Worb/Bern - Grosser Ärger über das blaue Bähnli

Am Samstag versammelten sich rund 200 Personen, um ihrer Wut über das quietschende Tram Luft zu machen. Dem Bernmobil-Direktor Rene Schmied drückten sie ihre Forderungen in die Hand.

«Es sind unzumutbare Zustände, und mit unserer Präsenz heute zeigen wir, dass wir diese keinen Tag länger akzeptieren», ruft Möuk Stöckli den Anwesenden durch das Mikrofon zu. Die Rede ist vom quietschenden Tram, das den Anwohnern zwischen Zytglogge und Fischermätteli seit dem Fahrplanwechsel im Dezember den letzten Nerv raubt. Auf der neu konzipierten Linie 6, die von Worb Dorf ins Fischermätteli führt, fahren die früheren blauen Worbbähnli – ergänzt durch eine rote «Niederflursänfte» in der Mitte. Das laute Quietschen der Räder sorgt für schlechte Stimmung in den betroffenen Stadtberner Quartieren.


Um die 200 Personen haben sich deshalb am Samstagvormittag auf dem Cäcilienplatz versammelt, um ihrem Unmut Luft zu machen. «Wir erwarten, dass Bernmobil sofort und ohne Kompromisse handelt», sagt Stöckli, der das Treffen zusammen mit anderen organisiert hat. Dem anwesenden Bernmobil-Direktor René Schmied übergibt Stöckli die Forderungen, unterschrieben von 1172 Personen. Die erste Forderung lautet: «ruhige öffentliche Verkehrsmittel». Bei Schmied steht das Lärmproblem nach eigener Aussage zuoberst auf der Agenda. Er nennt die Sofortmassnahmen von Bernmobil, welche seit letztem Montag in Kraft sind: Morgens fahren Combinotrams und abends Busse zwischen Zytglogge und Fischermätteli.

Buhrufe und Pfeifkonzert

René Schmied hat keinen einfachen Stand bei den versammelten Anwohnern. Buhrufe werden durch Pfeifkonzerte abgelöst, Zwischenrufe werden laut. Der Bernmobil-Direktor verweist auf die gegenwärtig laufenden Tests des RBS mit neuen Rädern, allerdings lägen die Ergebnisse noch nicht vor. Der Ersatz der Räder würde eine Million Franken kosten und das Auswechseln würde bis Ende Jahr dauern. Über weitere Massnahmen werde zusammen mit den Quartiervereinen, der Stadt Bern und den Gemeinden Muri und Worb diskutiert. Eine Möglichkeit ist laut Schmied, dass ab Mai abends nur noch rote und leisere Combinotrams fahren würden.

Der Anwohner Fabian Hunkeler fordert am Mikrofon, die quietschenden blauen Trams auf allen Strecken einzusetzen, dann wäre der Lärm fair verteilt. Für die grundsätzliche Netzkonzeption sei nicht Bernmobil zuständig, sondern die Regionalkonferenz Bern-Mittelland (RKBM), gab Schmied den Ball weiter. Bernmobil könne lediglich über Sofortmassnahmen verfügen, alles andere sei Sache des Kantons.


Zu hohe Hürde für Gehbehinderte

Die weiteren Forderungen, die Schmied schriftlich erhält, beziehen sich auf Zustände vor der Einführung der neuen Linie: Der Fahrplan soll wieder verdichtet werden – zurzeit fahren die Trams im 10-Minuten-Takt, vorher verkehrten sie alle 6 Minuten. Heute müsse man eine halbe Stunde früher aufstehen, um rechtzeitig zur Arbeit zu gelangen, sagt Stöckli. René Schmied erwidert, dass der Takt vom Kanton definiert werde; Bernmobil könne dabei nicht mitreden.


Zu guter Letzt wird verlangt, dass die Trams «für ältere Fahrgäste, Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer und Kinderwagen wieder kompatibel» sein sollen. Mit den hohen Einstiegen ins blaue Bähnli hätten Personen mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit «miserable Karten», so Hedi Schenk. Ein Ersatz sämtlicher blauen Trams durch die leiseren roten würde rund 60 Millionen Franken kosten; «dieses Geld hat niemand», sagt Schmied. Ein Quietschen ist zu hören, Köpfe wenden sich, aber kein Tram weit und breit. Es sind vier Leute, die sich zu einer kleinen Polonaise zusammengeschlossen haben und mit Quietschlauten durch die Versammlung tänzeln – ob so viel Humor müssen beide Seiten lachen. Aber Edi Hirschi macht den Standpunkt klar: «Wir wollen das blaue Bähnli nicht mehr, Herr Schmied!» Und Stöckli ist überzeugt: «Das war nicht die letzte Aktion gegen das Tram Nummer 6.»

Katharina Schwab, "Der Bund"


Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 21.02.2011
Geändert: 21.02.2011
Klicks heute:
Klicks total: