Worb - Rechnung mit Millionen-Defizit, "Giftschrank" mit Sparmassnahmen

Die Worber Gemeinderechnung 2013 schliesst mit einem Defizit von 1,1 Millionen Franken ab. Der Ausgabenüberschuss ist 31'000 Franken kleiner als budgetiert. Gleichzeitig mit der Rechnung präsentierte der Gemeinderat den Medien eine Liste mit 32 Spar- und Verzichtmassnahmen, die dem Parlament unterbreitet werden.

Martin Christen, martin.christen@bern-ost.ch

Bei einem Aufwand von 49,9 Millionen Franken schliesst die Jahresrechnung mit einem Ertrag von 48,9 Millionen ab. Der für die Finanzen zuständige Gemeinderat Markus Lädrach (FDP) sagte vor den Medien, die Steuerdiskussion werde wieder kommen: „Alles andere wäre unverantwortlich.“ Im letzten Herbst war in der Volksabstimmung eine Steuererhöhung auf das laufende Jahr abgelehnt worden.
 
Der Gemeinderat erachte das Ergebnis der Rechnung 2013 als „ungenügend“, wurde betont. Sorgen bereiten vor allem die seit Jahren sinkenden Steuereinnahmen und der stark gesunkene Cashflow, der den Werterhalt der Infrastrukuranlagen nicht mehr sicherstellen könne.

 

Worb steht im Gemeindevergleich gut da

 
In einem den Medien präsentierten Vergleich mit Nachbargemeinden und anderen Gemeinden mit Regionalzentrumscharakter schneidet die Worber Gemeindeverwaltung bezüglich Personal- und Sachaufwand sehr gut ab: In Worb beträgt der Personal- und Sachaufwand pro Einwohnerin und Einwohner 1'378 Franken pro Jahr. Besser schneidet nur gerade Zollikofen ab (4 Prozent weniger).

 

Münsingen (plus 54 Prozent), Konolfingen (plus 53 Prozent), Muri (plus 22 Prozent), Vechigen (plus 16 Prozent) und Ittigen (plus 18 Prozent) beispielsweise haben verhältnismässig teurere Verwaltungen.
 
Verzichts- und Sparmassnahmen

Am 12. Mai unterbreitet der Gemeinderat dem Worber Parlament 32 Verzichts- und Sparmassnahmen, die in der Kompetenz des Parlamentes liegen. Der Gemeinderat schreibt dazu: „Im Rahmen der Finanzplanung 2014/2018 und des Voranschlages 2014 wurde aufgezeigt, dass trotz den schon beschlossenen Sparmassnahmen für das Jahr 2014 und dem Hinausschieben von Unterhaltsmassnahmen sowie der Reduktion von Investitionen Defizite in der Grössenordnung von 1 bis 2 Mio. Franken jährlich zu erwarten sind.

 

Erst mit einer Realisierung von grösseren Neubauprojekten (z.B. Sonnenareal, Worbboden, 3-Klang), welche gemäss heutigem Stand der Planung frühestens ab 2018/2019 in Etappen bezugsbereit sein werden, kann mit einem korrigierenden Anstieg der Steuereinnahmen und damit mit einer Verbesserung des Finanzhaushalts gerechnet werden."

 

Die Höhe des Eigenkapitals der Gemeinde Worb reicht nach heutiger Kenntnis nicht aus, um diese Durststrecke zu überbrücken. Eine Steuererhöhung in den nächsten 1 bis 2 Jahren wird daher unumgänglich sein. Wie hoch diese ausfallen wird, hängt im Wesentlichen von der Höhe der zusätzlichen Spar- und Verzichtsmassnahmen und von der Entwicklung der nicht beeinflussbaren Kosten (Verbundaufgaben, FILAG) ab.

 

Sparpotential von einer Million

Die dem Parlament vorgelegten Spar- und Verzichtmöglichkeiten umfassen ein Sparpotential von 1,08 Millionen Franken. Über Spar- und Verzichtmassnahmen, die in seiner eigenen Kompetenz liegen, will der Gemeinderat das Parlament am 12. Mai informieren.

 

Das Spar- und Verzichtpaket in der Kompetenz des Parlamentes umfasst 32 Bereiche, wobei der Gemeinderat festhält: „Das gesamte Potential aller Massnahmen macht – zumindest vordergründig – rund 1 Mio. Franken aus, diese Summe aber reicht aber bei weitem nicht aus, um die Finanzsituation nachhaltig zu verbessern.“

Der Gemeinderat gibt zudem zu bedenken: „Alle in den Verzichtsmassnahmen aufgelisteten Angebote, Projekte, Vorhaben usw. gehen auf Initiativen von engagierten Bürger/innen und/oder Politiker/innen zurück. Sie sind heute Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in der Gemeinde und werden als Angebote geschätzt und genutzt. Für die Attraktivität der Gemeinde sind die Angebote sehr wichtig.“

Die 32 möglichen Massnahmen

Als mögliche Verzicht- und Sparbereiche werden u.a. aufgelistet: Kommissionsstrukturen- und -sekretariate, freie Ratskredite (Ratsausflug und Jahresschlussessen), Erhöhungen Liegenschaftssteuer und Parkplatzgebühren, Wiedereinführung Benützungsgebühren für Schul- und Sportanlagen, Verzichte auf Gemeindewebsite, „Worber Post“, Schulsport, Aufgabenhilfe, Schulsozialarbeit, Umweltschutzmassnahmen, Altersbeauftragte, Beiträge an Spitex, Offene Jugendarbeit, Volkshochschule, Bibliothek Rüfenacht, Zahnbehandlungskosten, Tageselternverein, Kindertagesstätte, Einsatzprogramm Recy.

Die Liste der möglichen Spar- und Verzichtsmassnahmen wurde von Politikern und Journalisten auch schon „Giftschrank“ genannt. Im Parlament sind harte Debatten zu erwarten. Allfällige Kürzungs- oder Verzichtsbeschlüsse dürften in der Bevölkerung und bei betroffenen Vereinen und Institutionen heftige Reaktionen auslösen.

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Erstellt: 24.04.2014
Geändert: 24.04.2014
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