Zäziwil - Gemeinde will einen alten Zopf abschneiden
Angefangen hat es vor Jahrzehnten mit 13 000 Franken, jetzt sind es 168 000 Franken: das burgerliche Armengut in der Gemeinderechnung Zäziwil. Jetzt soll es in einen Fonds überführt werden, damit das Geld auch genutzt werden kann.
Dass der Posten nie abnimmt, liegt an einem Dokument von 1931, das noch von Regierungsrat Hugo Dürrenmatt unterzeichnet wurde. Es heisst „Nutzungs- und Verwaltungsreglement über das burgerliche Armengut der Einwohnergemeinde Zäziwil". Darin haben die Burger ihre Grundstücke der Einwohnergemeinde zur treuhänderischen Verwaltung übertragen.
Es handelt sich dabei um „Ackerland und Bach", um „Ackerland und Weg»" oder um so und so viel „Aren Wald", wie es in dem Reglement so schön heisst (siehe Kasten). Der Pachtzins für diese Ländereien hat den Kontostand stetig anwachsen lassen. Heute beträgt er 167 793.30 Franken. Am Anfang, 1931, waren es 13 000 Franken.
Keine Burger mehr in Zäziwil
Weil das Reglement bis heute gültig ist, konnte dieses Geld in all der Zeit nicht verwendet werden. Es ist nämlich ganz klar geregelt, wer Anspruch auf die Nutzung des „burgerlichen Armenguts" hat. Es sind laut Artikel 4 nur „diejenigen Burger, deren steuerbares Einkommen nicht 10 000 Franken übersteigt oder das Vermögen, das Frauenvermögen inbegriffen, die Steuerpflicht nicht erreicht".
Offenbar gibt es in Zäziwil heute keine Burger mehr. Und wenn, dann sind sie von der finanziellen Lage her nicht anspruchsberechtigt. „Wegen des Reglements können wir nicht über das Geld verfügen. Das Konto ist inaktiv, seit langer Zeit", sagt Gemeindepräsidentin Elsa Nyffenegger (SVP). „Deshalb wollen wir das Burgergut nun in einen Fonds überführen, in eine sogenannte unselbstständige Stiftung." Damit solle die Gemeinde das Geld für soziale Zwecke einsetzen können.
Eine solche Zweckänderung muss vom kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR) aber genehmigt werden. Monique Schürch, Leiterin Gemeinderecht beim AGR, begleitet dieses Unterfangen. „Als Erstes muss die Gemeinde abklären, ob es in Zäziwil überhaupt noch Burger gibt, die allenfalls Ansprüche erheben könnten", erklärt sie.
Geld für soziale Zwecke
In einem zweiten Schritt gehe es dann darum, den Zweck neu zu definieren, worüber dann ebenfalls das AGR befinden müsse. Angestrebt werde nur eine leichte Zweckerweiterung, um der Gemeinde etwas mehr Spielraum zu geben. „Auf jeden Fall sollte das Geld für soziale Zwecke gebraucht werden", so Schürch.
Den ersten Schritt hat die Gemeinde bereits unternommen. Sie hat einen Aufruf im Amtsanzeiger publiziert. „Bisher hat sich noch kein Burger gemeldet", sagt Nyffenegger.
Armengut
Zäziwil ist nicht die einzige Gemeinde, die noch einen solchen Posten in ihrer Buchhaltung führt. „Vielerorts, wo es keine organisierte Burgergemeinde mehr gibt, wurde das Armengut der Einwohnergemeinde zur Verwaltung übertragen, geblieben ist die Zweckbindung", erklärt Henriette von Wattenwyl vom Verband der bernischen Burgergemeinden und burgerlichen Korporationen. Sie weiss auch, was man sich unter dem Armengut vorstellen muss. „Das Gut, respektive der Ertrag daraus, wurde für die Armen verwendet. Das konnte auch bedeuten, dass Armengenössige auf dem Land ihr Vieh weiden lassen durften", erklärt sie. „Und aus Wäldern erhielten die Bedürftigen Holz, damit sie zumindest heizen konnten."