Ski Alpin - Wenn der Ex-Weltmeister nicht starten darf
Coach, Skimodell und Schuh sind neu: Luca Aerni hat nach missglücktem letzten Winter einiges angepasst.
Als er den Strich ziehen konnte, war er erleichtert. Zum Glück sei alles vorbei, sagte Luca Aerni im Frühling. Ein paar Monate später meint er: "Gut, kann ich nun neu anfangen." Es war aber auch ein Winter zum Vergessen, jener 2018/19. Mit Platz 15 als Bestergebnis, mit dem Rückfall in den Startlisten, der verpassten WM-Teilnahme im Slalom. Mal fuhr der Grosshöchstetter zu verkrampft, mal haderte er mit dem Material, mal war er schnell, fiel aber aus. Und so brauchte Aerni Abstand nach der vergangenen Saison. Er verreiste nach Thailand, ging golfen, unternahm Klettertouren. Damit stoppte er das Gedankenkarussell; Torstangen und Einfädler waren weit weg. Mittlerweile hat er alles verarbeitet. Und sagt: "Die Basis dafür ist da, dass ich es wieder hinkriege."
Die Saison beginnt am Sonntag, mit einem Riesenslalom – in dieser Sparte hatte Aerni vor Jahresfrist den Anschluss an die Spitze herstellen wollen. Nun ist er weit weg – so weit, dass er in Sölden nicht starten darf. Der Internationale Skiverband (FIS) will die Starterfelder Schritt für Schritt verkleinern, der Schweiz stehen noch 8 Plätze zur Verfügung. Wer fahren will, muss zu den besten 150 in der FIS-Rangliste des Riesenslaloms zählen oder unter den Top 30 der Weltcup-Startliste in einer anderen Disziplin klassiert sein (Kombination ausgenommen). Aerni erfüllt die Vorgaben als Nummer 154 (Riesenslalom) respektive 33 (Slalom) nicht. Wobei: Der einstige Kombinations-Weltmeister wäre ohnehin kaum zur teaminternen Qualifikation angetreten. Er müsse erst wieder im Slalom auf die Beine kommen, meint der Schweizer Chefcoach Tom Stauffer.
Physisch stark wie nie
Auch Aerni hat primär den Slalom im Kopf. Seine physischen Werte sind gut wie nie zuvor; er hat den Konditionstrainer gewechselt, Patrick Flaction, langjähriger Fitnesscoach von Lara Gut-Behrami, kümmert sich um ihn. Das Skimodell ist ebenfalls neu, am Schuh sind Anpassungen vorgenommen worden. Beim Fahren aber fehle noch die Konstanz, Aerni sagt, es müsse "noch etwas gehen", damit alles zusammenpasse.
Im Sommer hätte Aerni mit dem Technikerteam nach Neuseeland reisen sollen, die Schneeverhältnisse am anderen Ende der Welt aber waren zu prekär. Stattdessen trainierte der Berner im französischen Amnéville in der Skihalle, auf dem Gletscher in Zermatt. Aerni ist voller Tatendrang, aber er sagt, er sei geduldiger geworden. Letztes Jahr sei er früh ins Grübeln geraten, habe es beim Tüfteln übertrieben. "Nach ein paar nicht zufriedenstellenden Rennen verlor ich die Überzeugung ins Material. Und ich verirrte mich ein wenig im ständigen Testen."
Nun muss Aerni wieder weiter hinten starten, so wie vor sechs, sieben Jahren. Ein wenig frustrierend sei es schon, sagt der Team-Olympiasieger von Pyeongchang, mit seiner unvorteilhaften Ausgangslage konfrontiert. Los geht es für ihn erst mit dem Slalom von Levi, in vier Wochen – ein gutes Resultat käme einer Befreiung gleich. Der letzte Winter wäre dann endlich Geschichte.