Wasserverbund Kiesental: Immer noch zu viel Pestizid im Wasser
Eineinhalb Jahre nach der Einführung der neuen Grenzwerte für die Abbauprodukte des Fungizids Chlorothalonil werden sie im Trinkwassernetz Konolfingen nur teilweise eingehalten. Auch die Erschliessung einer neuen Quelle verspricht keine Lösung. Laut Wasserverbund besteht für Konsument:innen keine Gefahr. Derweil kämpft die Syngenta vor Gericht gegen das Verbot von Chlorothalonil.
Der Wasserverbund Kiesental (WAKI) kämpft weiterhin mit zu hohen Werten bei Chlorothalonil-Abbauprodukten im Trinkwasser. Laut einer aktuellen Mitteilung haben Messungen von Anfang März ergeben, dass beim potenziell giftigen Stoff M4 der Grenzwert in zwei Fassungen, aus denen der WAKI Wasser bezieht, nach wie vor überschritten wird.
Betroffen sind, wie auch schon bei den letzten Messungen im September, das Pumpwerk in Stalden und die Quellen im Gmeis. Das Wasser aus diesen beiden Fassungen gelangt in die Versorgungszelle von Konolfingen, das heisst nach Freimettigen, Häutligen, Konolfingen, Tägertschi, Trimstein und in die untere Zone von Niederhünigen.
Bowiler Wasser hilft
Seit Februar 2020 mischt der WAKI das betroffene mit Wasser aus Bowil. Damit gelang es, in der oberen Zone von Konolfingen inklusive Konolfingen-Dorf die Konzentration von M4 zu senken. Seither werden hier die Grenzwerte eingehalten. Auch das Gebiet Tonisbach wird mit diesem verdünnten Wasser versorgt.
Keine Verbesserung gibt es jedoch in grossen Teilen der unteren Zone von Konolfingen, welche ihr Wasser direkt aus den Quellen im Gmeis und dem Pumpwerk in Stalden beziehen. Zur besseren Durchmischung fehlen hier nach Angaben des WAKI sowohl Ressourcen wie auch Mischbehälter.
Neue Quelle Chollere wird das Problem nicht helfen
Die Abklärungen zur Erschliessung von neuem, unbelastetem Wasser aus der Cholleren-Quelle in Niederhünigen gehen unterdessen weiter. Im Rahmen eines ersten Grobkonzeptes habe sich jedoch gezeigt, dass eine Mischung mit Cholleren-Wasser kaum dazu führen werde, die Konzentration der Schadstoffe unter den Grenzwert zu senken, schreibt der WAKI.
Die Erschliessung neuen Wassers war bisher der Hoffnungsschimmer am Horizont. Was, wenn nun auch das nicht reicht, um die Grenzwerte einzuhalten? "Wir gehen davon aus, dass wir damit die Belastung schon senken können. Aber vielleicht nicht unter die Grenzwerte", sagt dazu WAKI-Verwaltungsratspräsident Christoph Zürcher. Vor allem fehle dafür ein genügend grosser Mischbehälter. "Ist das der Fall, müssen wir weitere Schritte prüfen."
Filteranlage: Teuer und mit Wasserverlust
Eine mögliche Massnahme sind Filteranlagen. Solche sind mancherorts bereits im Einsatz , etwa im Seeland, wo das Wasser durch Pestizide stark belastet ist. Die Filteranlagen sind aber in Anschaffung und Betrieb teuer und werden nur eingesetzt, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Beim WAKI sind sie zurzeit noch kein Thema. "Das Problem ist nicht nur, dass die Anlagen teuer sind. Durch den Filtervorgang verliert man auch rund einen Drittel des Wassers", sagt dazu Hans Schäfer, der Geschäftsleiter des WAKI.
Herstellerin Syngenta kämpft gegen Verbot
Weiter verweist er auf den Prozess, den die Syngenta zurzeit gegen das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) führt. Der Planzenschutzmittel-Konzern will gemäss Zeitungsberichten erreichen, dass die Chlorothalonil-Abbauprodukte als unbedenklich eingestuft werden und das Verbot zurückgenommen wird.
[i] Der Grenzwert für das Chlorothalonil-Abbauprodukt M4 (oder R471811) beträgt 0.1 µg/l (Mikrogramm pro Liter). Im Pumpwerk in Stalden wurden 0.31 µg/l gemessen, in den Quellen im Gmeis 0.20 µg/l.
[i] Weiterhin hält der WAKI an der Aussage fest, die auch das BLV in einem Schreiben an die Kantone machte: "Eine unmittelbare Gesundheitsgefährdung aufgrund von Chlorothalonil-Metaboliten besteht nicht – Konsumentinnen und Konsumenten können Trinkwasser weiterhin konsumieren."