Wichtrach - Der Künstlerblick auf den menschlichen Körper
Der Körper in der Kunst: Eine Ausstellung der Galerie Henze & Ketterer zeigt, wie sich Künstler von der klassischen Moderne bis heute mit dem Menschen auseinandergesetzt haben.
Nicola Schröder / Berner Zeitung BZ
In zuvor ungekannter Konsequenz wurde der Mensch zur Zeit der klassischen Moderne in ausdrucksstarken Farben und Formen auf die Leinwand gebannt. Es entstanden konturbetonte, kontrastreiche Ansichten der Welt, die entfernt vom blossen Abbild um die Stimmungen und Gedanken ihrer Figuren kreisten – etwa die Akte, Tanzpaare und Porträts von Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938), Emil Nolde (1867–1956) oder Erich Heckel (1883–1970). In der Galerie Henze & Ketterer in Wichtrach gehören diese Künstler zum Kernbereich des Programms und bieten sich als Ausgangspunkt für die Ausstellung «O Mensch! Kopf und Körper vom Expressionismus bis heute» an.
Streifzug in die Gegenwart
Darüber hinaus treffen innerhalb der Schau für einmal recht verschiedene Künstler aufeinander. Die Kuratorin Andrea Schmidt schöpft aus dem gesamten Fundus der Galerie und präsentiert entlang des thematischen Fadens einen Streifzug bis hinein in die Gegenwartskunst. Sie freut sich, auf diese Weise neue Einblicke und gleichzeitig erstaunliche Gegenüberstellungen präsentieren zu können. «Mir fallen auch heute noch jeden Tag neue Bezüge und Parallelen auf», so Schmidt. Einen Angelpunkt bietet dafür das erst kürzlich auf einer Leinwandrückseite wiederentdeckte «Grosse Tanzpaar» von Erich Heckel aus dem Jahr 1923. Das Bild trifft hier unter anderem auf die Farbexplosionen von Bernard Schultze (1915–2005) und die in wilden, bunten Strichen gefertigten Figuren seiner Frau Ursula (1921–1999). Es finden sich aber auch die reduzierten Arbeiten von Pizzi Cannella (geboren 1955), die mit der Abwesenheit des Körpers spielen und lediglich die Kleider der titelgebenden «Regina» zeigen.
Am Anfang war das Wort
Beim weiteren Rundgang begegnet man im Obergeschoss vornehmlich zeitgenössischen Werken von Georg Baselitz (geboren 1938), Giovanni Manfredini (1963) oder dem Schweizer Jürgen Brodwolf (1932). Letzterer ist für seine amorphen, aus Farbtuben geformten Figuren bekannt. «Brodwolf hat aus dieser Beschränkung eine ungeheure Vielfalt entwickelt», so Andrea Schmidt. Wobei Vielfalt ein Begriff ist, der auch für den Schweizer Künstler Daniel Spoerri (1930) und die Wahl seiner Mittel zutrifft: In der Ausstellung sind kleinere Objektkästen Spoerris zu sehen, die auf bekannt verspielte Art allerlei bizarre Fundstücke zu neuen Sinnzusammenhängen kombinieren.
Demgegenüber stellt man in den Arbeiten des in Bern lebenden griechischen Künstlers Nakis Panayotidis (1947) einen gewissen Purismus fest. Die Serie «Epikouros» beschäftigt sich nicht mit dem Abbild des Menschen, sondern umfasst Schrifttafeln mit Zitaten des griechischen Philosophen Epikur. Für Schmidt gehören sie ebenfalls in den Ausstellungskontext, denn «auch die Schrift steht für den Menschen. Am Anfang war schliesslich das Wort.» Davon inspiriert, kann man beim Aufeinandertreffen dieser vielseitigen Kunstschaffenden in Wichtrach noch viele weitere Bezüge zum Thema Mensch entdecken.
[i] Die Ausstellung «O Mensch! Kopf und Körper vom Expressionismus bis heute» läuft bis am 5. April, Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach.
www.henze-ketterer.ch
Streifzug in die Gegenwart
Darüber hinaus treffen innerhalb der Schau für einmal recht verschiedene Künstler aufeinander. Die Kuratorin Andrea Schmidt schöpft aus dem gesamten Fundus der Galerie und präsentiert entlang des thematischen Fadens einen Streifzug bis hinein in die Gegenwartskunst. Sie freut sich, auf diese Weise neue Einblicke und gleichzeitig erstaunliche Gegenüberstellungen präsentieren zu können. «Mir fallen auch heute noch jeden Tag neue Bezüge und Parallelen auf», so Schmidt. Einen Angelpunkt bietet dafür das erst kürzlich auf einer Leinwandrückseite wiederentdeckte «Grosse Tanzpaar» von Erich Heckel aus dem Jahr 1923. Das Bild trifft hier unter anderem auf die Farbexplosionen von Bernard Schultze (1915–2005) und die in wilden, bunten Strichen gefertigten Figuren seiner Frau Ursula (1921–1999). Es finden sich aber auch die reduzierten Arbeiten von Pizzi Cannella (geboren 1955), die mit der Abwesenheit des Körpers spielen und lediglich die Kleider der titelgebenden «Regina» zeigen.
Am Anfang war das Wort
Beim weiteren Rundgang begegnet man im Obergeschoss vornehmlich zeitgenössischen Werken von Georg Baselitz (geboren 1938), Giovanni Manfredini (1963) oder dem Schweizer Jürgen Brodwolf (1932). Letzterer ist für seine amorphen, aus Farbtuben geformten Figuren bekannt. «Brodwolf hat aus dieser Beschränkung eine ungeheure Vielfalt entwickelt», so Andrea Schmidt. Wobei Vielfalt ein Begriff ist, der auch für den Schweizer Künstler Daniel Spoerri (1930) und die Wahl seiner Mittel zutrifft: In der Ausstellung sind kleinere Objektkästen Spoerris zu sehen, die auf bekannt verspielte Art allerlei bizarre Fundstücke zu neuen Sinnzusammenhängen kombinieren.
Demgegenüber stellt man in den Arbeiten des in Bern lebenden griechischen Künstlers Nakis Panayotidis (1947) einen gewissen Purismus fest. Die Serie «Epikouros» beschäftigt sich nicht mit dem Abbild des Menschen, sondern umfasst Schrifttafeln mit Zitaten des griechischen Philosophen Epikur. Für Schmidt gehören sie ebenfalls in den Ausstellungskontext, denn «auch die Schrift steht für den Menschen. Am Anfang war schliesslich das Wort.» Davon inspiriert, kann man beim Aufeinandertreffen dieser vielseitigen Kunstschaffenden in Wichtrach noch viele weitere Bezüge zum Thema Mensch entdecken.
[i] Die Ausstellung «O Mensch! Kopf und Körper vom Expressionismus bis heute» läuft bis am 5. April, Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach.
www.henze-ketterer.ch