Zählerableser Fritz Fiechter: "Früher gab es noch ein Miuchbüechli"
Wanderleiter, aktiver Hornusser und Hauswart. Fritz Fiechter (77) ist vielseitig interessiert und doch kennen ihn viele Münsinger vermutlich aus einem Grund. Seit nahezu 30 Jahren ist er als Zählerableser unterwegs.
«Wenn ich aufhöre, dann mit etwas Wehmut», sagt Fritz Fiechter, während er die dritte Zählerableser-Tour in diesem Jahr in Angriff nimmt. Im Frühling sind es genau 30 Jahre, seit er mit dem Ablesen von Wasser- und Stromzählern begonnen hat. Ob er anschliessend noch weitermacht, ist noch offen. «Irgendwann muss man aufhören.»
Davon ist an diesem sonnigen Tag jedoch nichts zu merken. Voller Elan geht Fiechter in einem Mehrfamilienhaus an der Sägegasse die Treppe in den Keller hinunter. Vor der Wand mit den Zählern angekommen steckt er das Ablesegerät an den ersten Stromzähler und startet die elektronische Übermittlung. Insgesamt 1015 Zähler gehören zu seinem Kreis im Münsinger Unterdorf. Früher waren es noch mehr.
Willkommener Zustupf
Nach seiner Frühpensionierung vor 17 Jahren übernahm der Familienvater und vierfache Grossvater, der zuvor nebenberuflich als Zählerableser unterwegs war, zusätzliche Kreise. Insgesamt vier Bezirke, darunter etwa Teile des Vogelquartiers, gehörten zu seiner Tour. „Damals war es noch weniger üblich, sich frühzeitig pensionieren zu lassen“, erinnert er sich. Das Zählerablesen sei denn auch ein willkommener Zustupf gewesen.
Angefangen mit der Arbeit für die Infrawerke hat Fiechter jedoch bereits viel früher - im Jahr 1989. „Beim Bund hatten sie nichts dagegen“, erinnert er sich mit einem Schmunzeln. Der gelernte Sattler, Tapezierer und Bodenleger war damals in den Konstruktionswerkstätten in Thun tätig, wo er für die Armee unter anderem Sturmgewehrhalfter und Bastsättel herstellte.
Von analog zu digital
„Früher gab es noch ein Miuchbüechli, in das wir den Stand eingetragen und anschliessend beim Kunden zum Zähler gesteckt haben“, spricht Fiechter die Veränderungen der vergangenen Jahre an. Auch die Meldung an die Infrawerke erfolgte lange Zeit mittels Eintragungen in Büchern.
Heute geht dies einiges einfacher. Je nach Standort entscheidet sich Fiechter für manuelle oder automatische Übertragung, schliesst das Gerät an und innert Kürze wird der Stand des Wasser- oder Stromzählers elektronisch abgelesen. „Die Daten gehen dann in eine Wolke und fünf Minuten später sind sie bereits im Büro“, sagt er und gesteht lachend, dass er sich an die Technik doch erst etwas gewöhnen musste. „Ich habe mich lange gegen PCs gewehrt, mittlerweile nutzte ich aber auch zu Hause den Computer.“
„D Arbeit geit nid us“
An diesem bearbeitet er etwa Fotos, die er als Wanderleiter während den Wanderungen mit den Naturfreunden aufgenommen hat. „D Arbeit geit mr nid us“, zieht Fiechter die Verbindung zu seinen möglichen Rücktritt als Zählerableser an.
So ist er zudem gemeinsam mit seiner Ehefrau an seinem Wohnort gleich vis-à-vis vom Bahnhof für einen Teil der Hauswartungen zuständig. Und auch im Ries steht der passionierte Hornusser trotz Knieoperation im vergangenen Jahr noch mindestens einmal pro Woche. „Es ist schön, wenn man den Jungen Paroli bieten kann“, sagt er mit einem schelmischen Lachen.
Und während er zügig durch die unterirdischen Gänge der Kobelmatte zum nächsten Zähler schreitet, glaubt man denn auch kaum, dass es sich um eine seiner letzten Ablesetouren handeln könnte. „Ganz abgeschlossen habe ich noch nicht“, gibt Fiechter denn auch zu und erinnert sich an schöne Momente.
Wertvolle Begegnungen
Besonders wertvoll seien all die Begegnungen zu denen es in all den Jahren kam - und aus denen teilweise Freundschaften entstanden. „Ich sass oft dort und habe brichtet“, erinnert sich Fiechter etwa an eine Dame, die bis sie über 90 Jahre alt war in einem Einfamilienhaus im Unterdorf lebt.
„Es ist kein Unglück, wenn man so ab und zu etwas Zeit versuumet“, freut sich Fiechter, der für die Touren pauschal bezahlt wird, über diese Momente. „Es gibt ja dann auch wieder Wohnblöcke, in deren Kellern man kaum jemanden trifft.“
Wechsel aufs Trotti
Genau für diese Blöcke hat Fiechter denn auch eine Idee im Köcher. Statt wie bisher zu Fuss die langen Gänge zurückzulegen, zieht er in Erwägung, die Zähler dort mit einem Trottinett abzuklappern. Und so wird es vielleicht doch noch weitere Touren als Zählerableser geben. Auch wenn sich Fritz Fiechter auf etwas mehr Zeit für Wanderungen mit seiner Ehefrau freut.