Worber Wahlen: Licht am Ende des Tunnels

Nach Jahren des Stillstandes geht es in Worb wieder vorwärts – dank einer neuen Strasse. Braucht die Gemeinde nun auch einen neuen Chef? In drei Wochen wird gewählt.

Adrian Schmid, Der Bund

Ein schwarzes Loch, das Autos verschluckt. Das ist Worbs Entwicklungsmotor. Gemeint ist der Wisletunnel, das wichtigste Element der neuen Umfahrungsstrasse. Seit Mitte September ist diese offen. Sie soll einiges auslösen. In Worb sollen viele Wohnungen gebaut werden. Ohne Durchgangsverkehr ist es im Dorf ruhiger, das Zentrum wird in den nächsten Jahren umgestaltet. Die Lebensqualität steigt. Zudem hofft man, dass im Worbboden neue Arbeitsplätze entstehen. Das Gebiet ist jetzt besser erschlossen. Es gibt aber eine Kehrseite. Das Gewerbe rechnet mit weniger Kunden – weil die Pendler aus dem Emmental nun am Ortsrand vorbeifahren. Am Bärenplatz beim Bahnhof war die Situation schon vor der Eröffnung der Strasse schwierig.

Worb steht an einem Wendepunkt – und da stellt sich die Frage, ob die Gemeinde eine neue Führung benötigt. Am 27. November wird gewählt. Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) will weiterfahren. Er wird jedoch von den Gemeinderäten Lenka Kölliker (FDP) und Christoph Moser (SP) herausgefordert.

Wislepark: Brisanter Vorschlag

Gfeller ist seit 2009 im Amt. Die Jahre waren geprägt von Stillstand. Die Stimmberechtigten lehnten 2011 die Ortsplanungsrevision ab. Dadurch wurde die Entwicklung abgewürgt, Bauland gibt es praktisch keines mehr. Zudem verzögerten sich wichtige Verdichtungsprojekte wie die Überbauung des Parkplatzes auf der Hofmatt und des Sonnen-Areals in Rüfenacht, wo der Brand des Restaurants eine Narbe hinterlassen hat.

Die ausbleibende Entwicklung wirkte sich auf die Finanzen der Kommune aus, die Steuereinnahmen gingen zurück. 2015 musste die Steueranlage von 1,60 auf 1,70 Einheiten erhöht werden. In Rüfenacht wurde die Oberstufe geschlossen. Dies hatte einen Streit zwischen Eltern und Gemeinde um den Schulweg zur Folge. Hinzu kommt das Sportzentrum Wislepark, dessen Finanzlage seit einiger Zeit zu reden gibt. 2013 übernahm eine neue Führung, nachdem sich Gfeller als Verwaltungsratspräsident zurückgezogen hatte. Der Konkurs konnte abgewendet werden. Trotzdem fehlen immer noch Mittel, um das Schwimmbad und die Eisbahn zu sanieren. Das Sportzentrum gehört der Gemeinde. Nun macht die Wislepark-Kommission einen brisanten Vorschlag: Gemäss Recherchen des «Bund» soll der jährliche Gemeindebeitrag auf 780 000 Franken aufgestockt werden. 2014 hatten die Stimmberechtigten eine Erhöhung von 400 000 auf 800 000 Franken abgelehnt. Im nächsten Jahr soll nochmals abgestimmt werden.

Für den Stillstand ist nicht nur der Gemeindepräsident verantwortlich. Sein Führungsstil hat aber dazu beigetragen. Gfeller sei sympathisch, sagt Herausforderer Moser. «Ihm fehlt jedoch das Feu sacré. Gfeller verwaltet mehr, als dass er gestaltet.» Probleme würden oft ausgesessen. Kölliker sagt, Gfeller führe die Gemeinde «auf seine Art». Sie würde aktiver kommunizieren. «Wir müssen weg vom Prinzip Hoffnung zum Prinzip Handeln.»

Gfeller sagt, er halte nichts von Visionen, die nicht umgesetzt werden könnten. Damit die Gemeinde Schub erhalte, müsse «viel Arbeit» geleistet werden. «Ich gehe pragmatisch vorwärts. Dafür habe ich recht bekommen.» Er verweist auf die Umfahrungsstrasse. Das Projekt war vor acht Jahren gefährdet, weil der Bund eine Beteiligung ablehnte. Jetzt sei sie trotzdem gebaut worden, so Gfeller.

Besseres Klima im Gemeinderat

Abgesehen von einigen Geplänkeln verläuft der Wahlkampf heuer in geordneten Bahnen. Vor vier Jahren war dies anders. Gfeller geriet massiv unter Druck. Gleich vier Gemeinderäte stellten sich öffentlich gegen ihn. Die grossen Parteien FDP, SP und SVP unterstützten den Herausforderer der SP. Gfeller wurde für seine Amtsführung kritisiert, ihm wurde vorübergehend das Planungsdepartement entzogen, im Parlament wurde sogar sein Rücktritt gefordert. Trotzdem schaffte er die Wiederwahl.

Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt. Im Gemeinderat erfolgte nach den letzten Wahlen ein Neustart. Die wichtigsten «Aufwiegler» waren nicht mehr dabei. Das Klima im Gemeinderat sei «gut», sagt Kölliker. Das ist Gfellers Verdienst. «Das Wichtigste ist die gegenseitige Wertschätzung», sagt er.

Die Umfahrungsstrasse ist offen, der Hochwasserschutz erneuert: Für Gfeller sind das die grössten Erfolge nebst der Ortsplanungsrevision, die er neu aufgleiste. 2017 kommt die Vorlage ins Parlament. Und es geht vorwärts. Für die Hofmatt-Überbauung liegt die Baubewilligung vor, noch läuft die Beschwerdefrist. Neue Wohnungen werden bald auch auf einem Areal an der Bernstrasse gebaut – und im Worbboden auf einem Grundstück der Burgergemeinde Bern.

