Wahlen Bolligen: Gemeindepräsident René Bergmann war der Beliebteste
Welche Parteien und Kandidierenden haben eigentlich wie viele Sitze und Stimmen erhalten? Eine detaillierte Analyse der Gemeinderatswahlen in Bolligen vom 24. November zeigt: Nach Gemeindepräsident René Bergmann folgten stimmenmässig auf Platz zwei Catherine Meyer, auf Platz drei Christoph Frech.
Das wichtigste der Bolliger Wahlen ist schon seit dem 24. November 2024 bekannt: Die GLP hat einen Sitz gewonnen, die SP einen ihrer bisher zwei Sitze verloren, die FDP konnte ihre zwei Sitze verteidigen, die Grünen, Mitte und SVP ihren einen Sitz behaupten. Auch bekannt ist, dass es bei der Sitzverteilung äusserst knapp zu und herging. Zwei Stimmen entschieden zugunsten der FDP und zuungunsten der SP.
Tönt kompliziert, ist einfach
Und das kam so: Bei der ersten Verteilung wurden 6 Mandate verteilt, es blieb das 7. Mandat als Restmandat. Gemäss der im Bolliger Wahl- und Abstimmungsreglement vorgesehenen Verteilungsmethode Hagenbach-Bischoff fällt ein Restmandat der Partei zu, die nach Division um die um 1 erhöhte Zahl der bisher zugeteilten Mandate den höheren Quotienten aufweist. Was kompliziert tönt, ist im Grunde genommen einfach:
- Parteistimmenzahl der FDP: 3339
- Parteistimmenzahl der Listenverbindung SP/Grüne: 5007
In der ersten Verteilung hatte die FDP 1 Mandat erhalten, SP und Grüne 2 Mandate. Demnach wurde die Stimmenzahl der FDP durch 2 dividiert: 3339:2=1669.5, die Stimmenzahl von SP/Grünen durch 3: 5007:3=1669
Hätte und wäre...
Das heisst: Bei einer Stimme weniger für die FDP hätten die Division bei FDP und SP/Grünen je 1669 ergeben. Auch in diesem Fall wäre das Mandat nach den Bestimmungen im Reglement (Art. 23/3) der FDP zugesprochen worden, weil sie nach der ersten Verteilung den grösseren Rest aufwies als SP/Grüne. Bei zwei Stimmen weniger für die FDP wäre aber die Listenverbindung SP/Grüne zum Zug gekommen, wie das Resultat der Division zeigt: 3337:2=1668.5. Lilianna Eggimann-Keller (SP) hätte ihren Sitz verteidigt, Petra Zimmermann (FDP) wäre leer ausgegangen.
Mit Listenverbindungen...
SP und Grüne, Mitte, GLP und EVP hatten bei diesen Wahlen ihre Listen verbunden. Eine Frage, die immer wieder auftaucht: Wie wäre die Sitzverteilung ohne diese Listenverbindungen ausgegangen? Das Resultat der entsprechenden Berechnung: Keine Veränderung. Bei der ersten Verteilung wären 5 Mandate zugesprochen worden. Von den zwei Restmandaten wäre das erste in der zweiten Verteilung an die GLP gegangen, das zweite in der dritten Verteilung an die FDP.
...und wie sähe es ohne Listenverbindungen aus?
SP und Grüne, Mitte, GLP und EVP hatten bei diesen Wahlen ihre Listen verbunden. Eine Frage, die immer wieder auftaucht: Wie wäre die Sitzverteilung ohne diese Listenverbindungen ausgegangen? Das Resultat der entsprechenden Berechnung: Keine Veränderung. Bei der ersten Verteilung wären 5 Mandate zugesprochen worden. Von den zwei Restmandaten wäre das erste in der zweiten Verteilung an die GLP gegangen, das zweite in der dritten Verteilung an die FDP.
Beliebteste Kandidierende...
Sind die Kandidierenden mit den höchsten Stimmenzahlen auch die beliebtesten? Nicht immer. Das Stimmentotal hängt stark mit der Parteistärke zusammen, häufig sind also die Kandidierenden mit den höchsten Stimmenzahlen auf der Liste der nach Parteistimmenzahlen stärksten Partei zu finden. Die FDP war in Bolligen die stärkste Partei. Ihr Gemeinderat Christoph Frech kam auf 1111 Stimmen – auf gleich viele wie Mitte-Gemeindepräsident René Bergmann.
...und wie das zustandekommt
Weil die Mitte jedoch auf deutlich weniger Parteistimmen kam als die FDP, machen diese Zahlen klar, dass Bergmann mehr Panaschierstimmen holte. Panaschierstimmen sind denn auch der beste Massstab für Popularität, weil sie handschriftlich verteilt werden. Allerdings kann die absolute Zahl der Panaschierstimmen etwas irreführend sein, weil den Kandidierenden wählerstarker Parteien weniger mögliche Panaschierstimmenlieferanten gegenüberstehen als den Kandidierenden kleiner Parteien. Die absolute Zahl der Panaschierstimmen muss also mit der Zahl parteifremder Listen abgeglichen werden. Für die 15 bestplatzierten Kandidierenden von insgesamt 30 ergibt sich eine klare Rangliste.
Mitte Platz eins, Grüne Platz zwei...
