Worb - "Fasten befreit"

Wie immer vor Ostern verordnet sich der katholische Gemeindeleiter Peter Sladkovic auch dieses Jahr eine Fastenwoche. Mit Gewinn, wie er betont: "Ich erlebe alles viel intensiver und klarer."

Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ

Dieses Jahr stellte der Start in die Fastenwoche für Peter Sladkovic eine besondere Herausforderung dar. Noch am Donnerstagabend war er Gastgeber an einer Zusammenkunft im geselligen Rahmen.

Für das Apérobuffet hatte er feine Happen organisiert, dazu gab es Alkohol – doch der 46-jährige Seelsorger und Gemeindeleiter der katholischen Kirche in Worb hatte sich vorgenommen, nicht schwach zu werden. Er wusste, dass ihm die Umstellung viel schwerer fallen würde, sollte er sich so kurz vorher noch Fleisch und andere Leckereien gönnen, die schwer aufliegen.

Osterfest in alten Zeiten

Trotzdem konnte er am Buffet nicht ganz widerstehen, und sogar gestern Mittag ass er noch einmal tüchtig Suppe. Am Abend stellte er dann auf Früchte um, um wenigstens ein klein wenig vorbereitet zu sein, wenn es ab heute Samstag nur noch Getränke und Bouillon gibt.

In dieser Situation ist er froh, dass er sich wieder regelmässig in einer Fastengruppe austauschen kann. Und dass er ein freies Wochenende vor sich hat, an dem er sich ganz auf sich konzentrieren kann. «Die Tage der Umstellung sind die schwierigsten.»

Diese Herausforderung nimmt Peter Sladkovic aber gerne an. Bereits seit fünfzehn Jahren gehört Fasten für ihn fix zur vorösterlichen Zeit, und wenn er von seinen Erfahrungen redet, gerät er unvermittelt ins Schwärmen. «Sobald ich faste», erklärt er, «erlebe ich alles viel intensiver und klarer. Fasten bereichert den Alltag und befreit, zudem kann ich mich auch viel besser auf meine Arbeit konzentrieren.»

Genau aus solchen Gründen sei das Fasten vor Ostern seinerzeit eingeführt worden, setzt er, jetzt ganz der Theologe, seine Überlegungen fort. Er erinnert daran, dass Ostern in alten Zeiten das höchste Fest im Jahr war, und daran, dass die Gläubigen auf diesen Termin hin ihren Glauben erneuern wollten. Das Fasten bot zudem Gelegenheit, den eigenen Überfluss mit den Bedürftigen zu teilen. Erst an dritter Stelle ging es auch darum, etwas für sich selber zu tun – «mittlerweile ist es genau umgekehrt». Heute stehe der eigene Körper, das eigene Wohl im Vordergrund.

Daheim am Familientisch

Peter Sladkovic sagt offen, dass er beim Thema Essen nicht unbelastet ist. Wenn er vor einem Buffet stehe, stopfe er in der Tendenz zu viel in sich hinein, erzählt er und sinniert weiter: Vielleicht habe das mit seiner oberbayrisch-slowakischen Herkunft zu tun: Seine Eltern hätten noch die Hungerzeiten des Zweiten Weltkriegs erlebt. Das wirke offenbar bis heute in ihm nach.

Im Alltag kommt er mit dem Fasten trotzdem ganz gut zurecht. Er kocht für die Familie, «wobei ich stets achtgeben muss, dass ich nicht aus lauter Gewohnheit probiere». Dann setzt er sich mit Frau und Kindern an den Tisch und trinkt, während die anderen essen, seine Suppe und seinen Tee. Einzig auf Kritik am Menü reagiere in solchen Momenten etwas empfindlicher: «Essen erhält während des Fastens einen hohen Stellenwert.»

Er sei in dieser Zeit generell dünnhäutiger, sein Leben generell langsamer, sagt Peter Sladkovic noch. Er schlafe oberflächlicher, störe sich am morgendlichen Vogelgezwitscher, und aufs Tram zu rennen, sei auch nicht mehr einfach so möglich. Trotzdem scheint er auf sein Umfeld zu wirken: «Mein Jüngster will in dieser Woche auf Schleckzeug verzichten.»

[i] Nächste Woche wird Peter Sladkovic täglich über seine Erlebnisse während des Fastens berichten.

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Erstellt: 21.03.2015
Geändert: 21.03.2015
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