Gfeller ist in einer besseren Position als vor vier Jahren. BDP und GLP unterstützen seine Kandidatur. Rot-Grün steht hinter Moser. Kölliker erhält keinen Support von der SVP, die Partei hat Stimmfreigabe beschlossen. Es wäre eine Überraschung, würde Gfeller abgewählt.

Gemeinderäte als Stimmenfänger

Nicht nur das Präsidium wird am 27. November in Worb neu bestellt, sondern auch Gemeinderat und Parlament. Alle bisherigen Gemeinderäte treten an: Niklaus Gfeller, Thomas Leiser (beide EVP), Lenka Kölliker, Markus Lädrach (beide FDP), Ernst Hauser (BDP), Christoph Moser (SP) und Bruno Wermuth (SVP). Listen haben im Weiteren GLP und Junge EVP eingereicht. Der Gemeinderat wird im Proporz gewählt.

Alle Gemeinderäte kandidieren auch fürs Parlament. Das Reglement erlaubt dies. Die Parteien erhoffen sich davon mehr Stimmen. Ob es etwas bringt, ist fraglich – weil es alle tun. SP und Grüne haben eine gemeinsame Liste. Hinzu kommen Listen von BDP, FDP, EVP, GLP, EDU und SVP. Grüne und EDU haben derzeit keinen Parlamentssitz. 

 

Niklaus Gfeller (EVP) - Er will mehr Wohnungen bauen

Seit 2009 ist Niklaus Gfeller (EVP) Gemeindepräsident von Worb. Nebst dem Präsidialen ist er für die Planung zuständig. Zudem ist Gfeller Grossrat und Präsident der Wirtschaftskommission der Regionalkonferenz Bern-Mittelland. Bevor er Gemeindepräsident wurde, war er sechs Jahre Gemeinderat und unterrichtete am Neufeld-Gymnasium in Bern Physik, Chemie und Mathematik. Gfeller ist 52 Jahre alt und wohnt in Rüfenacht.

Gemäss Gfeller geht es in Worb künftig darum, die innere Entwicklung voranzutreiben. «Wir müssen die Grundeigentümer dafür gewinnen, mehr Wohnraum zu schaffen.» Das Zentrum von Worb will er aufwerten, indem die Zufahrt zum Ladenzentrum am Bärenplatz geändert wird. Das Projekt geht demnächst in die Mitwirkung. Gfeller ist klar, dass man «volle Kraft» geben muss, damit im Worbboden neue Arbeitsplätze entstehen. Ihm ist aber auch wichtig, dass die Gemeinde die bestehenden Firmen «nicht aus den Augen verliert». Diese überzeugten durch ihre «Innovationsfähigkeit».

Lenka Kölliker (FDP) - Sie will mehr Jobs schaffen

Lenka Kölliker wäre die erste Gemeindepräsidentin von Worb. Sie hat sich in den letzten Jahren rasch nach oben gearbeitet. 2013 wurde sie Präsidentin der Worber FDP-Sektion und rutschte ins Gemeindeparlament nach. Gemeinderätin ist sie erst seit vier Monaten. Die 47-Jährige ist für das Soziale zuständig. Zudem gehört sie dem Vorstand der FDP Frauen Kanton Bern an. Sie arbeitet als Vizedirektorin Risk Management bei der Beratungsfirma KPMG. Wohnhaft ist Kölliker in Vielbringen, aufgewachsen ist sie in der ehemaligen Tschechoslowakei.

Kölliker sagt, sie nehme die Sorgen des Worber Gewerbes ernst: «Das Zentrum muss wieder belebt werden und belebt bleiben.» Voraussetzung dafür sei, dass genügend Verkehr durchs Dorf fahre. Sie will zudem die Ansiedlung von Arbeitsplätzen vorantreiben. «Wir müssen mehr weibeln.» Worb befinde sich an guter Lage, in Muri oder Münsingen gebe es aber viel mehr Jobs. Sie schlägt daher vor, im Gemeinderat ein Wirtschaftsdepartement einzuführen.

 

Christoph Moser (SP) - Er will die Leute zusammenführen

2012 wurde Christoph Moser (SP) in den Gemeinderat gewählt. Zuvor sass er sieben Jahre im Parlament und war Co-Präsident der SP-Sektion. 2011 amtete er als Präsident des Gemeindeparlaments. Moser arbeitet als Musikschullehrer und wohnt in Worb-Dorf. Im Gemeinderat ist der 55-Jährige für die Bildung zuständig. Im letzten Jahr wurde er von Eltern aus Rüfenacht wegen der Schulwegplanung kritisiert. «Im Nachhinein würde ich nicht mehr alles gleich machen», sagt er.

Dennoch habe man eine befriedigende Lösung gefunden. Diese Erfahrung habe ihn gestärkt.

«Worb steht an einem Wendepunkt. Jetzt gilt es, den Schwung zu nutzen», sagt Moser. Er ist der Meinung, dass die neue Umfahrungsstrasse «eine Chance» biete. Die Entwicklung müsse vorangetrieben werden. Ein Teil des Kerns von Worb möchte er in eine Begegnungszone umgestalten. Dabei brauche es auch kreative Ideen des Gewerbes. Als Vorbild nennt er die Kirchgasse in Olten. Trotz Poller herrsche dort eine «mediterrane Stimmung».


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Erstellt: 05.11.2016
Geändert: 05.11.2016
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