Wichtrach - Knackige Äpfel werden zu süssem Saft

Raffeln, pressen, pasteurisieren. Heinz Krenger aus Wichtrach presst mit einer hochmodernen Maschine bis zu 100000 Liter Apfelsaft pro Jahr. Im Herbst ist das Mosten die Haupteinnahmequelle des Landwirts.

Nicole Hättenschwiler, Berner Zeitung BZ
Auf dem Hof von Heinz Krenger in Wichtrach begegnen einem die roten Früchte an jeder Ecke. Krengers Sohn befestigt gerade ein neues Plakat mit einem riesigen Apfel am Hofladen. Weiter vorne warten rund ein Dutzend mit Äpfeln gefüllte Kunststoffbehälter darauf, geleert zu werden, damit ihr Inhalt zu Süssmost verarbeitet werden kann. Wer die Äpfel aus der Nähe betrachtet, entdeckt viele runde braune Narben. Der Hagel vom 23. Juli hat seine Spuren hinterlassen. «Die riesigen grünen Behälter heissen Obst-Paloxen», erklärt Heinz Krenger, während er die erste Kiste mit einem gelben Gabelhubwagen hochhebt. Mit einem eleganten Schwung dreht er die Kiste und schiebt sie in die Greifarme der Mostmaschine.

Moderne Saftpresse

Mit den alten Mostpressen aus Holz hat diese moderne Maschine nicht viel gemeinsam. Heinz Krenger drückt einen Knopf. Mit einem leisen Surren stemmen die Greifarme die Paloxe nach oben und kippt sie, sodass die Äpfel langsam in ein mit Wasser gefülltes Becken poltern. Mit prüfendem Blick beobachtet der 60-jährige Landwirt diesen Vorgang, fischt schnell ein paar Blätter raus oder einen Apfel, der etwas gar angeschlagen aussieht.
 
Erst raffeln, dann pressen

«Jetzt werden die Äpfel im Schnägg hochtransportiert», sagt Heinz Krenger. Als «Schnägg» bezeichnet er eine Art Säule, in deren Innerem die Früchte auf einer Spirale nach oben gelangen. An der Spitze befindet sich verborgen eine Art überdimensionale Röstiraffel. Was danach unten herauskommt, hätte also genau die richtige Konsistenz, um in ein Birchermüesli gemischt zu werden. Doch schon fällt die Apfelrösti zwischen zwei Rollen, wo der Saft aus ihr herausgepresst wird. «Das ist eine Siebbandpresse», erklärt Heinz Krenger. Das bedeutet, dass ein zusammenhängendes, gespanntes Band durch die Presse hindurchläuft. Insgesamt wird der Apfelbrei durch 5 Trommeln gedrückt, bis nur noch trockener Trester übrig bleibt. Dieser wird später den Kühen verfüttert.

Enzyme als kleine Helfer

Der Saft läuft in die Auffangwanne unter der Presse. Sie fasst rund 100 Liter. Ist sie voll, schliesst der Landwirt einen Schlauch an und pumpt den Apfelsaft in einen riesigen Kanister. «In einer Stunde können wir so 1000 bis 1200 Liter Süssmost produzieren», sagt Krenger. Dazu werden rund 1600 Kilogramm Äpfel gebraucht. Bevor der Saft pasteurisiert werden kann, muss er sechs bis acht Stunden gelagert werden. «Auf diese Weise können sich die Trübstoffe absetzen», sagt Heinz Krenger. Um die Flüssigkeit noch etwas mehr zu klären, gibt er ein wenig von einem braunen Pulver hinzu. «Es ist ein Enzym auf Eiweissbasis», erläutert er. «Hochaktives Pektinasekonzentrat» steht auf der Etikette der Plastikdose. Davon reichen 2 Gramm pro 100 Liter Most.

Auf die Sorte kommt es an

Naturtrüben Apfelsaft pasteurisiert Krenger schon nach 4 Stunden. «Der setzt dann natürlich weniger Trübstoffe ab.» Dies hänge auch von der Obstsorte ab, erklärt der Bauer. Boskoop oder gewisse ältere Sorten würden mehr absetzen als neuere. Beim Pasteurisieren wird der Saft auf 78 Grad Celsius erhitzt und in Flaschen, Glasballons oder einen sogenannte «Bag in Box» abgefüllt. Das sind Plastikbeutel mit einem Zapfhahn, die in einer Kartonschachtel aufbewahrt werden.

Begehrte «Öpfuchüechli»

«Im Herbst ist das Mosten unsere Haupteinnahmequelle», sagt Heinz Krenger. Rund 100000 Franken hat ihn die Siebbandpresse gekostet, als er sie vor neun Jahren gekauft hat. Damit produziert er nicht nur Apfel- sondern auf Wunsch von Kunden auch Traubensaft. Davon sei er aber nicht so ein Fan, gibt Krenger zu. «Das gibt eine ziemliche Mohrerei, und es sieht dann jeweils aus wie auf einem Schlachtfeld.» Im Moment kreisen Heinz Krengers Gedanken aber sowieso vor allem um die Äpfel. Zum 10. Mal führt seine Familie diesen Samstag und Sonntag das «Öpfufescht» durch. Insbesondere die «Öpfuchüechli» seien dabei der Renner. «Letztes Jahr kamen wir fast nicht mehr nach mit Frittieren.» 


Weniger Äpfel geerntet

Der 60-jährige Heinz Krenger führt den Hof in Wichtrach zusammen mit seiner Frau Susanne und seinem Sohn Tobias. Tobias Krenger kümmert sich in erster Linie um Kühe und Ackerbau, während sich bei Heinz Krenger alles ums Obst dreht. In einem guten Jahr mostet er für Kunden bis zu 80000 Liter Süssmost, in einem schlechten Jahr nur gerade die Hälfte. Dieses Jahr ist die Apfelernte laut Krenger nicht so ergiebig wie auch schon. Aus seinen eigenen Äpfeln presst er jährlich rund 20000 bis 25000 Liter Süssmost, der grösstenteils direkt ab Hof verkauft wird. Dies entspricht etwa 30 bis 35 Tonnen Äpfel. Von September bis Ende November mostet er an zwei Tagen pro Woche und produziert so zwischen 5000 und 6000 Liter Saft. Die Siebbandpresse nimmt er auch in den anderen Monaten ab und zu in Betrieb. Im Winter etwa ein Mal im Monat.

[i] Nächstes Wochenende 3. und 4.Oktober, findet auf dem Hof von Susanne und Heinz Krenger das «Öpfufescht» statt. Jeweils 10 bis 18 Uhr. Nebst Öpfuchüechli mit Vanillesauce gibt es Züpfe, Gedörrtes, Käse, Süssmost und natürlich Äpfel. Am Samstag spielt das Trio Krebs-Steuri, am Sonntag ab 11 Uhr die Chisetaler Blaskapelle. Wilstrasse 50, Wichtrach.

Fehler gefunden?
Statistik

Erstellt: 29.09.2009
Geändert: 29.09.2009
Klicks heute:
Klicks total: