Wichtrach - Wohnbaugenossenschaft kapituliert vor Konkurrenz

Die Geschichte der Parzelle Sunnrain West ist um ein Kapitel reicher. Die Wohnbaugenossenschaft ­verzichtet auf ihr Baurecht und erstellt keine Alterswohnungen. Gebaut werden soll ­trotzdem bald – hofft der Gemeinderat.

Quentin Schlapbach, Berner Zeitung BZ
20 altersgerechte Wohnungen bauen: So lautete die «Raison d’être» der 2012 vom Gemeinderat gegründeten Wohnbaugenossenschaft Wichtrach. Im Juni 2013 bekam sie dafür von der ­Gemeinde 2200 Quadratmeter Land im Baurecht zugesprochen. Der Haken: Das Land befand sich auf der unerschlossenen Bauparzelle Sunnrain West. Es folgte ein jahrelanges Hickhack um die Erschliessung des Landes (wir berichteten).

Ausgerechnet jetzt, wo es eine Lösung gibt, streicht die Wohnbaugenossenschaft die Segel. Unsicherheiten bei der Finanzierung sowie die veränderte Marktsituation hätten sie zu diesem Schritt bewogen, schreibt Vorstandsmitglied René Altmann in der aktuellen Ausgabe des Lokalblatts «Drachepost».

Nun wird alles verkauft

Der Rückzieher kommt dennoch nicht überraschend. In diesem Jahr wurden gleich zwei Projekte publik, die «altersgerechtes Wohnen» in Wichtrach in Zukunft ermöglichen wollen. Einerseits vermachten zwei Schwestern der Alterssitz Neuhaus AG 5500 Quadratmeter von ihrem Land.

Die Erbschaft ist mit der Auflage verbunden, dass Wohnungen für Personen ab 60 Jahren geschaffen werden. Andererseits will Stefano Fiora, Wirt des Restaurants Kreuz, den Saal hinter dem Wirtshaus abreissen und 45 Alterswohnungen bauen. Die Wohnbaugenossenschaft kam daher zum Schluss, dass das Risiko, die Wohnungen nicht vermieten zu können, gestiegen sei.

Hinzu kamen harte Auflagen der Banken. Bei einem Bauvolumen von 6 Millionen Franken verlangten diese 2,2 Millionen Eigen­kapital. Ohne Einbezug und Verpflichtung der Gemeinde hätten diese Bedingungen nicht erfüllt werden können, so Altmann.

An den Höchstbietenden

Solche zusätzlichen Verpflichtungen will sich Wichtrach aber lieber nicht aufbrummen. Wegen Investitionen in die Infrastruktur, etwa die Sanierung des Schulhauses Stadelfeld oder die Massnahmen im Hochwasserschutz, stiegen die Schulden in letzter Zeit stark an.

Ende 2016 wird Wichtrach mit rund 10 Millionen in der Kreide stehen. Deshalb kommt es der Gemeindekasse gelegen, dass die 2200 Quadratmeter zusammen mit den restlichen 7400 Quadratmetern der Bau­parzelle Sunnrain West an den Höchstbietenden verkauft werden. Das ist das Vorhaben des Gemeinderats, so Gemeindepräsident Hansruedi Blatti (FDP).

Schulden würden halbiert

Dieser Deal könnte bereits Anfang nächsten Jahres passieren. Denn die Querelen rund um die Erschliessung des Gebiets sind mittlerweile vom Tisch. Das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland genehmigte dieses Frühjahr das neue Konzept der Gemeinde.

Gegen diesen Entscheid habe es keine Einsprachen mehr gegeben, bestätigt Blatti. Weil die neue Strasse neben der Schule und dem Kindergarten gebaut wird, hatte das Projekt zuvor viele Einsprachen zur Folge.

In den nächsten Wochen wird die neue Überbauungsordnung für die Parzelle Sunnrain West amtlich publiziert. Sie liegt heute noch zur Vorprüfung beim Amt für Gemeinden und Raumordnung. Sofern keine Einsprachen eingehen, kann im Anschluss nach einem Käufer für das Land gesucht werden. Bei einem geschätzten Baulandpreis von rund 500 Franken pro Quadratmeter würde ein Verkauf der Gemeinde gut 5 Millionen Franken in die Kassen spülen. Geld, das Wichtrach gut brauchen kann.


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Erstellt: 31.08.2016
Geändert: 31.08.2016
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