Wichtrach - Krebse, die in Wichtrach verendeten, sind vom Aussterben bedroht

Die Fische überlebten die vermutete Gewässerverschmutzung. Die Polizei ermittelt.

Naomi Jones, "Der Bund"
Noch ist offen, warum am Samstag im Talibach in Wichtrach Hunderte von Krebsen verendet sind. Die Kantonspolizei und das kantonale Amt für Wasser und Abfall suchen nach den Ursachen und einem möglichen Täter. Denn Gewässerverschmutzung ist ein Offizialdelikt.

Nur selten allerdings kann das Kantonslabor die Chemikalien, die für das Sterben der Tiere verantwortlich sind, nachweisen. Denn bis die toten Tiere entdeckt werden, ist das verschmutzte Wasser längst weg.

Verschmutzungen von kleineren Gewässern kommen relativ häufig vor. In den letzten beiden Jahren habe es im Kanton Bern rund 90 Fälle gegeben, sagt Fischereiinspektor Thomas Vuille. Zusätzlich müsse man mit einer Dunkelziffer rechnen.

«Nicht alle Gewässerverschmutzungen werden entdeckt.» Auch enden nicht alle Verschmutzungen tödlich. Nur in 37 Fällen starben die Fische in den Gewässern.

Schuld sind oft schludrige Bauern

«Wer mit Bschütti, Spritzmittel oder Betonwasser hantiert, sollte eigentlich um die Gefährlichkeit wissen», sagt Arthur Kirchhofer von Pro Natura Bern. Denn diese Substanzen verursachten häufig die Verschmutzungen. «Ein grosser Teil liesse sich vermeiden, wenn Bauern und Bauleute achtsamer wären», so der Gewässerspezialist.

Fischereiinspektor Thomas Vuille bestätigt, dass Gülle die häufigste Ursache von Gewässerverschmutzungen ist. Im Falle des Talibachs komme aber Gülle wohl nicht als Ursache des Krebssterbens infrage. Denn im Talibach starben gemäss Vuille keine Fische, obwohl es im Bach welche gibt.

«Fische sind Wirbeltiere und reagieren daher anders als Krebse», erklärt Thomas Vuille. Aufgrund dieser Tatsache, könnten einige Ursachen bereits ausgeschlossen werden. «Krankheiten, Hitze oder Sauerstoffmangel waren wahrscheinlich nicht der Grund für das Krebssterben.»

Exoten verdrängen Einheimische

Dass die jüngste Gewässerverschmutzung ausgerechnet Krebse tötete, findet der Umweltschützer Arthur Kirchhofer «speziell tragisch». Denn es gebe nur noch wenige Gewässer mit einheimischen Krebsen. Die Krebse, die im Talibach leben, sind Dohlenkrebse. Sie gelten als stark gefährdet und geschützt.

Die Dohlenkrebse leben in naturnahen Bächen im Ober- und Mittellauf. Sie benötigen senkrechte und vor allem naturbelassene Ufer. Dort graben sie sich Höhlen, in denen sie sich tagsüber verstecken. Von Dezember bis März halten sie eine Winterpause.

«Glücklicherweise sind im Talibach nicht alle Krebse gestorben», sagt Fischereiinspektor Vuille. Es gebe etwas weiter oben eine Stelle mit Krebsen, die nicht betroffen sind. Diese könnten sich später wieder ausbreiten und mit etwas Glück erholt sich der Krebsbestand im Talibach.

Ursprünglich waren die Schweizer Bäche voll von Krebsen. Die Tiere waren im Mittelalter eine beliebte Fastenspeise. «Viele Bäche haben die Krebse aber nur noch im Namen», sagt Vuille. Im Kanton Bern leben etwa im Aaretal an der Giessen noch Dohlenkrebse.

Grund für den starken Rückgang der Krebse sind Uferverbauungen und Gewässerverschmutzungen. Der grösste Feind der Tiere ist aber die Krebspest. Oft sind exotische Krebse, die illegal ausgesetzt werden, Träger der Krankheit.

«Die Exoten erkranken aber nicht selbst daran», erklärt Vuille. Deshalb ist es in der Schweiz seit 23 Jahren verboten, exotische Flusskrebse einzuführen und in Gewässern auszusetzen.

In Wichtrach beliebt

Der Wichtracher Gemeindepräsident Hansreudi Blatti (FDP) weiss um die Seltenheit der Dohlenkrebse im Talibach. Er hofft, dass sich der Bestand wieder erholt. «Wir hegen und pflegen unsere Krebse», sagt er.

Wenn der Bach geputzt werde, helfe jeweils die Schule mit, die Krebse zu schützen. «Die Kinder graben die Tiere aus dem Schlamm und werfen sie ins Wasser zurück.»


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Erstellt: 19.04.2016
Geändert: 19.04.2016
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