeinde, jetzt auch mit der Ortsplanungsrevision, ein moderates Wachstum an. "Früher haben wir noch über einen Kirchturm im Dorf  geredet, über ein Schwimmbad oder über ein Casino. Heute entwickeln wir uns lieber "langweilig aber gut", zitiert Krähenbühl den diesjährigen Wahlslogan seiner Partei BDP.

 

Keine SVP in Rubigen

Rubigen ist ein BDP-Dorf. Als sich die Partei 2008 im Nachgang der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat als Abspaltung der SVP formierte, fanden die Sitzungen nicht nur im Graubünden, Widmer-Schlumpfs Heimat, und in Bern, sondern auch in Rubigen statt. Krähenbühl und Widmer-Schlumpf kennen sich schon lange, ihre Mütter wohnten eine Zeitlang im gleichen Altersheim. Die SVP Sektion Rubigen war dann auch eine der wenigen in der Region, die praktisch geschlossen zur BDP wechselte. Eine SVP-Sektion gibt es heute nicht mehr.

 

Nach einem kurzen Abstecher zum Bahnhof - hier sieht die Ortsplanungsrevision verdichtetes Bauen und allenfalls eine Art Dorfplatz vor - führt die letzte Etappe des Rundgangs mit Renato Krähenbühl zum Dorfkern. Wie in vielen Aaretaler Gemeinden ist dieser optisch und akkustisch von der Hauptstrasse geprägt, die den Verkehr mitten durch das Dorf leitet. Ein Gesuch für Tempo 30 im Dorfkern und beim Schulhaus ist beim Kanton hängig. Entwicklungspotential besteht hier rund um das Restaurant Krone. Gegenüber liegt die Käserei. Das Haus wurde vor kurzem umgebaut und um ein Stockwerk erhöht.  

 

Auf der anderen Seite hinter einem Bauernhof ist eine grosse, Grünfläche mit einer verwilderten Hochstamm-Hostet. Sie ist als Bauland eingezont. Platz wäre für vieles, aktuell laufen erste Abklärungen. Damit wird Renato Krähenbühl aber definitiv nichts mehr zu tun haben. Gebaut wird hier nicht heute oder morgen.

 

"Am Rand zu einem Schlafdorf"

"Rubigen ist immer am Rande zu einem Schlafdorf", beschreibt er seine Gemeinde. Zwar gebe es noch alle nötigen Einkaufsmöglichkeiten und Treffpunkte im Dorf. Metzgerei, Bäckerei, Käserei mt Dorfladen-Angebot, Drogerie mit Postagentur, Tankstelle, Denner und ein Blumenladen. Zum Einkehren die Krone, mehrere Tea-Rooms, ein Bistro beim Bahnhof. Ausserdem hat es zwei Ärzte und eine Zahnärztin.

 

Dazu müsse man aber schauen, sagt Krähenbühl. "Wir sind im Gemeinderat Massnahmen am Erarbeiten, um die Läden zu unterstützen. Aber es ist nicht so einfach." Die Gemeinde Rubigen unterstütze auch die ansässigen Vereine bei der Jugendarbeit, damit das Dorf lebendig bleibe.

 

Keine Provisorien

Wenn er auf seine Amtzszeit zurückblicke, sei er stolz auf die Rubiger Infrastruktur, vor allem auch darauf, dass immer genügend und genug guter Schulraum zur Verfügung stand. "Wir haben in den ganzen Jahren nie ein Provisorium gebraucht." Schön sei auch, dass man in Rubigen immer anständig miteinander reden konnte, was nicht selbstverständlich und in manchen Gemeinden anders sei.

 

Im Gemeindehaus werde er nach dem Rücktritt nicht mehr oft anzutreffen sein. "Natürlich kann man mich immer fragen, aber meine eigene berufliche Erfahrung ist, dass es eher mühsam ist, wenn man noch zu oft am alten Arbeitsplatz herumhängt." Das Rubiger Gemeindepräsidium entspricht ungefähr einer Halbzeitstelle. Die freigewordene Zeit werde er hoffentlich oft auf dem Rennvelo verbringen. Vor allem aber auch mit seinem 1 ½-jährigen Enkel. "Ich bin mittlerweile ein geübter Kinderwagenfahrer." Gemeinsam mit seiner Frau sind auch Reisen geplant. In die Provence und nach Italien, wo seine Grossmutter ihre Wurzeln hatte. Und nach Norddeutschland, das sie in den letzten Jahren schätzen gelernt hätten.

 

Offiziell verabschiedet wird Renato Krähenbühl an der Gemeindeversammlung vom 28. November Mit den Kolleginnen und Kollegen vom Gemeinderat samt allen Behördenmitgliedern und ihren Partnerinnen und Partnern folgt im Januar das traditionelle Behördenschlussessen, das für Krähenbühl das definitive Abschlussfest sein wird.

 

[i] Die Ortsplanungsrevision wird momentan überarbeitet und soll im Oktober 2020 öffentlich aufgelegt werden.

 

[i] Die Gemeindeversammlung ist am Donnerstag, 28. November um 19.30 Uhr in der Aula Rubigen.


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Erstellt: 26.11.2019
Geändert: 26.11.2019
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