Walkringen - Dem Rätsel des Lebens auf der Spur

Urformen und Urmuster charakterisieren die Werke von Walter Loosli, die in der Galerie Rüttihubelbad zu sehen sind. Sie geben Rätsel auf und stiften Sinn.

Bettina Haldemann-Bürgi, Wochen-Zeitung
So genannte Sgraffitis mit symbolischen Zeichen weisen den Weg in die Galerie. Farbige Holztafeln mit geometrischen Mustern und labyrinthischen Linien hängen im Tageslicht. An der schwarzen Wand prangen geschnitzte Schutzgeister aus Holz. Im Licht von Spotlampen tanzen Glasbilder in der Luft. Alle Werke des Künstlers stimmen einen Lobgesang auf das Leben an und vertreiben Angst und  Zweifel.

Rätseln vor geheimnisvollen Zeichen

Walter Loosli, der vielfach ausgezeichnete Künstler, ist wieder im Emmental zu Gast. Der 1932 in Chaux -d’Abel geborene und in einer Täuferfamilie aufgewachsene Künstler ist in unserer Region mit einigen Werken präsent (siehe Kasten). An der Vernissage lobte der Kunstkritiker Fred Zaugg die klare Formensprache und Symbolkraft der Bilder. «Looslis Werke wollen nicht nur geschaut, sondern gelesen werden», stellte er fest. Tatsächlich fordern die Kreise, die strengen Geraden, die geschwungene Linie den Betrachter und die Betrachterin heraus. Man fühlt sich angesprochen und versucht, die Zeichen zu deuten. «Die Urformen und Urmuster, ihre unmittelbare Ausdruckskraft und ihr tiefer Sinn begleiten mein Denken und mein künstlerisches Schaffen seit vielen Jahrzehnten», sagt Walter Loosli.

In Stein geritzt 

Wie der Bauer den Pflug tief in die Erde setzt, so bearbeitet Loosli sein Material mit verschiedenen Messern. Mit geübter Hand ritzt und schneidet er die Zeichen und Ornamente tief in den Untergrund und setzt sie an den richtigen Platz. Dann kommen die Farben hinzu, mit denen der Glasmaler meisterhaft zu spielen weiss. 

Bei einigen Bildern hat Loosli die Technik des Sgraffitos angewandt. Bei dieser Technik kratzt er die Figuren in den weichen Zement, der dann nach ein paar Stunden fest wird. «Das in Stein geritzte Relief besitzt eine bessere Tiefenwirkung als das Holz», erklärt der Künstler. 

Mit seinem Pagenschnitt, den weissen Haaren und den leuchtend blauen Augen haftet dem 83-Jährigen etwas Jugendliches an. Der Schein trügt nicht. Die Ausstellung hält Schalkhaftes und Verspieltes bereit. Die bunten Glasbilder, die in der Luft tanzen, bilden ein Gegengewicht zu den schweren Holztafeln an der Wand. Farbige Orgelpfeifen aus Holz mit Titeln wie «Sarabande», «Con spirito» und «Espressivo» stehen im Raum und sind entsprechend bemalt.

Die Freiheit des Glaubens

Anderes irritiert auf den ersten Blick. Breitbeinige Krieger, tanzende Göttinnen, Herrscher in prächtigen Gewändern und Totempfähle zieren ein Dutzend von Holztafeln. Was soll diese Anlehnung an lateinamerikanische Urvölker? Walter Loosli nimmt ein Bild von der Wand und erklärt: «Das sind alte Pultdeckel. Auf der Rückseite hat es gekritzelte Zeichnungen von Schülern. Ich habe den Lack entfernt, die Tafel geschnitzt und eingefärbt. Indianische Symbole habe ich genommen, weil mich Urvölker, die nahe an der Natur leben, immer fasziniert haben.» 

Walter Loosli bietet dem Betrachter die Freiheit des Lesens, des Denkens und des Glaubens an. Eindeutig und klar ist jedoch die Botschaft seines Werks: Der Mensch ist ein kleiner Teil eines grossen Ganzen. Das drücken die archetypischen Formen aus. «Der Mensch trägt solche urtümliche Zeichen in seiner Seele und erkennt sie», weiss Loosli. Die tiefe Überzeugung des Künstlers überträgt sich auf den Betrachter. Archaisch und verheissungsvoll spenden die Bilder Kraft und erfüllen einen mit der Gewissheit, dass es sie gibt, die mächtigen übergeordneten Kräfte.

 

Ausstellung: Walter Loosli. Reliefs, Sgraffitis, Glasbilder, Plastiken, bis 17. Mai, täglich 10-17 Uhr. Galerie Rüttihubelbad. Matinée mit dem Duo Bajazzo: Sonntag, 3. Mai, 11 Uhr. 


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Erstellt: 30.04.2015
Geändert: 01.05.2015
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