Wichtrach - "Einen Bierdeckel, bitte"
Ulrich Marti aus Wichtrach ist ein Bierliebhaber durch und durch. Ihn interessiert jedoch weniger das Getränk als das ganze Drumherum wie Bierdeckel, Zapfhahnschilder, Fassböden und Bierschilder.
Wenn Ulrich Marti eine Gaststube verlässt, so tut er das selten mit leeren Händen. Meistens geht er mit einem Bierdeckel nach Hause, den ihm der Wirt geschenkt hat. Denn wenn ein Restaurantbetreiber von der Leidenschaft des 68-Jährigen aus Wichtrach hört, gibt er ihm gerne einen Glasuntersetzer mit auf den Weg. Ulrich Marti sammelt nämlich seit 45 Jahren allerlei Werbeutensilien von Brauereien, die für gewöhnlich Wände, Tische und Theken von Beizen schmücken: Bierfassböden, Zapfhahnschilder, Bierwerbeschilder und -spiegel. Aber allen voran Bierdeckel. «Mittlerweile besitze ich rund 17 000 Stück», sagt der Hobbysammler.
Ein wandelndes Bierlexikon
Um Platz zu sparen, klebt Ulrich Marti die Bierdeckel aus aller Herren Ländern auf A-3-Kartons und bewahrt diese in Ordnern auf. Zusätzlich scannt der Rentner die Deckel ein und archiviert sie auf seinem Laptop. «90 Prozent der Deckel stammen aus der Schweiz oder Deutschland», sagt der Sammelfreak. Darunter auch seltene Exemplare von Brauereien, die schon lange geschlossen sind.
Ulrich Marti ist ein wandelndes Bierlexikon. Während er in seinem Haus in Wichtrach seine Sammlung präsentiert, sprudeln Informationen über die unendliche Vielfalt des Gerstensaftes nur so aus ihm heraus. Er scheint zu jedem Bierdeckel eine Abhandlung abrufen zu können und wirft immer wieder geschichtliche Anekdoten ein, so wie zum Beispiel, dass Bierdeckel ursprünglich aus Filz waren und aufs Glas gelegt wurden, damit sich kein Ungeziefer im Getränk verirrte. Ja, dieser Mann, der 35 Jahre als Bereichsleiter bei der AHV arbeitete, ist ein exzellenter Bierkenner, und natürlich auch -geniesser. Denn Ulrich Marti lässt nicht jede Plörre an seine Kehle. «In einer Kneipe frage ich immer zuerst, was für Bier sie im Angebot hat», stellt er klar.
«Ich frage ganz ungeniert»
Die 17 000 Bierdeckel sind aber längst nicht alles. Zusätzlich besitzt der 68-Jährige rund 140 Bierfassböden, ein Grossteil davon ziert die Wände seines Dachstockes. Weiter hat er sich eine stattliche Sammlung an Emaille- und Blechschildern (190 Stück) und Spiegeln (34 Stück) mit Brauereilogos angelegt. «Heutzutage ist es sehr schwer, solche Stücke zu ergattern», klagt Ulrich Marti. Denn um die Umsätze der Bierbrauer stehe es nicht sehr gut; infolgedessen werde auch bei der Werbung gespart.
Doch hin und wieder stösst er auf ein Prunkstück, so wie einen Spiegel mit dem Logo der Egger-Brauerei aus Worb, der in seinem Büro liegt. «Den habe ich erst letzte Woche von einem Wirt geschenkt bekommen, weil er neu Feldschlösschen ausschenkt», erzählt der Bierliebhaber. Einfach so geschenkt? «Ja, so bin ich eben. Ich frage in Beizen ungeniert, ob ich einen Deckel oder ein Schild für meine Sammlung haben könne», so Marti, «die allermeisten Wirte sträuben sich nicht dagegen.»
Viel Aufwand, wenig Kosten
Genau auf diese Weise ist seine Sammlung entstanden. «99 Prozent der Bierwerbeträger waren geschenkt», betont Ulrich Marti. Sei es von Gaststätten, Bierhändlern, Brauereien oder von Freunden, die ihm aus ihren Ferien einen Bierdeckel mitgebracht hatten. Doch die fielen ihm nicht einfach so in den Schoss. In all den Jahren habe er unzählige Brauereien abgeklappert und um Sammelstücke gebeten. Damit hat sich sein Hobby auch nicht gross auf sein Portemonnaie ausgewirkt. «Das ist mein Credo: Ein Hobby sollte keine finanzielle Belastung darstellen.»