Worb - Frischer Wind im neuen Worber Parlament
Der Grosse Gemeinderat startet am Montag in stark veränderter Zusammensetzung in die neue Legislatur. Einige Mitglieder wurden abgewählt, insgesamt ziehen 15 neue ein. Das 40-köpfige Parlament weist nun eine stärkere Mitte auf.
Herbert Rentsch, Berner Zeitung BZ
In Worb sind die politischen Karten neu gemischt. Auf parlamentarischer Ebene beginnt die vierjährige Legislatur am Montag mit der ersten Sitzung des Grossen Gemeinderates (GGR). Das 40-köpfige Parlament sieht in den nächsten vier Jahren deutlich anders aus als zuvor. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Parteien: Die Grünen haben sich aus dem GGR zurückgezogen, weil sie keine Kandidierenden für die Wahlen finden konnten. Und die EDU ist nicht mehr im Rat vertreten, weil die Partei keinen Sitz machte. Dafür hat die BDP Einzug gehalten: Gleich vier Sitze eroberte sie am 25.November. Nun ist sie in Fraktionsstärke vertreten. Auch die Grünliberale Partei (GLP) ist mit vier Sitzen neu im Parlament. Bisher war Nicola Jorio einziger GLP-Mann; er hatte aber während der letzten Legislatur als Jungfreisinniger von der FDP-Fraktion zur GLP gewechselt.
Sitzgewinne und -verluste: Ein Blick auf die Sitzverteilung zeigt: Ausschliesslich die grossen Parteien haben Sitze eingebüsst. Die FDP hat statt 11 nur noch 8 Sitze, SVP und SP verlieren je einen. Auf der Gewinnerseite stehen die BDP (+4), die Grünliberalen (+4) und die EVP (+2).
Sitzgewinne realisierten also die Parteien, die eher der Mitte zuzuordnen sind. Dass diese zulegen konnten, wogegen die grossen Sitze verloren haben, dürfte auf die Querelen im Wahljahr zurückzuführen sein. Denn SP, SVP und FDP verbündeten sich gegen die Kandidatur von Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) und unterstützten den SPler Jonathan Gimmel, was beim Stimmvolk offenbar nicht gut ankam. Dies zeigte sich in der Wiederwahl von Gfeller, aber offensichtlich auch im Verlust von Wähleranteilen der drei Parteien im Parlament.
Neugewählte: Unter den 40 Mitgliedern des Grossen Gemeinderates sitzen 15 Neue. Dieser Anteil (37,5 Prozent) gehört zu den höchsten in Worb. In den letzten zwölf Jahren war er nur einmal so hoch gewesen: beim Legislaturwechsel 2004/2005.
Die grosse Zahl von Neugewählten hat verschiedene Gründe. Drei Parlamentarier wurden nicht wiedergewählt: Albert Gambon (SVP), Adolf Seematter (EDU) und Walter Würgler (FDP). Weil Guy Lanfranconi (FDP) und Jonathan Gimmel (SP) nach der Wahl aus dem Gemeinderat austraten, rutschten zudem Markus Lädrach (FDP) und Christoph Moser (SP) in die Exekutive nach.
Zudem nahmen drei bisherige Parlamentarierinnen ihre Wahl nicht an: Binia Fröhlich (SP), Therese Bernhard (SVP) und Mirja Zimmermann (EVP). Die 15 neuen Köpfe werden frischen Wind ins Parlament bringen. Ob sich auch die politische Linie und die Gesprächskultur verändern werden, muss sich erst zeigen.
Martin Wälti, Präsident der SVP Worb, glaubt nicht, dass sich die politischen Kräfte im Grossen Gemeinderat stark verändern werden. Trotz Sitzverlusten von FDP und SVP rechnet er mit einer bürgerlichen Mehrheit. «In der letzten Legislatur hatten SVP, FDP und EDU 21 Sitze. Jetzt könnten Leute der BDP und vielleicht auch der Grünliberalen uns zu einer Mehrheit verhelfen», mutmasst er. «Ich vermute, dass der bürgerliche Block heute stärker ist als in der letzten Legislatur», so Wälti.
Parteien bleiben kritisch
Auch SP-Präsidentin Sandra Büchel geht von einem ähnlichen politischen Kräfteverhältnis aus wie bisher. «Viel ändern wird sich nicht», sagt sie, «aber es wird spannend.» Gerade weil viele Neue im Rat sässen, sei es nötig, die Geschäfte genau unter die Lupe zu nehmen. Die Parteien müssten kritisch sein. Bei der Ortsplanung und der Überbauung Dreiklang werde die SP mit der SVP und der FDP eine gemeinsame Haltung diskutieren.
Auch Martin Wälti deutet an, dass die grossen Parteien bei diesen Themen weiterhin zusammenspannen wollen. Ist dies vielleicht ein Hinweis darauf, dass Gemeindepräsident Niklaus Gfeller erneut ins Schussfeld gerät, wie vor einem Jahr, als Gfeller nach längeren Querelen das Planungsdepartement abgeben musste? «Wir greifen nicht ein, wenn es gut läuft», stellt Martin Wälti klar. «Aber wir werden auch nicht dem Frieden zuliebe schweigen.»