Worb - Das Schloss stand für einmal offen

Am Samstag konnten Interessierte ausnahmsweise einen Teil des Schlosses Worb besichtigen. Es war ein Gang durch die Geschichte verflossener Jahrhunderte.

Ursula Grütter, Berner Zeitung BZ
 
Das imposante Wahrzeichen von Worb, das Schloss, ist von weitem sichtbar. Doch das Innere bleibt den Blicken von Neugierigen meistens verborgen. Die Gebäude sind in Privatbesitz, die Türen sind jeweils zu. Nicht so am letzten Samstag. An diesem Morgen stehen gegen 60 Leute vor dem Eingangstor. Ausgewählt wurden sie aus 300 Anmeldungen, eingeladen hat die IG Worbener Geschichte, zusammen mit der Schlossherrin.

Vor der geschichtsträchtigen Kulisse gibt es gleich erste Erläuterungen. Etwa, dass das Schloss ab dem 14. Jahrhundert in erster Linie zu Repräsentationszwecken diente. «Es war ein prominentes Objekt an einem prominenten Ort», sagt Jürg Schweizer, der als ehemaliger Denkmalpfleger die Gruppe führt.

 

Der Schlossgeist

 

Durch die schmale Einfahrt treten die Besucher in den Schlosshof. Hier lässt die Sonne alles in einem milden Licht erscheinen, und eine Katze beäugt die Gäste vom Vordach aus. Es ist das Reich der Besitzerin Eva Seelhofer. Hier wohnt sie mit den Mietern der Schlosswohnungen.

 

Der idyllische Platz lässt einen beinahe vergessen, dass hinter diesen Mauern früher Kriegspläne geschmiedet wurden und Reiter mit Botschaften auf den Platz sprengten. Und doch sind sie noch präsent, die Zähringer, Kien und von Diesbach. Der Berner Schultheiss Niklaus von Diesbach sei es gewesen, der die Berner im 15. Jahrhundert erfolgreich gegen den Burgunderkönig Karl den Kühnen aufgebracht habe, erklärt Schweizer. Die damaligen legendären Siege in Murten, Grandson und Nancy zwischen Ende 1474 und Anfang 1477 erlebte der damalige Schlossbesitzer allerdings nicht mehr.

 

Eine ganz andere Geschichte zum Schloss hat Christoph Lerch zu erzählen. Der Lehrer aus Worb spielte während etlicher Jahre jeweils zu Beginn der Fasnacht den Schlossgeist Grendolin. «Es war schon eindrücklich, mit einer Kerze auf dem Tisch im Rittersaal zu warten», erzählt er. Von den Wänden sei manchmal Wasser getropft, und die Geschichte dieses Gebäudes sei in diesen Momenten extrem präsent gewesen.

 

Grüsse an den Ofen

 

In den älteren Teilen des Schlosses werden die Gäste im Zeitraffer durch die Geschichte geführt. Der heutige Wohntrakt bleibt geschlossen. Steile Wendeltreppen führen hinauf bis unter die Dächer. Dazwischen liegen Räume, die von früherem Reichtum und früherem Leiden zeugen. Der Saal mit dem grossen Kachelofen etwa, der vermutlich als Gerichtssaal genutzt wurde. Oder die Küche, wo neben dem steinernen Waschbecken ein Loch zum Abgiessen des Wassers in der Aussenwand ausgespart wurde. Vorbei geht es auch an einer in Stein gemeisselten Dirne, und vorbei geht es an riesigen Cheminées. Einer der Öfen stehe heute im Historischen Museum, erzählt die Schlossherrin, und sie gehe ihn manchmal grüssen.

 

Im Schlossgarten kommt ein dunkles Kapitel der Schlossgeschichte kurz zur Sprache: Vor dem Zweiten Weltkrieg machte Ludwig Scholz, der damalige Besitzer, das Schloss zu einem Treffpunkt der Nazis. Seelhofer, die seit 1959 im Schloss lebt, spricht jedoch lieber über ihre Gartenarbeit. Ihre reifen Pfirsiche und Reben verleiten die Besuchenden, diese Geschichte zu vergessen. Nach der Tour werden die Türen des Schlosses wieder auf unbestimmte Zeit geschlossen bleiben.

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Erstellt: 02.09.2013
Geändert: 02.09.2013
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