Worber Firma liefert - 40 Billettautomaten für Bolivien
Die Worber Bill GmbH liefert Billettautomaten nach Bolivien. Firmeninhaber Jürg Bill erzählt, wie es zu diesem Geschäft gekommen ist und wie sie mitwirken beim Bau der ersten elektrifizierten Eisenbahn Boliviens.
Jürg Bill empfängt mich im neuen Büro am Worbboden. Unten in der Halle stehen 40 Ticketautomaten, abgepackt in Holzkisten, bereit für den Transport. Weil zurzeit keine Frachtschiffe verlässlich gebucht werden können, werden die Automaten per Flugzeug nach Bolivien geliefert. Bill sagt: "Mit Glück sind sie in ein paar Tagen durch den Zoll in Bolivien. Wenn wir Pech haben, bleiben sie am Zoll einen Monat lang stecken." Dies ist der erste Auftrag, den die Bill GmbH in Südamerika abwickelt.
Bolivianische Regierung setzt auf Schweizer Bahn
Geliefert werden die Automaten in die Stadt mit dem klingenden Namen Cochabamba. Die viertgrösste Stadt Boliviens liegt 2'500 Meter über Meer. Heute seien die Leute in Cochabamba vor allem mit dem Bus unterwegs. Vor Jahren wurde beschlossen, den öffentlichen Verkehr auszubauen.
Dank guten Kontakten in die Schweiz, hat sich die bolivianische Regierung entschieden, auf das Schienen-Know-How aus der Schweiz zu setzen. Stadler Rail produziert die Züge, eine Zürcher Firma koordiniert den Bau des Streckennetzes und die Bill GmbH liefert die Ticketautomaten.
So einfach wie möglich
Ganz unschweizerisch sei beim Bau des Schienennetzes vorgegangen worden, erzählt Jürg Bill. Häuser seien abgerissen worden, Gärten verschwanden, Schienen wurden gelegt. Drei Tramlinien werden derzeit in Cochabamba errichtet. "Die ersten Züge sollten Ende September in Betrieb gehen. Das ganze Netz sollte Ende Jahr laufen", so Bill. Er habe von der Stadtregierung aus Bolivien den Auftrag erhalten, einen Vorschlag für einen Billettautomaten zu liefern.
Man habe sich für eine Fahrzone auf dem gesamten Netz beschränkt. "Der Fahrgast wirft Geld ein, ein Ticket kommt raus." Es dürfe nicht kompliziert sein. Zusätzlich können die Tickets auch über Prepaid Karten bezahlt werden, welche am Kiosk verkauft werden.
Vom Marzili nach Cochabamba
"Für uns war dieses Projekt eine Riesenherausforderung", gibt Bill offen zu. Die Bill GmbH liefert Automaten für die Verkehrsnetze von Thun, Fribourg oder Montreux. Ihre Automaten stehen auch bei der Gurten- oder Marzilibahn sowie bei verschiedenen Schweizer Seilbahnen. "Die Projektorganisation war chaotisch. Es gab Sprachprobleme und immer wieder Änderungen."
Dass die Stadt Cochabamba eine Strassenbahn erhalten soll, war die Idee des damaligen bolivianischen Präsidenten Evo Morales. "Als dieser Ende 2019 gestürzt wurde, war nicht klar, ob das Projekt abgebrochen wird." Doch auch der Nachfolger gab grünes Licht für diese Strassenbahn. Dann kam Corona und es kam wieder zu Unterbrüchen. "Die Anzahlungen und Zwischenzahlungen sind stets eingetroffen. Eine Unsicherheit war da, aber es ging immer weiter", so Bill.
Ein grosser Sprung
Es sei schwierig zu sagen, wie die Bevölkerung in Bolivien auf diese Stadtbahn reagieren werde. "Letztendlich geht es darum, ohne Stau durch die Stadt zu kommen. Ob sie sich gewohnt sind ein Ticket am Automaten zu lösen, das wissen wir nicht", sagt Bill. Heute bewegen sich die Leute in Bussen, Kleinbussen und Sammeltaxis durch Cochabamba. Bezahlt wird bar beim Chauffeur.
Für die Bevölkerung werde es ein grosser Technologiesprung sein. In diesen Tagen werden die Ticketautomaten Worb Richtung Bolivien verlassen. Die Installation erfolgt vor Ort, die Bill GmbH kann per Fernwartung auf die Automaten zugreifen.
[i] Bill GmbH, Sonnenbodenstrasse 7a, Worb beschäftigt 12 Angestellte. Die Firma produziert Lesegeräte für den SBB-Swisspass, liefert Automaten für die Verkehrsbetriebe Thun, Steffisburg, Interlaken, Fribourg und weitere Städte.
[i] Die Stadt Cochabamba hat 650'000 Einwohner:innen. Die Stadtbahn mit dem Namen "Mi Tren" wird auf drei Linien verkehren und 42 Kilometer Schienen befahren.