Worb - Auf dem Land leben, in die Stadt pendeln

Wohnungen auf dem Land ziehen automatisch neue Strassen nach sich: Mit dieser Botschaft warb die Regionalkonferenz am Donnerstag in Worb für neues Bauland in Zentrumsnähe.

Stephan Künzi, Berner Zeitung BZ

Wieso muss die Region Bern Boden gutmachen, sollen die stadtnahen Gemeinden Land zum Überbauen freigeben? Eine Woche nach dem Start ihrer Kampagne «Boden gutmachen» hat die Regionalkonferenz nach Worb zum Anschauungsunterricht geladen und mit neuen Argumenten unterstrichen, wie wichtig zentral gelegenes Bauland sei.

 

Mit Argumenten, die über das hinausgingen, was sie bisher betonten. Nämlich dass die Region Bern viel langsamer wachse als die übrige Schweiz. Und so langfristig Steuereinnahmen verliere, weil die Leute auswichen.

 

Der Verkehr schwoll an


Auf einer Anhöhe etwas oberhalb von Worb blickte Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (EVP) hinab zur Baustelle der neuen Umfahrungsstrasse und sinnierte: «Das ist der Preis, den wir eigentlich für das Hinterland zahlen.» Jede Überbauung im nahen Emmental, deutschte er gleich aus, habe Verkehr nach Bern zur Folge, weil viele Zuzüger nach wie vor in Stadt und Agglomeration arbeiteten. Gfeller verwies auf die Statistik: Zwischen 1989 und 2010 schwoll der Verkehr auf der für viele Pendler wichtigen Bahnhofstrasse von 7000 Fahrzeugen auf 15400 Fahrzeuge im Tag an. Das entspricht mehr als einer Verdoppelung innerhalb von nur 21 Jahren.

 

Das knapp 70 Millionen Franken teure, von Bund und Kanton finanzierte Vorhaben führe deutlich vor Augen, dass Wohnbau abseits der Zentren stets Bauten für den Verkehr zur Folge habe, führte Gfeller aus. «Ich hätte auf dem Land, das wir hier für die Strasse brauchen, lieber Wohnungen gesehen.» Dafür hätte man weiter vom Zentrum weg Boden schonen können.

 

Ähnlich argumentierte Jörg Zumstein als Vertreter der Regionalkonferenz. Neue Strassen ins Zentrum würden immer dann ein Thema, wenn die Bevölkerungszahl vor Ort rascher wachse als die Wirtschaft. Deshalb sei es so wichtig, dass sich Industrie und Gewerbe auch in einem Regionalzentrum entwickeln könnten. In Worb sei dies konkret im Worbboden möglich, wo im Moment 10 Betriebe rund 100 Leute beschäftigten, längerfristig aber ein Potenzial von 3000 Stellen vorhanden sei.

 

Rüfenacht verlor Einwohner


Zuvor hatten Gfeller und Zumstein noch auf ein anderes Problem hingewiesen. Weil jeder einzelne zum Wohnen immer mehr Platz beansprucht, schrumpft ein Dorf zuweilen sogar dann, wenn rege gebaut wird. Genau das ist in Rüfenacht passiert, wo zwischen 1980 und 2013 mehr als 420 Wohnungen neu entstanden sind, die Bevölkerung aber um knapp 700 Einwohner abgenommen hat.

 

In Worb-Dorf, das in derselben Zeit um 700 Einwohner zugelegt hat, ist dieser Verlust zwar kompensiert worden. Die Bautätigkeit dort war mit mehr als 1200 neuen Wohnungen aber auch viel stärker.


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Erstellt: 23.08.2013
Geändert: 23.08.2013
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