Zäziwil - "Beschlagen ist Vertrauenssache"
Die Herrmanns beschlagen seit 100 Jahren Den beiden Schmiedemeistern Ulrich und Rudolf Herrmann aus Zäziwil wurde das Pferdebeschlagen in die Wiege gelegt. Bereits ihr Urgrossvater, ihr Grossvater und ihr Vater verhalfen vielen P
Jakob Hofstetter, Wochen-Zeitung
«Sisch nümme die Zyt, wo albe isch gsy, wo i mit mit Schümeli uf d Schmittebrügg bi». Dieses in Nostalgie schwelgende Volkslied wird noch heute von manch einem Männerchor gesungen. Nicht nur das Lied, auch den Schmied gibt es noch. Nicht mehr in grosser Zahl, aber für Pferdebesitzer unentbehrlich. Gehörten früher fast ausschliesslich Landwirte zu ihren Kunden, sind es heute vor allem Freizeitpferdehalter. «In Zäziwil gibt es heute noch gerade ein Landwirtschaftspferd», wissen die Schmiedemeister Ulrich und Rudolf Herrmann.
Die mobile Schmiede
Pferdebeschlagen ist Vertrauenssache, sagt Rudolf Herrmann. Und dieses Vertrauen stellen er, sein Bruder Ulrich, ein angestellter Schmied und ein Lehrling fast täglich unter Beweis. Ort des Geschehens ist meistens nicht die Schmiede, sondern der Vorplatz eines Pferdestalls. Mit einem Mitsubishi-Bus, beschickt mit Amboss, Hammer, Beisszange, Raspel, Nägel und einer Menge verschieden grosser Hufeisen, fahren sie von Ort zu Ort, von Pferdestall zu Pferdestall. Von den fahrenden Schmieden unterscheidet sie, dass sie auch noch eine stationäre Werkstatt haben.
Heute Nachmittag ist es der fünfjährige Schweizer Halbblutwalach Sea Cruise, der sich seine Füsse pflegen und neue Schuhe anpassen lässt. Sea Cruise tut so, als hätte er auf die Schmiede gewartet. Gelassen steht er da, vor den Stallungen agebunden. Es scheint ihm nichts auszumachen, als Rudolf Herrmann ihm sein linkes Vorderbein hebt. Bereitwillig lässt er es geschehen, wie Ulrich Herrmann ihm das abgewetzte Eisen vom Huf reisst, und dann das überflüssige Horn, die Zehennägel sozusagen, mit verschiedenen Messern sorgfältig wegschneidet. «Heute ist er tatsächlich sehr geduldig», sagt Ulrich Herrmann anerkennend über seinen Klienten. Nicht immer sei er so brav gewesen. «Manchmal chniepet er ziemlich hin und her». Sea Cruise ist mittlerweile kein Neuling mehr. Er und die Herrmanns kennen sich seit einiger Zeit. Heute hat das Sportpferd sein sechstes Stelldichein mit den Schmieden. Es scheint, dass es nicht nur in sportlicher Hinsicht Fortschritte erzielt hat.
Es geht auch ohne Esse
Derweil die beiden Schmiede die Hufe reinigen und sie für den neuen Beschlag vorbereiten, ist aus dem nebenstehenden Bus ein deutliches Rauschen zu vernehmen. In einem Gasofen, so gross wie ein Mikrowellengerät, geschieht der Teil des Beschlagens, der die Väter Herrmann jeweils auf der Esse verrichtet haben: das Erwärmen der Eisen. Zehn Minuten lang dauert es, bis diese glühend heiss und somit biegsam genug für die Verarbeitung sind. Mit der Zange in der linken und dem Hammer in der rechten Hand haltend schreitet der Schmied zum Ofen und zieht eines der glühenden Eisen aus dem Feuer. Er hämmert am glühenden Metall herum. Weil es für ein Vorderhuf bestimmt ist, wird es vorne leicht abgerundet. «So kann das Pferd gut abrollen und sich dadurch viel besser bewegen», erklärt Ueli Herrmann. Im Wissen, dass die Pferde von Natur aus keine Eisen an den Füssen tragen würden, müsse das Beschlagen so fein ausgeführt werden, dass sich die Tiere dadurch nicht beeinträchtigt fühlten.
