Interview mit Niklaus Sägesser: "Ich erwarte in Worb keine Konkurse"
Langsam erwacht die Schweiz wieder aus der Corona-Pause. Zeit für eine erste Bilanz mit Niklaus Sägesser, Präsident des Gewerbevereins "Worber Gwärb" sowie Eigentümer und Geschäftsführer der Fissco AG.
BERN-OST: Herr Sägesser, wie geht es dem Worber Gewerbe?
Niklaus Sägesser: Es ist eine herausfordernde Lage. Aktuell sind alle froh, dass wir dem Ende von Covid-19 entgegensehen und dass es wieder losgeht. Was ich oft höre, ist, dass rückblickend vom Bund recht grobes Geschütz aufgefahren wurde für etwas eigentlich nicht so Grobes. Manche Geschäfte sind natürlich mehr betroffen, etwa Restaurants, Coiffeursalons oder Physiotherapie-Praxen. Kaum betroffen ist dafür die Baubranche. Die hat eher davon profitiert, dass die Leute mehr Zeit hatten, sich um Bauprojekte zu kümmern.
Gibt es Betriebe, denen wegen der Corona-Krise der Konkurs droht?
Ich gehe nicht davon aus, dass es zu Konkursen kommen wird in Worb. Viele Betriebe haben aber Kurzarbeit beansprucht und Hilfskredite aufgenommen. Das habe ich als Präsident von Worber Gwärb auch empfohlen. Das gibt Sicherheit.
Gemeindepräsident Niklaus Gfeller hat an der letzten GGR-Sitzung gesagt, stichprobenartige Nachfragen beim Worber Gewerbe hätten keinen Bedarf nach Unterstützung durch die Gemeinde ergeben. Teilen Sie diese Einschätzung?
Es wäre falsch, Hilfe anzubieten, wenn kein Konzept da ist. Der Gemeindepräsident hat es meiner Meinung nach richtig gemacht: nachfragen und miteinander im Gespräch bleiben.
Unterstützung der geschädigten Betriebe ist Bundessache. Was könnte die Gemeinde trotzdem beitragen, um dem lokalen Gewerbe zu helfen?
Hauptaufgabe der Gemeinde ist eine Netzwerkfunktion, dass sie Anfragen dahin weiterleiten, wo es Lösungen oder Ansätze dazu gibt. Selber hat die Gemeinde ihre offenen Rechnungen rasch beglichen. Auch das ist eine Hilfe, die rasch wirkt.
Verschiedene Ideen wurden schon genannt: Einkaufsgutscheine für die Bevölkerung, Steuersenkungen, Bevorzugung des örtlichen Gewerbes bei Aufträgen, vergünstigte Werbung. Welche Ideen finden Sie sinnvoll, welche weniger?
Wenn die Gemeinde Gutscheine machen will für das lokale Gewerbe, ist das gut. Ich fände aber wichtig, dass ein Anteil davon vom Gewerbe selbst übernommen wird. Temporäre Steuersenkungen unterstützen wir, aber nur für Unternehmen, die von Covid-19 in Mitleidenschaft gezogen wurden, also für juristische, nicht für natürliche Personen. Nicht sinnvoll ist eine Bevorzugung bei der Auftragsvergabe. Da muss man ein wenig grossflächiger denken, das Worber Gewerbe will ja auch an Aufträge in anderen Gemeinden kommen. Und schlussendlich haben sich die Gemeinden an die Vorgaben des öffentlichen Beschaffungswesens zu halten. Ausserdem sollten Offerten von örtlichen Unternehmen eigentlich von selber am günstigsten sein weil sie kürzere Wege haben und die lokalen Begebenheiten kennen. Vergünstigte Werbung, wie sie die Arbeitsgruppe um Elena Lanfranconi und Tom Aeschbacher organisiert haben, ist doch sinnvoll.
Was können die Worber*innen selber machen, um ihr lokales Gewerbe zu unterstützen?
In Worb einkaufen und Freund*innen darauf aufmerksam machen, was für vielfältiges Gewerbe wir in Worb und Umgebung haben.
Wie geht es Ihrem Betrieb, der Fissco?
Wir hatten sehr starke Monate März, April und Mai. Da nun aber alle ihre Lager aufgefüllt haben, rechne ich danach mit einem Rückgang in den Sommermonaten. Ich gehe auch davon aus, dass uns das Ganze sicher noch zwei Jahre beschäftigen wird.
Wie geht es Ihnen persönlich?
Mir geht es sehr gut. Ich bin eine Person, die in Krisen zu Hochform aufläuft!
[i] Die Fragen wurden Niklaus Sägesser vorab zugeschickt. Seine Antworten hat er mit anderen Mitgliedern des Vereinsvorstands abgesprochen. Das Gespräch fand am Telefon statt.