Wichtrach - Wichtrach nie mehr unter Wasser?

Die Gemeinde will ein teures Hochwasserschutzprojekt realisieren. Im September stimmt das Volk darüber ab. Widerstand kommt vor allem von Bauern, die Land verlieren würden.

Dino Dal Farra, Berner Zeitung BZ
Immer wieder haben die Wichtracher mit Hochwassern zu kämpfen. Seit 1977 ist es im Dorf achtmal zu Überschwemmungen gekommen. Sie verursachten hohe Schäden an Gebäuden und Infrastruktur. Letztmals traf es die Gemeinde am 19. September 2009. Damals wurde die Vorderdorfstrasse überschwemmt. Besonders gefährdet ist Wichtrach, weil die Bäche Gansgraben, Leusegraben und Talibach bei Unwettern stark anschwellen.

Stark genug für Extremfall

Nun will sich die Gemeinde für die Zukunft wappnen. Sie hat mit Kanton und Bund ein Hochwasserschutzprojekt ausgearbeitet. Es kostet gut 9,9 Millionen Franken. «Es geht hier nicht um Pflästerlipolitik, sondern um ein Jahrhundertprojekt», sagte Gemeindepräsident Hansruedi Blatti (FDP) an der Infoveranstaltung am Mittwochabend, zu der die Gemeinde eingeladen hatte.

Die Massnahmen, die das Projekt vorsieht, sollen auch für extreme Hochwasser genug stark sein. «Darum kostet es relativ viel», sagt der Gemeindepräsident. Kommt das Projekt zustande, zahlen Kanton und Bund zwei Drittel. So müsste Wichtrach netto etwa 3,3 Millionen Franken übernehmen. Das letzte Wort hat aber das Stimmvolk an der Urnenabstimmung vom 23. September.

Der Platz wird knapp

Das Problem: Regnet es stark, wird ein Teil des Kanalisationswassers zur Entlastung in die drei Bäche Gansgraben, Leusegraben und Talibach gespült. Diese füllen sich aber bei starkem Regen unabhängig vom Kanalisationswasser sehr schnell. So wird der Platz knapp. Im schlimmsten Fall treten die Bäche über die Ufer und die Siedlungsentwässerung versagt. Um das zu verhindern, sind fünf Rückhaltebecken geplant, die an den Hängen liegen und das Regenwasser sammeln.

Becken an fünf Stellen

Die Rückhaltebecken können unterschiedlich viel Wasser aufnehmen. Sie sind an folgenden Stellen geplant (siehe Grafik): Moos-Oppligen (11 500 m3), Heiegraben (36 500 m3), Schützenhaus (12 000 m3), Waldegg (25 000 m3) und Gublersee (25 000 m3). Zu den Becken sind entsprechende Geschiebesammler geplant. Dämme sollen am Ende der Becken das Wasser stauen.

Das Becken Moos-Oppligen käme nicht auf Wichtracher Boden zu liegen. Damit es gebaut werden kann, müssen die Oppliger und die Herbliger am 23. September dem Projekt ebenfalls zustimmen. Heftige Kritik kommt vor allem von Wichtracher Bauern. Sie ärgern sich über die geplanten Rückhaltebecken. Einige müssten dafür Land abtreten. Bei einem Ernteausfall erhielten sie zwar Entschädigungen. Doch sobald die Becken geleert wären, bliebe viel Dreck zurück. Fürs Putzen erhielten die Landwirte vom Kanton 28 Franken pro Stunde. «Ich bin bereit, zu helfen. Aber ich erwarte ich mehr als 28 Franken für die Drecksbüez», sagte ein betroffener Landwirt.

Aus ähnlichen Gründen hätten viele Personen gegen das Projekt eingesprochen, sagt der Gemeindepräsident. 18 Einsprachen seien bereinigt, einige noch offen. Nicht immer könne die Gemeinde den Bauern das gewünschte Ersatzland anbieten. «Oft verlangen sie mehr, als wir geben können», sagt Blatti. Die meisten sähen den Nutzen des Projekts, manche hingegen vor allem die Kosten. Am 23. September erwartet er ein deutliches Ja. Grosser Rat und Bund müssten danach den Kredit freigeben. Erste Bauschritte sind frühestens im Winter 2013/2014 zu erwarten.

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Erstellt: 24.08.2012
Geändert: 24.08.2012
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