Wichtrach - Der Brennofen muss weg

Nach 25 Jahren gibt Peter Kupferschmied die Töpferei Maurachern in Wichtrach auf. Zuletzt verkaufte er immer weniger Waren. Bleibt die Frage: Wohin mit den Brennöfen?

Johannes Reichen, Berner Zeitung BZ

Kurz vor 11 Uhr klingeln zwei junge Männer an der Tür von Peter Kupferschmied in Wichtrach. Sie sind mit einem Lieferwagen und einem Anhänger aus dem Kanton Zürich angereist. Jetzt wollen sie einen von Kupferschmieds grossen Brennöfen abholen. Kupferschmied hatte ihn auf Ricardo ausgeschrieben. «Ich kann ihn nicht mehr brauchen», sagt der 57-Jährige.

Die Züglerei beginnt. Kupferschmieds Freund Urs Batt ist als Helfer dabei. Ein Rolli steht bereit. Nun müssen die vier Männer den Ofen von einem Backsteinpodest in der Töpferei nach draussen auf den Anhänger verfrachten. Eine schwere, heikle Aufgabe: Der Ofen wiegt 750 Kilo.

Schluss nach 25 Jahren

Peter Kupferschmied ist Töpfer. Vor 25 Jahren kauften er und seine Frau Kathrin die Töpferei Maurachern an der Hauptstrasse zwischen Wichtrach und Kiesen. Im gleichen Betrieb hatte er als 27-Jähriger bereits die Töpferlehre gemacht. Damals retteten Kupferschmieds die traditionsreiche Werkstatt vor dem Untergang und zogen mit den vier Kindern in die geräumige Wohnung über der Werkstatt.

Aber jetzt ist Schluss. In diesem Sommer gibt Kupferschmied die Töpferei auf, der genaue Termin steht noch nicht fest. «Diese Arbeit lohnt sich immer weniger», sagt er. Zusammen mit seiner Frau zieht er wieder zurück in das Haus nach Heimenschwand, wo sie schon früher gelebt haben. Für das Haus mit der Werkstatt in Wichtrach suchen sie Käufer. Vorläufig nimmt er aber noch Aufträge entgegen, der Laden bleibt geöffnet.

Tradition aus Heimberg

Die Geschichte der Töpferei Maurachern geht 170 Jahre zurück. «Es ist eine der ältesten Betriebe im Kanton Bern», sagt Kupferschmied. Und es war der nördlichste, der sich rund um Heimberg angesiedelt hatte, wo sich eine Tongrube befand. So entstand in der Gegend die Heimberger Keramik, eine Strömung innerhalb der Berner Bauern­keramik. Diese befindet sich auf der Liste der «lebendigen Traditionen» der Schweiz.

Doch die Tradition war schon lebendiger als heute. Besonders in den Sechziger- bis Achtzigerjahren sei Bauernkeramik sehr beliebt gewesen, sagt Kupferschmied.

Immer weniger Aufträge

Auch er selbst erlebte gute Zeiten, als er den Wichtracher Betrieb 1992 kaufte und 1996 sanierte. Einige Jahre lang setzte er ausschliesslich auf die Töpferei, ansonsten war der Lehrerberuf immer ein Standbein: Er ist Schulleiter und Lehrer in Tägertschi. «Früher füllten sich Frauen im Laden den Einkaufskorb mit Keramikgeschirr, ohne auf die Preise zu schauen», sagt Kupferschmied, als er auf der Drehscheibe einen kleinen Teller formt.

Einmal pro Woche heizte er den grossen Ofen mit einem Volumen von 1000 Litern auf und brannte Tongefässe. Eierbecher, Teller, Tassen, Krüge, Fonduecaquelons, Fruchtschalen, Tortenplatten. Zuletzt reichte es, wenn er alle drei Wochen den 300-Liter-Ofen einschaltete.

Immer weniger Aufträge

Doch noch immer hat die Heimberger Keramik ihre Anhänger. Deshalb bewegte sich Kupferschmied auch nie weit weg von diesem traditionellen Stil. Zwar brannte er nicht nur Töpferton, sondern immer mehr auch Steinzeugton. Der eignet sich für modernere Stücke, die nichts mit Bauernkeramik zu tun haben. «Doch auch dafür ist es schwer, Käufer zu finden.»

Jammern aber will Kupferschmied nicht. Er hat sich mit dem Ende in der Töpferei Maur­achern abgefunden.

Einen Ofen behält er

Der Umzug dauert eine Stunde. Mit dem Rolli schieben die vier Männer den Ofen langsam vors Haus und machen ihn auf dem Lieferwagen fest. Mit einer Plache schützen sie ihn vor Regen. «Ich bin froh, ist er weg», sagt Peter Kupferschmied und blickt um sich. Da steht noch ein zweiter, kleiner Ofen. Den nimmt er mit nach Heimenschwand. Denn ganz will er vom Töpfern nicht lassen. Aber er fragt sich, was mit dem dritten Ofen passiert, der in der Ecke steht. Er ist zweieinhalb Tonnen schwer und riesig.

Die beiden Männer bezahlen mit einem Tausendernötli, dann steigen sie ein und fahren los. Sie sind keine Töpfer. Sie brauchen den Ofen nicht zum Töpfern. Sie wollen darin Partikelfilter ausbrennen.


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Erstellt: 04.05.2017
Geändert: 04.05.2017
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