Worb - "Die Pläne waren nur Farbkleckse"

Mit seiner Abstimmungsbeschwerde gegen die Ortsplanung in Worb hält Christian Bernhart Gemeinderat und Parteien auf Trab. Erstmals äussert sich der Beschwerdeführer in der Öffentlichkeit.

Christian Liechti / Berner Zeitung BZ

Herr Bernhart, wohnen Sie eigentlich gerne in Rüfenacht?


Christian Bernhart: Sicher. Der Dentenberg macht den Charme von Rüfenacht aus. Rüfenacht liegt in der Abendsonne, und fünf Minuten von meiner Haustüre entfernt habe ich einen fantastischen Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau.

 

Mit Ihrer Beschwerde gegen die Abstimmung haben Sie sich jedoch unbeliebt gemacht.


Ich erlebe tatsächlich die eine oder andere gehässige Reaktion. Es war aber anfänglich nicht meine Absicht, die Beschwerde selber einzureichen. Ich wollte, dass dies Worber tun, die politisch aktiv sind. Ich habe mehrere Politiker darauf aufmerksam gemacht, dass die Abstimmungsbotschaft ungenügend ist. Die Parteien und die Gegner der Ortsplanung wollten den juristischen Weg jedoch nicht einschlagen. Meine Beschwerde ist demokratisch: Wenn die Bürger abstimmen sollen, müssen sie umfassend informiert werden.

 

Wieso haben Sie die Botschaft denn nicht verstanden?


Ich sah die provokativen Plakate der Gegner mit den zubetonierten Wiesen im Hinterhaus. Ich wollte in der Abstimmungsbotschaft nachlesen, ob in Rüfenacht künftig tatsächlich so hässlich gebaut werden darf. Doch die Abstimmungsbotschaft half mir nicht weiter.

 

Wieso nicht?


Die abgedruckten Pläne waren lediglich Farbkleckse, mehr nicht. Zudem fehlten die Legenden. Es war nicht ersichtlich, wo welche Zone geplant ist und welche Vorschriften gelten sollen. Ich stellte auch fest, dass eine Planungszone auf der Website der Gemeinde nicht mit den Angaben in der Botschaft übereinstimmt.

 

Ist das alles?


Schwerwiegend ist aus meiner Sicht, dass die Änderungen im Baureglement nicht aufgeführt und erklärt wurden. Ebenso fehlte, dass die Gemeinde für die Umwandlung in Bauzonen 50 Prozent des Mehrwerts abschöpft, wodurch sich das Bauland und später das Wohnen verteuern, die Gemeinde offenbar aber 14 Millionen Franken kassiert.

 

Sie haben sich also eingehender mit der Planung beschäftigt?


Mich interessierte, was der Gemeinderat während der Planung unternommen hatte. Es wurden schliesslich mehrere Mitwirkungen durchgeführt. Dabei ist mir aufgefallen, dass teilweise nicht der Gemeinderat, sondern in Rüfenacht die Burgergemeinde Bern Ortsplanung betreibt. Diese hat zwischen der ersten und der zweiten Mitwirkung das Interesse verloren, ihr Land in Rüfenacht einzonen zu lassen. In der Folge schwenkte der Gemeinderat mit seiner Planung einfach auf das Hinterhaus um.

 

Wissen Sie wieso?


Die Burgergemeinde lehnte offenbar eine Abschöpfung von 50 Prozent des Mehrwerts ab. Das sagen gut informierte Parlamentarier. Ich erhielt als Bürger von den Bernburgern jedoch keine Auskunft. Die Mitwirkung stellt sich als Pseudoverfahren dar, das wenig mit Demokratie zu tun hat. Da wird Bericht um Bericht verfasst und am Schluss dem Stimmbürger eine Planung präsentiert, in der wiederum vieles anders ist. Und die Änderungen werden nicht einmal begründet.

 

Was sagen Sie dazu, dass der Gemeinderat die Entscheide rückgängig machen und Ihrer Beschwerde damit die Grundlage entziehen will?


Der Gemeinderat will damit den Entscheid des Parlaments, das Referendum, meine Beschwerde und schliesslich auch die Abstimmung ungeschehen machen. Damit setzt er zu einem Salto rückwärts an. Und glauben Sie mir: Der geht in den meisten Fällen schlecht aus. Klappt er halbwegs, erleidet der Gemeinderat eine Hirnerschütterung. Misslingt er, bricht er sich das Genick.

 

Wieso solls nicht gut ausgehen?


Der Regierungsstatthalter hat im Vorfeld der Abstimmung meiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. Er hatte also gute Gründe, anzunehmen, die Abstimmungsbotschaft genüge nicht. Jetzt klemmt der Gemeinderat in einer verzwickten Position fest, weil er befürchtet, die Abstimmung 1:1 wiederholen zu müssen. Das will niemand.

 

Wieso ziehen Sie dann Ihre Beschwerde nicht einfach zurück?


Verwaltungsrechtsprofessor Pierre Tschannen von der Universität Bern vertritt die Meinung, dass die Beschwerde beurteilt werden kann, ohne dass die Abstimmung wiederholt werden muss.

 

Sie scheinen mit Ihrer Meinung ziemlich alleine dazustehen.

Das stimmt nicht. Mehrere Parteien haben mich ermutigt, meine Beschwerde aufrechtzuerhalten. Auch sie wollen wissen, wer von der Verwaltung und vom Gemeinderat unfähig war, eine saubere Abstimmungsbotschaft zu verfassen.

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Erstellt: 24.06.2011
Geändert: 24.06.2011
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