Worb - Hadiza Sanis Weg zu «Stöck, Wis, Stich»

Der Worber interkulturelle Treffpunkt für Frauen trumpft auf: Schaufel, Kreuz, Herz und Ecken sollen Schweizerinnen und Ausländerinnen an den gleichen Tisch locken. Jassen zur Integration.

Dominik Galliker / Berner Zeitung BZ

Ein Match. Und das gleich im ersten Spiel. Kein schlechter Jasskarrierestart für Hadiza Sani. Gut, viel beigetragen hat die junge Frau aus Niger noch nicht. Sie hat die Karten gehalten, gespielt hat Romy Peternier, die der Migrantin über die Schultern schaut und sie laufend in die Jasswelt einführt. Aber das zählt trotzdem. Hadiza Sani strahlt.


Im Pfarreizentrum St. Martin in Worb jasst am Dienstagnachmittag die halbe Welt. Der interkulturelle Treffpunkt für Frauen hat eingeladen. Gekommen sind etliche Schweizerinnen und neun Migrantinnen. Nur. Das sei nicht so schlimm, erklärt Isabelle Jaun, die Leiterin des Treffs. Das Angebot müsse nicht nur möglichst viele Ausländerinnen anlocken. Jede Frau sei ein Gewinn, denn auf die Durchmischung komme es an. Oft hätten es die Frauen schwerer, Kontakte zu knüpfen, sagt Isabelle Jaun.

«Während die Kinder in der Schule und viele Männer bei der Arbeit Anschluss finden, fehlt der Frau, die sich um den Haushalt kümmert, oft die Verbindung zum Dorf.» Im Treffpunkt würden sie wichtige Kontakte gewinnen, darum gehe es bei den spielerischen Angeboten wie dem Jassen in erster Linie. In anderen Treffpunkten werden Themen wie das Schulwesen oder das Gesundheitssystem behandelt. Bei solchen informativen Angeboten seien im Verhältnis oft mehr Ausländerinnen da.

Besser als Kilchsperger

Runde 2: Hadiza Sani ordnet die Karten in ihrer Hand bereits selber. Fehlerlos. Romy Peternier lobt. Die Frauen am Tisch haben ein Gaudi. «Kilchsperger ordnet die Karten im ‹Donnschtig-Jass› immer falsch ein», sagt eine der Frauen. «Der geht mir sowieso auf die Nerven.» Gelächter. Hadiza Sani konzentriert sich auf die Karten. Sie sagt nur wenig. Die junge Frau kann sich sonst sehr gut auf Hochdeutsch verständigen, vielleicht geht ihr das Gespräch jedoch zu schnell. Vor zweieinhalb Jahren ist sie von Niger in die Schweiz, nach Worb, gezogen, hat sofort einen Deutschkurs besucht und ist regelmässiger Gast des interkulturellen Treffpunkts. Mehr noch: Sie erledigt kleine Aufgaben in der Organisation des Treffpunkts, kauft etwa ein Zvieri ein.

Das sei ein sehr wichtiger Punkt, sagt Isabelle Jaun. So seien die Frauen ein Teil des Treffpunkts und würden sich dafür einsetzen. Mund-zu-Mund-Werbung spiele eine grosse Rolle, damit möglichst viele Ausländerinnen und Schweizerinnen erreicht würden, sagt Jaun. «Es braucht oft einen kleinen Schubser, damit die Migrantinnen ein erstes Mal kommen. Dann erscheinen die meisten allerdings immer wieder.» Schubsgeber können neben Freundinnen auch Schulen sein, Anbieter von Sprachkursen oder der Sozialdienst der Gemeinden. Auch mit der Heilsarmee ist Jaun im Kontakt, damit Flüchtlinge vom Angebot erfahren. Programme werden in mehreren Sprachen gedruckt. Trotzdem kommt es hin und wieder zu Missverständnissen. So schaut eine Migrantin am Dienstag nur zu. Sie hatte kein Kartenspiel erwartet. Sie habe gedacht, es gehe um Musik – um Jazz.

Heller Kopf und grosse Augen

Runde 3: Hadiza Sani bespricht bereits mit Romy Peternier, welche Karten sie spielen soll. Die Schweizerinnen staunen, wie schnell Sani lernt. Eine der Frauen will ihr bereits beibringen, wie man der Mitspielerin Zeichen gibt, indem man Karten verwirft. Hadiza Sani hört zu, nickt und lächelt. Doch das ist dann doch etwas viel auf einmal. Nach fünf Runden steigt Sani aus. Sie habe genug. So lang könne sie nicht herumsitzen, ohne etwas zu arbeiten. Während sie in der Küche des Pfarreizentrums das Zvieri-Geschirr abwäscht, erzählt sie, das Jassen gefalle ihr sehr. «Ich habe Karten zu Hause. Ich möchte das Spiel meinem Mann beibringen.»

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Erstellt: 28.02.2013
Geändert: 28.02.2013
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