Worb - Mit Sesselverkauf zu Kinoerfolg: Worb gibt das Filmlokal nicht auf
Zwei Worber wollen das Kino vor der Schliessung retten. Zurzeit funktioniert ihr Plan.
Vom Kinogeschäft haben Martin Christen und Rolf Nöthiger nicht viel Ahnung. Bei beiden ist es seit ihrem letzten Kinobesuch bereits Jahre her. Trotzdem haben sich die zwei Worber ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Sie wollen das Dorfkino Worbs mit einem neuen Betriebskonzept vor seiner vollständigen Schliessung retten. Und so wie es zurzeit aussieht, wird ihr Plan funktionieren. Denn die Worber Bevölkerung will ihr Kino so schnell nicht aufgeben. Bereits am 26. Januar soll die Neueröffnung stattfinden.
Düstere Aussichten
Noch vor kurzem sahen die Aussichten für das einzige Kino im Dorf düster aus: Der Betreiber Manuel Zach, der fünf weitere Kinos betreibt, hatte den Mietvertrag für die Liegenschaft per Ende August gekündigt. Hoffnung auf ein Weiterbestehen gab es in der Gemeinde kaum. Damit drohte das Kino, der starken Konkurrenz aus der Stadt, aber vor allem auch den neuen Möglichkeiten des Heimkinos zu Hause und den hohen Kosten der dringend benötigten Digitalisierung weichen zu müssen. Rund 100 000 Franken hätte die Ausstattung des Kinos mit neuer Technik gekostet.
Die Schliessung des Filmlokals rief den lokalen Kulturpreisträger Christen auf den Plan. Gerade als Kulturpreisträger habe er sich der Gemeinde verpflichtet gefühlt, sagt Christen. Er suchte das Gespräch mit bekannten Worbern und «Gewerblern», um für seine Idee zu werben. Die Gespräche hätten ergeben, dass er auf die Unterstützung von zahlreichen bekannten Gesichtern zählen könne, sagt er. Und als dann der Architekt und lokale Wirtschaftspreisträger Nöthiger Christen vorschlug, das Projekt gemeinsam zu realisieren, sei es beschlossene Sache gewesen, sagt Christen. «In Zeiten des Lädelisterbens und des Jammerns wollten wir ein Zeichen setzen. Ein Zeichen für ein attraktives und lebendiges Dorfzentrum.»
Aus «Kino» wird «Chino»
Zurzeit sind noch Renovationsarbeiten in der Liegenschaft im Gange. Sobald diese abgeschlossen sind, wird das neue Logo vom «Chino Worb» das alte vom «Kino Worb» oberhalb der Leinwand ablösen. Während sich beim Namen nur das «K» in ein «Ch» ändert, bringt das neue Betriebskonzept zahlreiche Änderungen mit sich. Gemeinsam mit der Worber Filmstudentin Katja Morand haben es die Initianten ausgearbeitet. Nebst den üblichen Kinofilmen sollen künftig auch künstlerisch anspruchsvolle Arthouse-Filme sowie nachmittägliche Spezialaufführungen, beispielsweise mit den Gotthelf-Filmen, gezeigt werden. Zum Abspielen der alten Filme stehe nebst dem neuen auch ein alter Projektor zur Verfügung, sagt Christen.
Und auch für die Jüngsten gibt es etwas zu sehen: Am Mittwoch- und Samstagnachmittag wird die Lokalität zum betreuten Kinderkino umfunktioniert. «Dann können Eltern ihre Kinder für einen Füfliber abgeben und nach ihren Einkäufen wieder abholen.» Das sei immer noch besser, als wenn sie zu Hause vor dem Fernsehen sitzen würden, findet Christen. Doch das Kino soll nicht nur als Filmlokal genutzt werden: Beispielsweise während der Fussball-Weltmeisterschaften, der Bundesratswahlen oder der Olympischen Spiele wird das Lokal für ein Public Viewing genutzt. Und auch für kulturelle Anlässe oder Firmenevents steht eine Bühne zur Verfügung.
Start ohne Schulden
Günstig ist der Neustart des Chino Worb nicht. Rund 150 000 Franken müssen ins Filmlokal investiert werden, um es wieder auf Vordermann zu bringen. Nicht zuletzt dank der Unterstützung durch das lokale Gewerbe und die finanzielle Unterstützung von Privatpersonen ist Christen zuversichtlich: «Wir können ohne Schulden starten.» Bereits 40 000 Franken hat unter anderem die Sitzaktion eingebracht. Für 500 Franken können sich Privatpersonen einen der 160 Sitze im Kinosaal symbolisch kaufen und die Rettung des Kinos unterstützen. Laut Christen sind bereits die Hälfte der Kinosessel verkauft. Doch nicht nur finanzielle, auch personelle Unterstützung erhalten die Initianten: Mit rund 20 ehren amtlichen Helferinnen und Helfern rechnet Christen bis zum Eröffnungsfest im Januar. Diese sollen mithelfen, das Kino und seine Angebote zu betreiben.
Christen denkt, dass das Konzept auch der Konkurrenz standhalten kann: «Wenn wir die Begeisterung, das Engagement und die Hilfe anschauen, die uns entgegengebracht werden, sind wir absolut überzeugt, dass das Kino auf grosses Interesse stossen wird.» Sicher sei man aber nie. Auch der ehemalige Kinobetreiber Manuel Zach freut sich, dass das Kino weiterbetrieben wird. Zu den Erfolgschancen des Betriebskonzepts äussert er sich aber nur vage: «Mit der Zeit wird sich weisen, ob das Betriebskonzept in dieser Form funktioniert.» Dass es nicht einfach werde, wüssten die Initianten, sagt Zach.