Worb - Streuns skurrile Schönheiten

Unter dem Motto «Studies for a Happy Day» zeigt der Thuner Künstler Michael Streun im Atelier Worb allerlei skurrile Szenen.

Christina Steffen, Berner Zeitung BZ
Ein leicht beklemmendes Gefühl beschleicht einem, wenn man die siamesischen Zwillinge mit den gehörnten Hüten erblickt, und für einen Moment fühlt man sich in einen Thriller von Stanley Kubrick versetzt. Doch dieses Bild stammt vom Berner Künstler Michael Streun. Unter dem Motto «Studies for a Happy Day» zeigt er im Atelier Worb Werke, die irritieren und zugleich faszinieren. Für den Künstler müssen nicht alle Bilder Sinn machen. Es seien nämlich genau diese Absurditäten, die den Betrachter zum Nachdenken anregen.

Surreale Traumlandschaften

Streun ist bekannt für seine gelungenen Musikerporträts, doch die Ausstellung in Worb zeigt das grosse Spektrum seines Könnens. Seine surreale Seite kommt dabei besonders zum Tragen – ein Raum im Atelier ist ganz diesen Fantasiewelten gewidmet. Obwohl die Werke sich weit von einer greifbaren Realität entfernen, verarbeitet der Künstler darin doch aktuelle Themen. «Kriegstreiber», ein grossformatiges Ölgemälde von 2013, zeigt zum Beispiel eine Gruppe maskierter Figuren, die mit Lichtschwertern bewaffnet im Wasser stehen und sich gegenseitig nass spritzen. Es ist dem Betrachter überlassen, sich zu dieser skurrilen Szene eine passende Geschichte auszudenken. Ansätze gibt es genug.

Die grosse Mehrheit der Bilder ist aber von Mädchen und jungen Frauen bevölkert. Immer wieder porträtierte der Künstler seine zwei Töchter und setzte sich so künstlerisch mit dem Thema Pubertät auseinander. In diesen Bildern geht es um Identitätsfindung, Selbstdarstellung und gesellschaftliche Erwartungen. Die Positionierung der Modelle und die realistische Malweise erinnern an die Porträtkunst alter Meister. Trotzdem ist in den Bildern nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Porträtierten wurden nämlich mit fremden, unsinnigen, geradezu irritierenden Gegenständen ausgestattet. In «Girl with Plastic Beak» von 2013 trägt das Modell einen gelben Plastikschnabel, der stark an Donald Duck erinnert. Das farbige Accessoire verdeckt nicht nur das Gesicht des Mädchens, sondern steht auch in Kontrast zu seinem eher traurigen Gesichtsausdruck.

Mit Hut und Hase

Eine neue Serie Streuns, kleinere Arbeiten auf Papier, treibt die Absurdität noch weiter. Die mit feinen Pinselstrichen gemalten Mädchen sind zwar allesamt recht konservativ gekleidet, doch der Schein trügt auch hier: Sie tragen seltsame Hüte oder haben die Haare zu grotesk anmutenden Frisuren aufgetürmt, und immer sind diese Mädchen in Begleitung von Tieren. Während das eine zwei Ratten mit roten Augen an den Schwänzen hält, trägt ein anderes einen leblosen Hasen unter dem Arm. Man wundert sich, was die zierlichen und doch selbstbewussten Mädchen mit diesen Tieren tun. Das ist genau die Stärke von Streuns Bildern: Sie regen an, die eigenen Gedanken weiterzuspinnen.

Ausstellung: bis 3. November im Atelier Worb, Enggisteinstrasse 2.

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Erstellt: 25.10.2013
Geändert: 25.10.2013
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