Wichtrach - Fusion bringt viel Mehrarbeit

Die Wichtracher Fusion gibt mehr zu tun als erwartet. Nun wird samstags angepackt.

Ivo Gehriger/Martin Christen, martinchristen@gmx.ch
Ein gewöhnlicher Morgen auf der Gemeindeverwaltung Wichtrach. Alle paar Minuten klingelt die automatische Türglocke, Kunden kommen an den Schalter, werden bedient. Die Gemeindeangestellten nehmen sich Zeit, sind freundlich, kompetent. Nichts deutet darauf hin, dass die Gemeinde erst seit Januar existiert und die Arbeiten für die Fusion der zwei bisherigen Gemeindeverwaltungen noch längst nicht abgeschlossen sind.

Hinter den Bürowänden siehts allerdings anders aus. «Wir leben aus den Kisten», berichtet Gemeindeschreiberin Annalise Herzog-Jutzi, noch habe die Zeit gefehlt, gezügelte Dossiers zu sichten und einzuräumen. Das Verwaltungspersonal ist seit geraumer Zeit am Anschlag: Das Gros der Angestellten habe allein bis Ende 2003 rund 400 Überstunden geleistet, das Kader gar ein Mehrfaches davon, fasst Gemeindepräsident Peter Lüthi die Situation zusammen, ohne genaue Zahlen nennen zu wollen.

Besser siehts auch dieses Jahr nicht aus. Und Entlastung ist nicht absehbar. Im Gegenteil: «Der Teufel liegt im Detail», sagt Lüthi. Immer neue unerwartete Fragen tauchten auf. So habe man zum Beispiel wohlweislich die Software der EDV auf Anfang Januar aufgerüstet, daraufhin aber realisieren müssen, dass Ober- und Niederwichtrach etwa die Wassergebühren nicht auf dieselbe Art verrechneten. Ein Problem, welches mit der neuen Software nicht gelöst werden konnte.

Auch die Dezentralisierung der Verwaltung bringt Mehraufwand mit sich: «Früher diskutierten wir während der Kaffeepause, heute müssen wir einen Termin für ein Treffen ausmachen», so Herzog. Nicht erleichtert wird die Arbeit zudem durch den Umstand, dass der neuen Gemeinde noch Kommissionen und Reglemente fehlen.

Natürlich hätten die alten Gemeinden abgeschätzt, welche zusätzlichen Arbeiten durch die Fusion anfallen werden, sagt Herzog. «Heute sehen wir aber ein, dass dies nicht abschätzbar ist.» Mit der unübersichtlichen Situation will sich die Gemeindeschreiberin nicht länger abfinden. Der Ehrgeiz, eine gute Verwaltung aufzubauen, verbiete es ihr, «fünf gerade sein zu lassen».

Um der chronischen Überlastung Herr zu werden, wird das Personal deshalb künftig auch am Wochenende arbeiten – was für das Kader ohnehin schon Courant normal ist. Der Gemeinderat hat laut Lüthi gezielte Samtsagseinsätze zu einem Einheitslohn bis Ende Juni bewilligt. Bis dann, hofft der Gemeindepräsident, sei der gröbste Berg abgetragen. Als weitere temporäre Massnahme wird die Gemeindeverwaltung Mittwochs für die Kunden geschlossen.

In einzelnen Gesprächen mit den zwölf Angestellten erörtere er, in welchem Rahmen die Überzeit des vergangenen Jahres ausbezahlt werde, so Lüthi. Klar sei, dass die aktuellen Überstunden nicht bis Ende 2005 bezogen werden könnten. Es gelte von Quartal zu Quartal zu prüfen, was drinliege.

Absehbar ist laut Lüthi immerhin, dass den unerwartet hohen Überzeiten keine böse Überraschung in finanzieller Hinsicht folgt: Der im vergangenen Jahr für die Fusion gesprochene Migrationskredit über 230 000 Franken werde nämlich in anderen Bereichen längst nicht ausgeschöpft, damit könnten die Löcher im Personalbudget gestopft werden.

Davon, die Gemeindefusion aufgrund des hohen Mehraufwands in Frage zu stellen, sind Lüthi und Herzog weit entfernt. Bereits in zwei Jahren soll sich die Fusion auszahlen. Und: Missen möchte sie die Erfahrung nicht, so Herzog. Dafür sei sie auch bereit anderes zurückzustellen, sagt die Gemeindeschreiberin – und tuts.

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Erstellt: 25.02.2004
Geändert: 25.02.2004
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