Worb - So leicht kam er zu 25'000 Franken
Ein 61-jähriger Schweizer, wohnhaft im Kanton Solothurn, hat in der Region Bern Kredit- und Bankkarten gestohlen. Am 24. Februar ist er vom Regionalgericht Bern zu einer unbedingten Gefängnisstrafe verurteilt worden.
Manuel M.* hat rund um Bern, unter anderem auch in Worb, Bankkarten aus Briefkästen gestohlen und damit Geld bezogen. Vor fünf Jahren hatte M. Zeitungen vertragen. Während der Ferienzeit waren manche Briefkästen voll. Also zog er die Briefe raus und deponierte sie im Milchkasten. Dabei spürte er, dass ein Brief eine Bankkarte enthielt. Er öffnete diesen und las, dass der PIN-Code einen Tag später geschickt werde.
Auch dieser Brief war in dieser Beige, er öffnete auch diesen und hob danach beim Bankomat Geld ab. Dies wiederholte er einige Male, er suchte auch von sich aus in Briefkästen nach solchen Briefen. Für diese Taten wurde er zwischen 2015 und 2019 zu Geldstrafen und einer bedingten Haftstrafe verurteilt.
Tatort Worb
Als der Angeklagte im Jahr 2020 arbeitslos wurde, ging ihm das Geld aus. Er begab sich wieder auf Tour und suchte in Briefkästen nach Bankkarten. Wenn der PIN-Brief nicht dabei war, ging er mit den Karten einkaufen und bezahlte kontaktlos ohne PIN. Auf diese Weise bezog er Geld oder kaufte Waren in der Höhe von rund 25'000 Franken. Beim Bankomat bei der Post in Worb hob er mehrmals Geld ab, dabei wurde er gefilmt. Zwei Monate später verhaftete ihn die Polizei und durchsuchte seine Wohnung. Der Angeklagte war geständig.
Gelegenheit macht Diebe
Bei der Anhörung vor dem Berner Regionalgericht erscheint der Angeklagte ohne Anwalt. Er begründet dies so: "Ich will diesen Seich abschliessen und hinter mich bringen. Ich will keine Anwälte bemühen, die den Fall in die Länge ziehen. Mir ist bewusst, dass mir eine Freiheitsstrafe droht." Der Gerichtspräsident will wissen, warum er immer wieder Bankkarten gestohlen habe.
"Ich hatte Existenzängste, ich brauchte Geld und wusste, wie ich zu Geld komme", antwortet der Angeschuldigte. Der Richter bemüht ein erstes Sprichwort: "Sie sagten sich wohl, ergreifen Sie die günstige Gelegenheit." Der Angeklagte nickt. "Ich hatte gemerkt, wie einfach es geht, also machte ich weiter."
Knapp bei Kasse
Der Angeklagte gibt an, in prekären Verhältnissen zu leben. Er halte sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Im Schnitt verdiene er um die 3'000 Franken im Monat. Die Miete betrage 1'000 Franken, da werde es schnell mal eng mit dem Geld. Zudem habe er noch 12'000 Franken Steuerschulden. Er habe nie mehr Geld von Konten abgehoben, als er benötigt habe. Auf dem einen Konto seien 300'000 Franken gewesen, er habe aber nur 20'000 abgehoben. "Seien Sie froh", sagt der Richter, "sonst würde das Strafmass noch höher ausfallen."
Wer nicht hören will…
Der Richter liest ihm den Strafregisterauszug vor. "Sie wurden wegen Diebstahls, Betrug, Missbrauch des Schriftgeheimnisses bereits mehrmals verurteilt. Die Bestrafung hat nichts genützt. Jetzt stehen Sie erneut wegen desselben Delikts hier. Kennen Sie das Sprichwort: Wer nicht hören will, muss fühlen?" Der Angeklagte nickt. Der Richter erklärt dem Angeklagten, dass er sich jetzt verteidigen könne. "Sie können mir sagen, ob sie freigesprochen werden wollen, oder welches Strafmass ich anwenden soll."
Der Angeklagte: "Ich bin schuldig, die Bestrafung überlasse ich dem Gericht." Richter: "Sie könnten zum Beispiel sagen, dass Sie nicht ins Gefängnis wollen." Der Angeklagte sagt: "Was passiert, wenn ich aus dem Gefängnis komme? Finde ich noch Arbeit? Wie soll ich dann leben? Das sind meine Existenzängste."
…muss fühlen
Der Richter bleibt bei seinem Urteil knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte muss für neun Monate ins Gefängnis. Dazu kommen eine Busse von 2'500 Franken, Verfahrenskosten von 6'700 Franken sowie eine alte, damals bedingt ausgesprochene, Geldstrafe von 1'800 Franken. "Es ist ein einfacher Fall, da Sie alles gestanden haben. Es fand kein Einbruch statt. Es ging nur um Geld", erklärt der Gerichtspräsident.
"Sie merkten, so geht es. Eine gewisse kriminelle Energie war vorhanden. Es war ein Seich, den Sie gemacht haben! So fest mir Ihre Situation leid tut, müssen Sie dies absitzen." Der Angeklagte schaut den Richter an, der Richter fährt fort: "Machen Sie ein Break und dann einen Neustart." Die Verhandlung ist geschlossen.
[i] Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte kann beim Obergericht in Berufung gehen.
[*] Name geändert