Worb - Weitgehend einig, geredet wurde trotzdem
An der gestrigen Parlamentssitzung fielen fast alle Entscheide einstimmig: Ja zum Minus im Budget, Ja zum neuen Meili, Ja zum Archiv-Kompromiss und Ja zu einem neuen Sanierungsprojekt für die Rüttihubelstrasse. Einzig die Finanzplanung erfuhr etwas Gegenwind.
1. Finanzen: Schuldengrenze wird gesprengt
Ein wenig verzweifelt aber auch sehr ehrlich fiel der Kommentar der Geschäftsprüfungskommission (GPK), sowohl zur Finanzplanung wie auch zum Budget aus. „Uns fehlt in der Kommission jemand mit Finanzkompetenz“, sagte Andreas Bircher (SP). Die GPK müsse darum schlicht Vertrauen haben in den Gemeinderat und die Finanzkommission.
Zu wenig Vertrauen in die Finanzplanung ihrer eigenen Gemeinderätin Lenka Kölliker hatte die FDP, die wie auch die SVP Nein stimmte. Hauptkritik: Sagt das Stimmvolk am Sonntag Ja zur 26-Millionen-Sanierung des Worbbodenschulhauses, wird die Gemeinde 2026 wohl die selbstauferlegte, aber nicht gesetzlich bindende, Schuldengrenze von 50 Millionen Franken sprengen. Auch beim Bilanzüberschuss, dem Ersparten der Gemeinde, wird man unter die definierte Grenze von fünf Millionen fallen. Die anderen Parteien fanden diese «Durststrecke» akzeptabel, die Finanzplanung wurde mit 17 Ja, 14 Nein und 2 Enthaltungen genehmigt.
Das Budget mit einem prognostizierten Minus von 633'175 Franken (BERN-OST berichtete) wurde einstimmig angenommen, Es wurde als «seriös» und «sorgfältig» gelobt.
2. Gemeindefahrzeug: Geredet wurde trotzdem
Der Werkhof der Gemeinde Worb braucht ein neues Fahrzeug. Nachdem der Gemeinderat in der Vergangenheit bei solchen Beschaffungen auch schon auf Widerstand gestossen war, hatte er die Ratsmitglieder dieses Mal vorab zur nicht öffentlichen Infoveranstaltung eingeladen. Für Zuhörende war die Diskussion dadurch weniger interessant, kritische Fragen waren schon geklärt, alle waren sich weitgehend einig.
Weniger interessant heisst aber nicht kürzer. Das Lob der Infoveranstaltung und der vollständigen Botschaft, sowie die Feststellung, wie schön es sei, einmal nicht so kontrovers zu diskutieren, wurde von fast allen Fraktionen wiederholt, wodurch das Geschäft doch seine halbe Stunde benötigte. Der Kredit für den Ersatz des Meili VM 3500 über 210'000 Franken wurde einstimmig genehmigt.
3. Archiv der Gemeinde: Es kommt zum Kompromiss
Seit die Gemeinde Worb 2022 ihre Website überholte, waren darauf das GGR-Archiv mit den Geschäften und Protokollen verschwunden. Als Begründung gab der Gemeinderat damals an, eine Übertragung der Daten wäre zu aufwändig und zu teuer (BERN-OST berichtete). Nach einem Postulat der FDP musste er nun nochmals über die Bücher. Die Wiederaufschaltung sämtlicher Geschäfte seit 2012 sei unverhältnismässig, hielt der Gemeinderat in seiner Antwort fest. Sein Vorschlag: Sämtliche Geschäfte ab 2018 werden wieder aufgeschaltet, für die Zeit zwischen 2012 und 2017 allerdings nur die Protokolle, nicht die einzelnen Geschäfte. Diese müssen bei der Verwaltung angefordert werden. Auf diesen Kompromiss liess sich das Parlament ein und sagte einstimmig Ja zum Postulat und dessen Abschreibung,
4. Rüttihubelstrasse: Gemeinderat muss sich kümmern
Im Frühling wies der Grosse Gemeinderat (GGR) einen Kredit für die Sanierung der Rüttihubelstrasse zurück mit dem Antrag, das Projekt zu redimensionieren. Stattdessen erhielt es in der nächsten Sitzung den Bescheid, die Sanierung sei sistiert, da die Sanierung mit den Abstrichen keinen Sinn mehr ergebe. Das mochte das Parlament nicht so akzeptieren. Auf Antrag der SVP muss der Gemeinderat das Projekt wieder hervornehmen und gemäss Parlamentsentscheid überarbeiten. Das dürfte eine Weile dauern. In der Zwischenzeit hat der Gemeinderat angefangen, gemeinsam mit der Anwohner:innenschaft Massnahmen zur Verkehrsberuhigung zu definieren und zu testen, nun wolle man zuerst die Resultate abwarten. Auf die Frage von SVP-Präsident Bruno Fivian, ob es normal sei, im Juni Abklärungen zur Verkehrssicherheit einzuplanen, wenn dem Parlament schon im Mai der Kredit vorgelegt wurde und die Sanierung innert einem Sommer hätte beendet werden sollen, sagte der zuständige Gemeinderat Bruno Wermuth (GLP) nur, dass im ursprünglichen Projekt auch Geld für die Verkehrssicherheit eingeplant war.
5. Ausblick: Wie geht es dem Wislepark?
Die nächste Parlamentssitzung fällt aus. Ein Traktandum für die Sitzung vom Dezember steht aber bereits: Der Gemeinderat wird gegenüber dem Parlament Rechenschaft ablegen über die finanzielle Situation des Sportzentrums Wislepark, dessen Aktien grösstenteils im Besitz der Gemeinde sind. Ein von einer Mehrheit für dringlich erklärter Vorstoss der FDP will wissen, wie der Gemeinderat den jüngsten Abbau in der Gastronomie beurteilt, und wie es um die Eishalle steht, deren Benutzung für die Klubs wegen der hohen Strompreise massiv teurer geworden ist (BERN-OST berichtete). Die Gemeinde zahlt dem Wislepark jährlich 800'000 Franken für den Betrieb und für Rückstellungen.