Worb - Darum will Niklaus Gfeller nachlegen
Der Worber Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) steht immer wieder in der Kritik: Er sei führungsschwach, dossierunsicher und verhandle ungeschickt. Trotzdem will er im Herbst zur Wiederwahl antreten. Die Parteien liebäugeln mit einer Gegenkandidatur.
Leichtes Spiel hatte Niklaus Gfeller (EVP) nicht. Der Gemeindepräsident von Worb musste in der bisherigen Amtszeit viel Kritik einstecken. Ihm wird vorgeworfen, er gehe in diversen politischen Geschäften ungeschickt vor, führe als hauptamtlicher Präsident zu wenig und bringe Projekte nicht vorwärts. Trotz der Kritik blieb Gfeller ruhig und zurückhaltend. Er räumte aber auch keine Fehler ein. Im Herbst wird in Worb gewählt. Der Gemeindepräsident will zur Wiederwahl antreten.
Ruhig und freundlich
Niklaus Gfeller sitzt am Tisch im Restaurant Rathaus-Odeon in Bern und erzählt von seinen Ämtern, seiner Gemeinde, seiner Familie. Die Stimme ist sanft, kritische Fragen beantwortet der 48-Jährige sachlich und ruhig. Ein angenehmer Gesprächspartner. Man denkt sich nur, dass der Mann auch mal lauter sprechen und Emotionen zeigen dürfte.
Das Treffen findet während der Grossratssession statt. Niklaus Gfeller sitzt seit 13 Jahren im Grossen Rat. Als Gemeindepräsident ist er nun Berufspolitiker. «Ein spannender Job, ich habe auf vielen Ebenen viel gelernt», sagt er. Zuvor war er Lehrer für Chemie, Physik und Mathematik am Gymnasium Neufeld in Bern. Im Telefonbuch lautet die Berufsbezeichnung immer noch Chemiker.
Niklaus Gfeller ist verheiratet und lebt im Dorfteil Rüfenacht, etwas abseits in einem Haus neben dem ehemaligen Bauernhof seiner Vorfahren. Im Wohnzimmer hängt ein Bild seines Urgrossvaters. «Er war der Erste unserer Familie, der Steuern zahlte», bemerkt Gfeller. «Das konnte er nur, weil er überhaupt genug verdiente.»
Das Ehepaar Gfeller hat fünf erwachsene Kinder, nur noch zwei wohnen zu Hause. Gfellers sind vierfache Grosseltern. «Die Grosskinder, das fägt», schmunzelt Gfeller. Und jetzt hört man bei ihm Begeisterung heraus. Fühlt sich Niklaus Gfeller wohl als Chef der Worber Exekutive? «Der Gemeinderat ist kein Wohlfühlklub», stellt er klar. «Es ist ein Ort, wo es Auseinandersetzungen gibt, das ist richtig so.»
Er sei froh um diese Diskussionen. «Widerstände können so besprochen werden. Haben wir uns zusammengerauft, hat es die Sache im politischen Prozess leichter.» Nach drei Jahren als Gemeindepräsident sagt er: «Ich wusste, was auf mich zukam, dass grosse Projekte anstanden und es schwierig würde.» Und es wurde schwierig: das Sportzentrum Wyslepark, der Hochwasserschutz, die Umfahrungsstrasse und die Überbauung Hofmatt – alles anspruchsvolle Grossprojekte mit viel Konfliktpotenzial.
Unmut bei Parteien
Negativ fielen die Kommentare auch im Dezember aus. Die Nachricht überraschte, dass Gfellers Gemeinderatskollege Jonathan Gimmel (SP) die blockierte Situation rund um den Worber Hochwasserschutz und die Umfahrung im Handumdrehen entspannt hatte. Die betroffene Familie Hirsbrunners zog ihre Beschwerde zurück und machte den Weg frei für die Grossprojekte. Im Grossen Gemeinderat machten Parteisprecher ihrem Unmut über Gfellers Unvermögen Luft, ohne ihn namentlich zu nennen. Zudem kritisierte Bruno Hirsbrunner, Sohn des betroffenen Landwirts und selbst Mitglied des Parlaments, Gfellers Verhandlungstaktik stark.
«Der Gemeinderat führt»
«Man muss lernen, mit solcher Kritik umzugehen», sagt der Gemeindepräsident. «Ich versuche, Verständnis für die Kritik zu haben. Es ist auch gut, wenn die Leute ihren Unmut äussern können.» Aber es gelte zu bedenken: «Nicht ich allein führe die Gemeinde, sondern der Gemeinderat.» Den Vorwürfen, er habe die Verhandlungen mit Hirsbrunners verbockt, widerspricht Gfeller. Er habe aufgrund des gemeinderätlichen Mandats verhandelt. Landwirt Beat Moser, der für die Grossprojekte wie weitere Bauern ebenfalls Land hergeben musste, stützte Gfeller später und sprach von «harten, aber fairen Verhandlungen». Gfeller habe mit den Landwirten «offen und kompetent» gesprochen.
Keine Angst vor Kampfwahl
Trotz aller Kritik wird Niklaus Gfeller im Herbst zur Wiederwahl antreten. «Es braucht längere Zeit, um sich einzuarbeiten. Deshalb wäre es schade, nach vier Jahren aufzuhören.» Die meisten Parteien überlegen sich jedoch, ob sie einen gemeinsamen Gegenkandidaten portieren sollen (siehe Kasten). Vor einer Kampfwahl fürchtet sich der Gemeindepräsident nicht: «Das ist ein ganz natürlicher Prozess. Eine solche Wahl ist gut: Sie klärt, und sie stärkt.»
Parteien sind unzufrieden
Die Parteien in Worb stehen vor der Frage, ob sie für das Gemeindepräsidium eine Kampfwahl lancieren sollen. Gegenüber Niklaus Gfeller werden kritische Töne laut.
Bei der SP ist eine Gegenkandidatur «ein Thema», wie Co-Präsident Christoph Moser sagt. «Mit der aktuellen Lösung sind wir nicht zufrieden.» Die Bevölkerung nehme Gfeller als nett und sympathisch wahr. «Doch die Leute haben keine Insiderinfos.» Würde der Gemeindepräsident nach vier Jahren angegriffen, «so muss ein Kandidat breit abgestützt sein», so Moser. Die SP hat noch keine Diskussionen über Kandidaten geführt.
Eine Kampfwahl ist bei der SVP «absolut ein Thema», sagt deren Präsident Martin Wälti. Abklärungen seien im Gang. Festgelegt hat sich die SVP aber noch nicht. «Wenn es einen Gegenkandidaten geben soll, müssten andere Parteien mithelfen», so Wälti. Denn mit dem jetzigen Gemeindepräsidenten sei «die Situation nicht zufriedenstellend».
Die FDP gibt sich noch vorsichtig. «Wir wollen abwarten, wie es in diesem Jahr läuft», sagt Fraktionspräsident Ueli Emch. Es sei schwierig, einen amtierenden Präsidenten abzuwählen.
Die Grünen wollen keinen Kandidaten stellen. Präsidentin Barbara Rebsamen hofft aber, dass sich die Parteien auf einen Kampfkandidaten einigen.