Walkringen - «Ueli» auf der Liebhaber-Bühne

Mit der Uraufführung des «Ueli» gelingt der Emmentaler Liebhaber-Bühne ein erster Höhepunkt im Gotthelf-Jahr. Die von Rudolf Stalder geschriebene Fassung der zwei Ueli-Romane begeistert.

Kathrin Schneider, Wochen-Zeitung
Die Emmentaler Liebhaber-Bühne braucht den Vergleich zu Franz Schnyders Filmen nicht zu fürchten. Schon von Beginn an packt das eindrückliche Bühnenbild mit dem angedeuteten Bauernhaus und Uelis Krankenbett, das erhöht hinter einem durchsichtigen Vorhang steht. Während vor dem Vorhang die Handlung in die Vergangenheit wechselt und Uelis Geschichte erzählt wird, dreht sich im Hintergrund der von Gewissensbissen gequälte Ueli im Bett. Eindrücklich spielt Florian Blaser den reuigen Ueli, der wegen dem Betrug am Schuldenbauer nun noch von einem Unwetter mit Hagel heimgesucht wurde. Dazu hat er wegen dem Rat des geizigen Joggelis die Ernte nicht versichert und muss nun fürchten, in den Schulden zu versinken.

Der Traum vom Reichtum

Das Geld spielt eine zentrale Rolle im Stück, oder die Gier, immer mehr Geld auf Kosten seiner Seele oder seines Gewissens anhäufen zu wollen. Vreneli, von Sonja Amacher einfühlsam gespielt, weist Ueli immer wieder auf den Wert eines reinen Gewissens oder des guten Rufs hin. «Wer dies verspielt, der kann sich im Leben nicht mehr freuen.»

Der soziale Aufstieg des Knechtes zu den Wohlhabenderen, die Verlockungen, denen es heisst auszuweichen, das schildert Gotthelf auf eine zeitlose Art und Weise.

Gespannt sind die Zuschauer auf den Joggeli, der doch in Schnyders Film unvergesslich dargestellt wurde. Franz Mumenthaler enttäuscht das Publikum keineswegs, auch Elisi, die Tochter, wird von Franziska Röthlisberger überzeugend dargestellt. Das verwöhnte Elisi, das dem Ueli schöne Augen macht und dann auf den Mitgiftjäger reinfällt, wirkt trotz allem nicht unsympathisch in ihrer Suche nach Liebe und Anerkennung.

Daneben ist es faszinierend, wie man eine Rolle auf den Dialekt fixieren kann. Dass der Baumwollenhändler von Freddie Ziegler auf der Bühne berndeutsch und nicht wie im Film baseldeutsch spricht, ist ungewohnt. So prägend kann ein Film auch nach fünfzig Jahren sein. Hervorzuheben ist sicher die geschickte Rollenverteilung, in der neben den bereits erwähnten auch Urs Ellenberger als Johannes oder Ueli Lehmann als Bodenbauer neben vielen weiteren beeindrucken.

Raffiniertes Bühnenbild

Die originellen Szenen in der Bühnenfassung sind nicht zuletzt dem raffinierten Bühnenbild von Fritz Steiner zu verdanken. Besonders gelungen ist das altertümliche Bett des Glunggenbauers und seiner Frau, das aus der Wand herausgerollt werden kann. Joggeli und seine Frau (Elisabeth Schmidt) ziehen sich jeweils in ihren nostalgischen Nachthemden ins Bett zurück, was beim Publikum an der Premiere im Rüttihubelbad ein feines Schmunzeln auslöste.
Rudolf Stalder, der selber in der Rolle des Hagelhans auftrat, schaffte es einmal mehr, ein passendes Stück zu wählen und dieses zeitgerecht auf die Bühne zu bringen. Die gelungene Inszenierung von Ulrich Simon Eggimann bietet neben guter Unterhaltung auch Stoff zum Nachdenken. Die Frage nach dem Sinn des Lebens, dem Trachten nach Geld, oder die Zufriedenheit mit dem, was man hat, sind sicher auch im Jahr 2004 wie zu Gotthelfs Zeiten aktuell.

[i] Weitere Vorstellungen im Rüttihubelbad: 30.1. / 31.1. / 13.2. / 14.2. / 20.2. / 28.2. / 6.3. / 12.3. / 13.3. je 20 Uhr, 1.2. / 15.2. / 22.2. / 29.2. / 7.3. / 14.3. je 17 Uhr. Reservationen Tel. 031 741 60 20.

www.wochen-zeitung.ch
www.ruettihubelbad.ch
www.elb.ch
www.walkringen.ch

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Erstellt: 29.01.2004
Geändert: 29.01.2004
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