Worb - "Einmal gewann eine Frau im Lotto, nachdem ich bei ihr war"

Die Kaminfegerin Samantha Trummer aus Worb putzt am liebsten alte Holzheizungen. Richtig bedient, gelten diese heute sogar als umweltfreundlich.

Naomi Jones, "Der Bund"

Bringen Kaminfeger Gück? «Ich weiss nicht», sagt Samantha Trummer. Sie sei dauernd mit Kaminfegern zusammen. Bei ihr sei das Glück deshalb aber nicht im Übermass vorhanden. In der Logik des Aberglaubens könnte dies allerdings seine Richtigkeit haben. Denn Samantha Trummer ist ebenfalls Kaminfegerin und also selbst Glücksbringerin. Die gepflegte 30-Jährige wirft ihre Mähne über die Schulter. Zumindest glaubten die Leute, dass sie Glück bringe, erzählt sie. Sie werde oft von fremden Menschen berührt, wenn sie «schwarz», also in Arbeitskleidung, unterwegs sei. Doch dann sagt sie: «Einmal gewann eine Frau im Lotto, nachdem ich bei ihr war.»

Trummer lacht und ihre hellen Augen blitzen hinter dichten Wimpern hervor. Kaminfeger gelten als Glücksbringer, weil nur ein sauberer Kamin sicher ist. Das gilt heute noch wie früher. Denn wenn der Kamin voll Russ sei, bestehe die Gefahr, dass dieser sich entzünde. «Wenn es dort brennt, kann es bis zu 1000 Grad heiss werden», erklärt Trummer. Doch damit nicht genug: Wenn Russ brennt, ist sein Volumen zwanzigmal grösser als sonst. «Der Kamin kann bersten.» Deshalb müssen Kamin und Ofen zweimal im Jahr gereinigt werden, wenn mit Holz gefeuert wird. Aber auch Öl- und Gasheizungen müssen mindestens einmal im Jahr geputzt werden, damit nichts passiert.

Holzheizung ist im Trend

Seit ein paar Jahren würden vermehrt zentrale Pellet- oder Schnitzelheizungen eingebaut, sagt Trummer. «Mit Holz heizen ist im Trend.» Der nachwachsende lokale Rohstoff sei für Hauseigentümer attraktiv. «So sind sie nicht von schwankenden Ölpreisen abhängig.» Ausserdem gälten die modernen Holzheizungen als CO2-neutral. Denn egal ob ein Baum im Wald vermodert oder ob er im Ofen brennt, der CO2-Ausstoss ist gleich hoch, so Trummer. «Doch zuvor hat er ebenso viel Gas aus der Luft gefiltert.»

Auch heute gibt es noch zahlreiche Bauernhäuser, in denen nur mit Holz geheizt, ja sogar gekocht wird, wie Trummer erklärt. Aber sogar in der Stadt Bern gebe es ganze Strassenzüge ohne Zentralheizung. Etwa in den Stadtliegenschaften im Murifeld. Samantha Trummer und ihre Kollegen sind oft hier tätig. Weil in jeder Wohnung ein oder zwei Öfen stünden, gebe es dort besonders viel Arbeit. «Aus der Kasthoferstrasse haben wir neulich eine ganze Tonne Russ geholt», erzählt die Kaminfegerin.

Doch galten die Holzheizungen bis vor ein paar Jahren nicht als Hauptverursacher von Luftverschmutzung? Ja, sagt Trummer, weil die Leute auch ihren Abfall im Ofen verbrannt hätten. «Das ist nun verboten.» Ausserdem müsse das Holz richtig eingelegt und raucharm verbrannt werden. Deshalb gehöre die Brennstoff- und Aschenkontrolle zu den wichtigen Aufgaben des Kaminfegers. «Finden wir Metall oder Plastikrückstände in der Asche, ist das ein Zeichen, dass nicht nur naturbelassenes Holz verbrannt wird.» Dann gelte es die Kunden aufzuklären.

Schrubben, bis es glänzt

Samantha Trummer ist seit dreizehn Jahren Kaminfegerin. Sie arbeitet noch immer in Münsingen im Geschäft des Kaminfegermeisters Roland Morgenthaler, wo sie ihre Lehre gemacht hat. Dort war sie die erste Frau in der Ausbildung. Heute sind es drei. «Und ab und zu kommen auch die Teenager-Töchter des Chefs mit», sagt Trummer. Sie liebt ihren Beruf. «In all den Jahren hatte ich noch nie den Koller, wenn ich morgens russen ging.» Meistens ist sie dabei allein unterwegs. «Mit etwas Glück kann ich einen Kollegen zum Znüni treffen», sagt sie. Das ist wohl eher selten. Denn die Morgenthaler-Kaminfeger sind für die Kamine in 16 Gemeinden und einem Teil der Stadt Bern zuständig. «Manchmal fahre ich bis in die Lenk», sagt Trummer, die in Worb wohnt.

Am besten gefalle ihr die Arbeit an alten Holzherden, wo sie mit ihren Bürsten kratzen und schrubben müsse, bis sie schwitze. «Da weiss ich am Abend, was ich gemacht habe.» Zuerst sei im Kamin drin alles schwarz und russig. Doch dann komme allmählich das Metall zum Vorschein. «Am Schluss glänzt es und sieht aus wie neu», sagt sie und zeigt nicht ohne Stolz das Foto eines frisch geputzten Ofens auf dem Smartphone.

Wichtig zu wissen

Mit Holz heizen, aber richtig

Laut dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) gelten Holzheizungen unter bestimmten Umständen als ökologisch. «Die Frage ist, wie man die Belastungen in einer Ökobilanz gewichtet», sagt Beat Müller von der Abteilung für Luftreinhaltung und Chemikalien. Holz sei CO2-neutral. Denn der nachwachsende Wald nehme mit der Zeit das bei der Verbrennung ausgestossene CO2 wieder auf. Ausserdem sei Holz ein einheimischer Rohstoff und müsse nicht über weite Strecken transportiert werden.

Aber: Holzfeuer und -heizungen sind für rund 15 Prozent der jährlichen Feinstaubbelastung verantwortlich. Lokal und zeitlich begrenzt, könne der Anteil noch um ein Vielfaches höher sein. Ölund Gasheizungen verursachen hingegen weniger als ein Prozent des Feinstaubs. Dieser ist gesundheitsschädigend. Über die Lunge gelangen die unsichtbaren Kleinstpartikel in den Körper und können Husten, Asthma oder gar Krebs verursachen.

Trotzdem empfiehlt das Bafu Holz als Brennstoff. «Man darf mit Holz feuern, aber man muss es richtig tun», sagt Müller. Werde ein guter Ofen richtig betrieben, lasse sich viel Rauch vermeiden. Wichtig sei, dass man nur gut gelagertes, naturbelassenes Holz in der richtigen Grösse verwende. Papier sollte nicht verbrannt werden. Als Anzündhilfe kann man beim Grossverteiler in Paraffin getränkte Holzspäne kaufen. Im Internet gibt es Filme, die zeigen, wie fachgerechtes Heizen funktioniert.


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Erstellt: 03.01.2017
Geändert: 03.01.2017
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