Worb - Schlagabtausch ohne Knock-out

Niklaus Gfeller (EVP) und Jonathan Gimmel (SP) setzten gestern Abend zu einem politischen Rededuell an.

Simona Benovici, Der Bund
«Zwee Boxer im Ring gäh nang uf e Gring, si füelen enang mau zersch uf e Zang.» Mit Mani Matters «Boxmätsch» stimmten gestern Abend Worber Schüler musikalisch an, was das lokale Programmheft, die «Worber Post», angekündigt hatte: die Wahl-Arena mit Vertretern der Parteispitzen einerseits und der politische Ringkampf der beiden Gemeindepräsidentenkandidaten andererseits. Der amtierende Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) und der Herausforderer Jonathan Gimmel (SP) buhlten im einzigen grossen Rededuell vor den Wahlen um die Gunst und Stimmen der knapp 500 anwesenden Stimmberechtigten.

Bevor die beiden politischen Gegner allerdings aufeinandertrafen, wurden Aussenhiebe verteilt. «Ich soll sagen, was ich von Worb und den Wahlturbulenzen halte», sagte der extra eingeladene Rubiger Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (BDP) am Rednerpult. «Und das soll ich erst noch klar und ehrlich machen.» Krähenbühl - in seiner Gemeinde übrigens unbestritten - und sein Vechiger Amtskollege Walter Schilt hielten in der Folge nicht hinter dem Berg. «Was ich von den Wahlturbulenzen halte?», fragte Krähenbühl rhetorisch. «Nichts.» Selbstverständlich dürfe ein Gemeindepräsident bei Wahlen herausgefordert werden. Wenn sich aber alle Gemeinderatskollegen mit Ausnahme eines einzigen an einer Medienkonferenz öffentlich gegen den Gemeindepräsidenten stellten, so sei das eine krasse Überschätzung der eigenen Bedeutung und ein ebenso grosses Verkennen vom Funktionieren einer Exekutive, so Krähenbühl. Szenenapplaus. «Was ihr da macht, ihr Herren, ischt, verzeiht den Ausdruck, Chutzenmischt», zitierte Krähenbühl aus dem Gedicht «Ein Berner namens Krähenbühl» von Ueli dem Schreiber. «Wer sich so aufführt, isch mi Seel, verzeiht den Ausdruck, es Kamel!»

Nach dieser ersten Runde setzte niemand Geringeres als «Tagesschau»-Moderator Franz Fischlin zu einer Rückschau an über die Geschehnisse der letzten Monate. «Guten Abend meine Damen und Herren», tönte es schon fast versöhnlich von der Bühne. «Es ist nicht 19.30 Uhr, und es geht auch nicht um die Schau des Tages, sondern um die Schau der letzten vier Jahre.» Sport, Wirtschaft, Freizeit, Ortsbild - alles, was das Dorf bis dato bewegt hat, rief Fischlin nochmals in Erinnerung. In Rüfenacht etwa sei Anfang Jahr schockartig die «Sonne» untergegangen, die Richiger seien Schweizer Meister im Hornussen geworden - was sogar in Zürich für Schlagzeilen gesorgt habe.

Auch sei der Spatenstich zur Ortsumfahrung nach jahrzehntelangem Hin und Her erfolgt, ebenso der Startschuss zum Hochwasserschutz. Allerdings: Das Überbauungsprojekt Dreiklang habe für Misstöne gesorgt. Überhaupt, in Worb sei viel ausgeteilt worden in den letzten Monaten. Viele Schlagzeilen habe es gegeben, vor allem auch viele negative. «Die Leitung der Sendung hatte Martin Christen», schloss der 2011 zum «Schweizer Fernsehstar des Jahres» Erkorene. «Am Mikrofon Franz Fischlin.» Damit legte Fischlin auch gleich offen, warum der «Tagesschau»-Frontmann überhaupt den Weg nach Worb gefunden hatte: Christen, der heutige Chef der «Worber Post», war ehemals Fischlins Chef bei Radio DRS. Sein Auftritt sei ein Dienst «für den besten Chef seiner Karriere», so Fischlin.

Ebendieser stieg schliesslich mit Gfeller und Gimmel persönlich in den Ring und versuchte, die beiden Gemeindepräsidentschaftskandidaten aus der Reserve zu locken - was ihm auch gelang. Sah sich bislang vor allem Gfeller in der Defensive - ihm wurde fehlende Führungs-, Projekt- und Kommunikationskompetenz vorgeworfen, das Planungsdepartement entzogen und schliesslich ans Herz gelegt, nicht wieder zur Wahl anzutreten -, musste sich gestern vor allem Gimmel verteidigen. Die deutlichen Worte Krähenbühls noch in den Knochen, rechtfertigte er vehement das Vorgehen des Gemeinderats, um dann gleich selbst in die Offensive zu gehen. Er sei etwa enttäuscht von Gfeller und dessen Zukunftsideen: Die Notwendigkeit eines Hubretters für die Feuerwehr zu evaluieren, sei nicht gerade das, was er sich als Visionen eines Gemeindepräsidenten vorstelle. Gfeller wollte sich diesen Schuh nicht anziehen: Auch er sei «enttäuscht».

Das sei doch kein Wahlkampf, das sei ein «Massage-Seelensalon», resümierte ein Rüfenachter konsterniert in der Fragerunde. Tatsächlich: Die beiden Boxer im Ring gaben «nang» nicht allzu sehr «uf e Gring». «Da plötzlech machts bong, u das isch dr Gong»: Nach dreieinhalb Stunden endete das politische Ringen - ohne Knock-out.

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Erstellt: 02.11.2012
Geändert: 02.11.2012
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