Zäziwil - "Beiele" fasziniert - trotz allem

Der Bienenzüchterverein Zäziwil und Umgebung führt einen Grundkurs für die Bienenhaltung durch. Im Lehrbienenstand Schwarzhüsi werden die Kursteilnehmer praktisch und theoretisch ausgebildet.

Otto Neuenschwander / Wochen-Zeitung
Gemäss Inserattext sind keine Vorkenntnisse nötig und der Kurs kann grundsätzlich von jedermann besucht werden. Noch verfügt der über 100-jährige Verein über 86 aktive Mitglieder – «Tendenz sinkend», wie Präsident Walter Leuenberger feststellt. Nun haben elf Personen den Grundkurs in Angriff genommen und der Präsident hofft natürlich, dass möglichst viele nach Abschluss des Kurses als Aktivmitglieder dem Verein beitreten werden.

Praktische Arbeit im Freien

Zwischen Zäziwil und Reutenen, unweit der Liegenschaft «Schwarzhüsi», in nächster Nähe zum Wald, befindet sich seit 1992 der Lehrbienenstand des Bienenzüchtervereins. Hier kommen die Teilnehmenden zusammen, die sich unter der Leitung von Oskar Röthlisberger in die Welt der Bienenhaltung einführen lassen. Im und um das Gebäude wird ihnen in 18 Halbtagen, verteilt auf zwei Jahre, in Theorie und Praxis jenes Wissen und Können vermittelt, welches zur erfolgreichen Imkerei nötig ist. Am ersten Kursnachmittag ist strahlend schönes Wetter. Bei den Fluglöchern an der Front des Lehrbienenstandes herrscht emsiges Treiben; die Bienen sind fleissig an der Arbeit. Der Kursleiter nutzt die Gunst der Stunde und setzt deshalb auf praktische Ausbildung im Freien. Eine der beiden Gruppen beschäftigt sich mit der Reinigung und Desinfektion von Bienenkästen und dessen Zubehör. Diese Arbeit ist alles andere als ein «Honig schlecken», aber angesichts der sich stark ausbreitenden Bienenkrankheiten äusserst wichtig.
Die zweite Gruppe bespannt vorgefertigte Rahmen mit einem feinen Draht für den Einsatz als Brut- und Honigwaben. Dabei werden die Bienenwachsplatten auf die Drähte gelegt und verlötet. Nachdem die fertigen Rahmen in die Bienenkästen eingebracht sind, beginnt die Arbeit für die Bienen.

Wer sich für die Bienenzucht entschieden hat, muss viel Idealismus mitbringen. Das «Beiele» ist in unseren Breitengraden nicht immer ein einträgliches Geschäft. «Freude an der Natur, Geduld, Durchstehvermögen und die Fähigkeit, Rückschläge verkraften zu können, sind die wichtigsten Voraussetzungen», betont Oskar Röthlisberger. Rückschläge gibt es tatsächlich immer wieder zu verzeichnen, weil verschiedene Bienenkrankheiten den Imkern zu schaffen machen. Sobald sich das Gesprächsthema in den beiden Gruppen um Bienenkrankheiten dreht, sind die Kursbesucher besonders aufmerksam. Schliesslich haben sie sich für die Bienen entschieden, also muss für die künftigen Imkerinnen und Imker das Wohlergehen ihrer Tiere höchste Priorität haben. Aus berufenem Mund erfahren die Kursteilnehmenden, dass aufmerksames Beobachten der Bienenvölker und sofortiges Handeln beim Auftreten von Krankheiten zu den wichtigsten Aufgaben der Bienenzüchter gehören. Wegen dem grossen Interesse kommen die Teilnehmenden schon am ersten Kurstag mit den Begriffen «Faulbrut», «Sauerbrut» und «Varroa-Milbe» in Berührung.

Interessantes Kursmaterial

Damit sich die künftigen «Beieler» auch ausserhalb des Kurses in die neue Materie vertiefen können, wird ihnen nebst weiteren Kursunterlagen «Der schweizerische Bienenvater» ausgehändigt. Dieses in fünf Bänden zusammengefasste Werk ist, wie den einzelnen Titeln zu entnehmen ist, sehr umfangreich. Vom «Imkerhandwerk» über die «Biologie der Honigbiene» bis hin zu «Natur- und Kulturgeschichte der Honigbiene» lässt sich darin viel Interessantes und Wissenswertes über die Bienenzüchterei in Erfahrung bringen. Hingegen wird man vergeblich nach einem Patentrezept für die Bekämpfung der Bienenkrankheiten suchen – weil es kein solches gibt. «Wenn zehn Bienenzüchter über Bienenkrankheiten diskutieren, dann haben sie bestimmt zwölf Meinungen», stellt der Kursleiter lachend fest.

Unterschiedliche Kursteilnehmer

Die jüngsten Kursteilnehmer sind noch schulpflichtig, die ältesten haben etliche Jahrzehnte mehr auf dem Buckel.
Janik Eggimann kommt aus Oberthal, ist Schreinerlehrling und steht unmittelbar vor Abschluss der Lehre. Die Imkerei ist ihm nicht völlig neu: «Mein Grossvater hat ein Bienenhaus, ich habe von ihm schon viel mitbekommen. Jetzt will ich das Bienenzüchten von Grund auf lernen», begründet er den Kursbesuch.

Ganz andere Voraussetzungen bringt Romy Gafner mit. Sie ist 47 Jahre alt und wohnt in Zäziwil. «Eine Freundin, die vor 30 Jahren den Bienenzüchterkurs besuchte, hat mich auf den Geschmack gebracht. Von den Familienverhältnissen her habe ich jetzt den nötigen Freiraum und der Kurs kommt gerade zur richtigen Zeit», gibt die ausgebildete Psychiatrieschwester zu verstehen.

So unterschiedlich die beiden Personen sind, eines haben sie gemeinsam: Die Freude an der Natur. Damit verfügen sie über eine entscheidend wichtige Eigenschaft für die Bienenzucht. Janik Eggimann ist überzeugt, dass dank Grossvaters Bienenhaus – mitten im Obstgarten – immer reichlich Obst geerntet werden kann. Romy Gafner freut sich, wenn sie Bienen mit vollen Pollenhöschen zu Gesicht bekommt. «Wenn ich solche Beobachtungen mit der Freundin teilen kann, sind wir beide glücklich.»

Die beiden Kursteilnehmer machen kein Geheimnis daraus, dass ihnen der Honig schmeckt, aber vorläufig werden sie sich nur im kleinen Rahmen mit der Bienenzucht beschäftigen.

Ohne Imker keine Bienen

«Ohne Bienenzüchter gäbe es bald keine Bienen mehr», ist Kursleiter Röthlisberger überzeugt. Nebst den Bienenkrankheiten macht sich der erfahrene Imker Sorgen wegen immer knapper werdenden Bienenweiden, der natürlichen Futtergrundlage für die Bienen. «Wenn das Gras auf den Wiesen erst geschnitten würde, wenn die Blumen, speziell der Löwenzahn, verblüht ist, wäre das besonders vorteilhaft.»

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Erstellt: 07.04.2011
Geändert: 07.04.2011
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