Wichtrach - Wie lange bleibt die Linde zu?

In Wichtrach sind die Türen des Restaurants Linde seit dem Tod des Pächters Fethi Dhaouadi geschlossen. Wann das Lokal mit bewegter Vergangenheit wieder öffnet – und ob überhaupt, ist derzeit völlig ungewiss.

Nelly Kolb / Berner Zeitung BZ
«Heute geschlossen». So steht es auf Zetteln am Eingang des Restaurants Linde in Wichtrach. Das heisst aber nicht, dass das Lokal mit der Pizzeria Al Capone morgen wieder offen ist. Im Gegenteil: Die Türen des Restaurants sind seit Anfang Juni zu, nachdem der langjährige Pächter Fethi Dhaouadi unerwartet gestorben ist. Noch läuft derzeit das Nachlassverfahren, und niemand weiss, wann die Linde wieder geöffnet sein wird.

Zehn Jahre lang führte der gebürtige Tunesier Dhaouadi die Linde als Pächter. Der Betrieb am Dorfplatz florierte und zog Gäste von weit her an. Der Pächter und sein Team galten im Dorf als zuvorkommend, freundlich und flexibel. Fethi, wie er von vielen Gästen genannt wurde, war mit Leib und Seele Gastwirt. Wegen seines grossen Einsatz es habe er aber seine Krankheit Diabetes zu wenig ernst genommen, munkelt man in der Gemeinde. Das führte, so glauben Insider zu wissen, schliesslich zu seinem unerwarteten Tod im Alter von 49 Jahren. Der Unverheiratete hat inzwischen in seinem Heimatland seine letzte Ruhestätte gefunden.

Schwer belasteten den Verstorbenen auch die Probleme der zusätzlichen Pachtbetriebe in Oberdiessbach und Blumenstein. Dhaouadi musste sich eingestehen, dass er dort trotz eingesetzter Geschäftsführer nicht im erforderlichen Mass selber vor Ort sein konnte. Die Konkurse waren nicht zu verhindern (wir berichteten). Dhaouadi konzentrierte sich darauf, die gut gehende Linde zu erhalten.

Verfahren eingeleitet

Nach Dhaouadis Ableben setzte der zuständige Regierungsstatthalter einen Masseverwalter ein. Dieser verschafft sich derzeit einen Überblick in finanziellen Belangen. Dazu wurde im Amtsblatt ein Schuldenruf publiziert. Die Eingabefrist läuft bis am 15. September. Das weitere Vorgehen kann erst danach festgelegt werden. Der Pachtvertrag ist gekündigt. Die hauptsächlich dem Verstorbenen gehörende Linde Wichtrach AG wird den Betrieb nicht weiterführen.

Wann die Linde wieder Gäste empfangen kann, ist offen. Von der Besitzerschaft ist bekannt, dass sie sowohl mit allfälligen Pachtnachfolgern verhandelt, aber auch ein Verkauf der Liegenschaft zur Disposition steht. Bei der Gemeindeverwaltung ist zu erfahren, dass sie «alles Interesse» daran hat, dass der weit über die Dorfgrenze hinaus bekannte Betrieb erhalten bleibt – auch wegen der Arbeitsplätze.

Viele Wechsel

Die Linde hat eine bewegte Geschichte. Im Jahr 1831 kam im damaligen Niederwichtrach ein kleines Anwesen mit dem Anrecht zum Lindenbrunnen unter den Hammer. Nach dem Tod des Ersteigerers Klötzli erwarb dessen Schwiegersohn Jakob Vögeli das Heimwesen für 5000 Franken und verkaufte es 1873 für 10 000 Franken an den Fellhändler Christen Bürki. Dieser war fürs Gerben auf das Brunnenwasser angewiesen. Sieben Jahre später ging der Besitz an den Wirt, Metzger und Wagner Rudolf Gäumann aus Tägertschi über. Dessen Frau Luise bewirtete in einem Zimmer Gäste.

Ein Grundbucheintrag erwähnt 1889 erstmals eine Speisewirtschaft, 1908 wird sie offiziell erstmals als «Zur Linde» bezeichnet. Seit 1979 sind die Gebrüder Daniel und Martin Wüthrich Besitzer. Letzterer geriet kürzlich mit dem Konkurs der Münsinger Bärenmatte AG in die Schlagzeilen. Mit einem Um- und Erweiterungsbau 1983 begann in der Linde eine neue Ära: Der Betrieb wurde auf den neusten Stand gebracht und als Erweiterung die Pizzeria Al Capone angegliedert.

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Erstellt: 31.07.2010
Geändert: 31.07.2010
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