Der beliebteste Kandidat war – nicht überraschend – Gemeindepräsident René Bergmann (Mitte), der auf 1000 parteifremden Listen 292 Panaschierstimmen holte. Das heisst, dass er fast auf jeder dritten Liste, die nicht für die Mitte abgegeben wurde, einmal handschriftlich aufgeführt wurde. Auf Platz zwei liegt die Grüne Catherine Meyer. Während Bergmann auf allen parteifremden Listen gut panaschiert wurde, fällt bei Meyer auf, dass sie (wie Bergmann) von den nicht-parteibezeichneten («leeren») Listen viele Stimmen erhielt, daneben aber vor allem bei der SP auf viele Stimmen kam (134 Stimmen).
...FDP Platz drei, SVP Platz vier und SP Platz fünf
Auf Platz 3 dieser Rangliste liegt Christoph Frech (FDP), auf Platz 4 Marianne Zürcher (SVP), auf Platz 5 Carmen Dölle (SP). Noch vor der nicht wiedergewählten Lilianna Eggimann (SP) hat sich der neugewählte GLP-Gemeinderat Geo Taglioni geschoben. Eggimann liegt auf Platz 7, vor der ebenfalls neugewählten Petra Zimmermann. Unter diesen besten 15 sind sieben Frauen und acht Männer, und vertreten sind ausser der EVP auch alle an diesen Wahlen teilnehmenden Parteien.
Wie Frauen gewählt wurden...
Vier der sieben gewählten Gemeinderäte sind Frauen – Kandidatinnen waren also in diesen Wahlen nicht benachteiligt. Dennoch dokumentiert die Verteilung der Panaschierstimmen an Kandidatinnen und Kandidaten, dass es bei den verschiedenen Parteien deutlich Unterschiede gibt. Gemäss der untenstehenden Grafik wurden Frauen von der Wählerschaft der SP am besten panaschiert wurden, nämlich genau doppelt so gut wie Männer.
...und die Erklärung dazu
Dieses Resultat hat eine einfache Erklärung: In diesen 200% widerspiegeln sich vor allem die 134 Stimmen, die von der SP an die grüne Spitzenkandidatin und Gemeinderätin Catherine Meyer verteilt wurden. Auch bei der GLP, der Mitte und bei den Grünen sind Frauen besser panaschiert worden als Männer. Dagegen haben Frauen bei der FDP und der EVP im Durchschnitt nur 70% der Panaschierstimmen für Männer erreicht, bei der SVP sogar nur 40%. Wieder positiv ist das Resultat für Frauen bei den Stimmen von nicht-parteibezeichneten Listen (113%) und insgesamt für alle Panaschierstimmen (112%).
Beste Parteidisziplin...
In ihren Werbeanstrengungen versuchen alle Parteien, ihre Anhängerinnen und Anhänger vom Panaschieren abzuhalten, weil Panaschierstimmen den Herkunftsparteien verlorengehen. Bei welchen Parteien werden die entsprechenden Empfehlungen gut, bei welchen weniger gut befolgt? Die Tabelle zeigt, wieviele Panaschierstimmen auf 100 Listen von den Parteien abgegeben wurden.
...hatte die SVP
Über die beste Parteidisziplin verfügte demnach die Wählerschaft der SVP. Sie gab auf 100 Listen 73 Panaschierstimmen ab, demnach je Liste weniger als eine Panaschierstimme. Über die geringste Parteidisziplin verfügten die Personen, die sich für die Liste der GLP entschieden. Sie gaben auf 100 Listen 109 Panaschierstimmen ab, je Liste also etwas mehr als eine Panaschierstimme. Nicht überraschend zeigt diese Tabelle, dass Listenverbindungen eine Rolle spielen.
Bei der SP wurde vor der Gründung der Grünen Partei traditionsgemäss immer sehr diszipliniert gewählt, jetzt zeigt sich eine Affinität zu den Grünen – und umgekehrt. Auch bei der Mitte und GLP dürfte die Listenverbindung das Panaschierverhalten beeinflusst haben. Allerdings bildet die GLP bei Analysen dieser Art oft das Schlusslicht, was sich wahrscheinlich durch ihre Position zwischen links und rechts erklärt.
Parteiaffinitäten...
Aus den Zahlen zum Panaschierstimmentausch lässt sich auch herauslesen, welche anderen Parteien der Wählerschaft einer Partei sympathischer oder weniger sympathisch sind. In der Grafik zeigt sich, dass bei der Verteilung der Panaschierstimmen die Parteizugehörigkeit der Kandidierenden eine grosse Rolle spielt. SP und Grüne haben untereinander je 45% der Panaschierstimmen ausgetauscht. Die GLP ist in Bolligen die klassische Mitte-Partei: 50% der Stimmen an SP/Grüne, 50% an die übrigen Mitte-Parteien und an FDP/SVP. Dagegen ist «die Mitte» gemäss ihrem Panaschierverhalten eher den Bürgerlichen zuzuordnen: 29% ihrer Panaschierstimmen für SP/Grüne, 16% an die GLP/EVP und 55% an FDP/SVP.
...und ihre Auswirkungen
Weil von der EVP als wählerschwächste Partei nur wenige Panaschierstimmen verteilt wurden, dürfen die Zahlen für sie nicht überinterpretiert werden. Von der FDP gingen leicht mehr Panaschierstimmen zu SP/Grünen (15%) als von der SVP (13%). Beide haben den grössten Teil ihrer Panaschierstimmen an die Mitte-Parteien abgegeben. Bemerkenswert ist, dass die FDP klar weniger Stimmen an die SVP verteilt hat als umgekehrt (27% gegenüber 36%).