Wenns zischt und raucht
Nun wird die erste Anprobe genommen. Rudolf Herrmann hebt dem Pferd das Bein an, und sein Bruder drückt das heisse Eisen ans Huf. Das damit ausgelöste Zischen und Rauchen, und vielleicht auch der starke Geruch nach verbranntem Horn, lässt Sea Cruise für einen Moment aufhorchen und er ist offenbar entschlossen, seinen linken Fuss wieder auf den sicheren Boden zu stellen. «Hee da!» ermahnt ihn Rudolf Herrmann. Sea Cruise glaubts, steht wieder ruhig und interessiert sich wieder für alles andere als für seine Fusspflege.
Der Nagel am richtigen Ort
Das Eisen passt, jetzt kann die Sache genagelt werden. Acht Nägel setzt Ulrich Herrmann. Zur Kunst des Hufschmiedes gehört auch, dass er die Nägel an der richtigen Stelle einschlägt. Setzt er die Nägel zu nahe am Rand an, halten die Eisen zu wenig fest und das Huf wird beschädigt. Auch zu nahe am empfindlichen Gewebe eingeschlagene Nägel hätten schlimme Folgen für das Pferd. Sie könnten schmerzhafte Infektionen auslösen. Wie dick ist die Schicht mit dem unempfindlichen Horn? «Das ist sehr unterschiedlich, muss bei jedem Pferd individuell beurteilt werden, sagt Rudolf Herrmann.
Bis bald in drei Monaten
Sea Cruise hat nun an allen vier Hufen neue Eisen. Auf Wunsch des Besitzers versehen die Schmiede die Eisen lediglich mit je zwei feinen Stiften, ähnlich den Spikes bei den Autopneus. Das Sportpferd wird fürs Springreiten eingesetzt. Grosse Stollen, wie sie bei einigen Arbeitspferden in die Eisen geschlagen werden, braucht es nicht.
Der Schmied greift zur Raspel und führt sie fein über Huf und Eisen. «Das ist der Finish, kommentiert Rudolf Herrmann. Er bindet Sea Cruise los und führt ihn in seine Boxe. Etwa in drei Monaten werden sich die drei wieder sehen. Dann wird die nächste Fusspflege fällig sein.
Zur BERN-OST Bildergalerie der Jubiläumsausstellung:
http://www.bernost.ch/das_por/schmiede-105.jpg" onclick="top.location.replace('/galerien.cfm?galerie=050403-schmiede')">
www.wochen-zeitung.ch
www.zaeziwil.ch
Die mobile Schmiede
Pferdebeschlagen ist Vertrauenssache, sagt Rudolf Herrmann. Und dieses Vertrauen stellen er, sein Bruder Ulrich, ein angestellter Schmied und ein Lehrling fast täglich unter Beweis. Ort des Geschehens ist meistens nicht die Schmiede, sondern der Vorplatz eines Pferdestalls. Mit einem Mitsubishi-Bus, beschickt mit Amboss, Hammer, Beisszange, Raspel, Nägel und einer Menge verschieden grosser Hufeisen, fahren sie von Ort zu Ort, von Pferdestall zu Pferdestall. Von den fahrenden Schmieden unterscheidet sie, dass sie auch noch eine stationäre Werkstatt haben.
Heute Nachmittag ist es der fünfjährige Schweizer Halbblutwalach Sea Cruise, der sich seine Füsse pflegen und neue Schuhe anpassen lässt. Sea Cruise tut so, als hätte er auf die Schmiede gewartet. Gelassen steht er da, vor den Stallungen agebunden. Es scheint ihm nichts auszumachen, als Rudolf Herrmann ihm sein linkes Vorderbein hebt. Bereitwillig lässt er es geschehen, wie Ulrich Herrmann ihm das abgewetzte Eisen vom Huf reisst, und dann das überflüssige Horn, die Zehennägel sozusagen, mit verschiedenen Messern sorgfältig wegschneidet. «Heute ist er tatsächlich sehr geduldig», sagt Ulrich Herrmann anerkennend über seinen Klienten. Nicht immer sei er so brav gewesen. «Manchmal chniepet er ziemlich hin und her». Sea Cruise ist mittlerweile kein Neuling mehr. Er und die Herrmanns kennen sich seit einiger Zeit. Heute hat das Sportpferd sein sechstes Stelldichein mit den Schmieden. Es scheint, dass es nicht nur in sportlicher Hinsicht Fortschritte erzielt hat.
