Worb - Kartonfabrik-Arbeiter Ueli Zurbuchen: „Es ist furchtbar“
Martin Christen, martinchristen@gmx.ch
Ein Schock erschüttert das Worblental. Die Kartonfabrik Deisswil hat von einem Tag auf den andern, in den Betriebsferien, den Betrieb eingestellt. 255 Arbeiter stehen auf der Strasse. Einer von ihnen ist der Worber Ueli Zurbuchen. Fast 38 Jahre war er Stapler-Fahrer, im Vier-Schicht-Betrieb, sieben Tage in der Woche, mit Herzblut. Jetzt steht er da und sagt: „Es ist alles furchtbar.“
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Am 30. März starb Ueli Zurbuchens Vater. Am 6. April wurde er 60 Jahre alt: „Die Chefs schickten mir eine Gratulationskarte.“ Ein paar Tage später ruft in den Betriebsferien ein Arbeitskollege an und sagt: „Hast Du gehört, unsere Fabrik wird geschlossen.“ Ueli Zurbuchen: „Das war im ersten Moment ein Schock für mich, dann wurde ich traurig, jetzt kommt Wut auf und eine grosse Leere.“
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„38 Jahre lang hat es mir gefallen in Deisswil, es war gut, ich habe gerne gearbeitet, die Schichtarbeit rund um die Uhr war für mich kein Problem, wir waren fast wie eine Familie, wir waren alle ‚Deisswiler‘, wir waren ein wenig stolz“, sagt der Worber Stapler-Fahrer. 38 Jahre lang war er immer eine halbe Stunde zu früh am Arbeitsplatz, weil: „Es hätte ja etwas passieren können auf dem Arbeitsweg.“ *
„Das kann man doch nicht machen, die Maschinen einfach abstellen, wenn wir nicht im Betrieb sind, wir haben alles via Medien oder von Kollegen vernommen“, empört sich Ueli Zurbuchen: „Jetzt soll ich nie mehr an meinen Arbeitsplatz gehen können? Ich soll nach 38 Jahren nicht mal ordentlich abschliessen können? Ich bin wie in einem luftleeren Raum, im Moment schwebe ich.“*
Haben die ‚Deisswiler‘ nichts gemerkt vom bevorstehenden Ende? „Wir haben schon bemerkt, dass es mit den Aufträgen zwischenhinein etwas haperte, aber wir haben nichts Böses gedacht, wir haben einfach gearbeitet.“*
Und die Zukunft? „Die werden die Maschinen nie mehr anlassen“, ist Ueli Zurbuchen überzeugt: „Nie mehr!“ Und die persönliche Zukunft? „Ich weiss es nicht, ich weiss nichts, ich muss jetzt einmal abwarten, ich bin in einem blöden Alter, wie viele meiner Arbeitskollegen, meine Zukunft kenne ich nicht.“*
Ueli Zurbuchen ist in Worb und in der Region bekannt als Freizeit-Zeichner. Seine Zeichnungen von markanten Gebäuden hängen in vielen Stuben und erscheinen regelmässig in der „Berner Zeitung“ und im „Bund“. Hat er jetzt mehr Zeit zum Zeichnen? „Jetzt mag ich nicht zeichnen“, sagt Ueli Zurbuchen.