Es geht auch ohne Esse
Derweil die beiden Schmiede die Hufe reinigen und sie für den neuen Beschlag vorbereiten, ist aus dem nebenstehenden Bus ein deutliches Rauschen zu vernehmen. In einem Gasofen, so gross wie ein Mikrowellengerät, geschieht der Teil des Beschlagens, der die Väter Herrmann jeweils auf der Esse verrichtet haben: das Erwärmen der Eisen. Zehn Minuten lang dauert es, bis diese glühend heiss und somit biegsam genug für die Verarbeitung sind. Mit der Zange in der linken und dem Hammer in der rechten Hand haltend schreitet der Schmied zum Ofen und zieht eines der glühenden Eisen aus dem Feuer. Er hämmert am glühenden Metall herum. Weil es für ein Vorderhuf bestimmt ist, wird es vorne leicht abgerundet. «So kann das Pferd gut abrollen und sich dadurch viel besser bewegen», erklärt Ueli Herrmann. Im Wissen, dass die Pferde von Natur aus keine Eisen an den Füssen tragen würden, müsse das Beschlagen so fein ausgeführt werden, dass sich die Tiere dadurch nicht beeinträchtigt fühlten.
Wenns zischt und raucht
Nun wird die erste Anprobe genommen. Rudolf Herrmann hebt dem Pferd das Bein an, und sein Bruder drückt das heisse Eisen ans Huf. Das damit ausgelöste Zischen und Rauchen, und vielleicht auch der starke Geruch nach verbranntem Horn, lässt Sea Cruise für einen Moment aufhorchen und er ist offenbar entschlossen, seinen linken Fuss wieder auf den sicheren Boden zu stellen. «Hee da!» ermahnt ihn Rudolf Herrmann. Sea Cruise glaubts, steht wieder ruhig und interessiert sich wieder für alles andere als für seine Fusspflege.
Der Nagel am richtigen Ort
Das Eisen passt, jetzt kann die Sache genagelt werden. Acht Nägel setzt Ulrich Herrmann. Zur Kunst des Hufschmiedes gehört auch, dass er die Nägel an der richtigen Stelle einschlägt. Setzt er die Nägel zu nahe am Rand an, halten die Eisen zu wenig fest und das Huf wird beschädigt. Auch zu nahe am empfindlichen Gewebe eingeschlagene Nägel hätten schlimme Folgen für das Pferd. Sie könnten schmerzhafte Infektionen auslösen. Wie dick ist die Schicht mit dem unempfindlichen Horn? «Das ist sehr unterschiedlich, muss bei jedem Pferd individuell beurteilt werden, sagt Rudolf Herrmann.
Bis bald in drei Monaten
Sea Cruise hat nun an allen vier Hufen neue Eisen. Auf Wunsch des Besitzers versehen die Schmiede die Eisen lediglich mit je zwei feinen Stiften, ähnlich den Spikes bei den Autopneus. Das Sportpferd wird fürs Springreiten eingesetzt. Grosse Stollen, wie sie bei einigen Arbeitspferden in die Eisen geschlagen werden, braucht es nicht.
Der Schmied greift zur Raspel und führt sie fein über Huf und Eisen. «Das ist der Finish, kommentiert Rudolf Herrmann. Er bindet Sea Cruise los und führt ihn in seine Boxe. Etwa in drei Monaten werden sich die drei wieder sehen. Dann wird die nächste Fusspflege fällig sein.
Zur BERN-OST Bildergalerie der Jubiläumsausstellung:
www.wochen-zeitung.ch
www.zaeziwil.ch