Vom Intensivbetrieb zum Naturparadies: Familie Gerber aus Oberthal feiert ein Hoffest
2003 zerstörte ein Pilz ihre Erdbeerplantage. Gerbers mussten sich neu orientieren und gaben die Intensivlandwirtschaft auf. Seit da haben sie in Oberthal ein Paradies für Tiere und Pflanzen aufgebaut. Obwohl dieses nun auch in Bedrängnis gerät, feiern sie ein rauschendes Hoffest.
Seit den 80ern bauten Niklaus (60) und Elisabeth (56) Gerber auf ihrem Hof Erdbeeren an und hielten Milchkühe. In den 90ern kamen Mastschweine und der Anbau von Heidel- und Himbeeren dazu. „In der Erdbeerhochsaison beschäftigen wir zehn bis zwölf Plückerinnen“, erinnert sich Elisabeth Gerber. Der Betrieb gab viel Arbeit und das in der Zeit, in der auch ihre vier Kinder zur Welt kamen.
Weg von der Intensivlandwirtschaft
Dann kam der Pilz. Gerbers mussten die Erdbeerplantage aufgeben. „Wir wussten auch, dass uns die hohe Arbeitsbelastung auf dem Hof kaputt machte. Wir wollten zurück zur Natur“, sagt Elisabeth Gerber. So stellten sie um auf Mutterkuhhaltung. Die Erdbeerflächen reduzierten sie stark und bieten sie seither zur Selbstplückung an.
Ein Drittel des Landes ist nun Ökoland. „Dort verwenden wir keinen Dünger“, erklärt Gerber. Das Gras sei so weniger 'aufgeblasen', weniger hoch. „Aber es ist besser. Die Blumen sind zurück, die Wiese ist voller Margariten“, sagt Gerber und man spürt in ihrer Stimme eine tiefe Freude darüber. Die Rückkehr zur Natur ist gelungen.
Spritzen würden sie nur noch die Erdbeeren, aber mit einem biologischen Düngemittel. Dass sie mit dem konventionellen Spritzen aufgehört haben, zeige sich auch in der Tiergesundheit. „Der Tierarzt kommt weniger. Wir hatten im Mai acht Geburten, alles ging gut und die Mutterkühe kalbern alleine auf der Weide“, erzählt Gerber. Die älteste Kuh sei 14 jährig und trage immer noch Kälber aus. Milchkühe würden meist nur fünf, sechs Jahre alt.
Der Hof ist nur noch Nebenerwerb
Vom Verkaufserlös der Erdbeeren und der Kälber allein könnten Gerbers aber nicht leben. Niklaus und Elisabeth Gerber gehen ausserhalb des Hofs ihrem Haupterwerb nach. Niklaus Gerber ist Lastwagenführer bei Kehrli und Oeler in Bern, Elisabeth Gerber arbeitet 40 Prozent im Altersheim Alenia in Gümligen als Pflegerin. Auch der älteste Sohn Christoph (35) arbeitet trotz bäuerlicher Ausbildung nun bei der Garaventa als Werkstattleiter.
Trotzdem helfen alle Gerbers auf dem Hof mit. Zum Beispiel bei den Hochzeitsapéros, die sie seit einem Jahr anbieten. Besondere Familiensache ist aber das Hoffest, welches nächstes Wochendende zum fünften Mal stattfindet.
„Dieses Jahr machen wir es zum ersten Mal zwei Tage lang, damit sich der grosse Aufwand auch lohnt“, sagt Elisabeth Gerber. Alle ihre Kinder und deren Partner helfen dabei tatkräftig mit. „Wir haben es jeweils mega lustig dabei“, sagt Gerber.
Höhepunkt Hoffest
Dieses Jahr finde das Fest etwas später statt wegen den Erdbeeren, die bei ihnen oben bis zu zwei Wochen später reif seien als beispielsweise in Oppligen unten. Sie hofft zudem auf gutes Wetter. „Letztes Jahr hatten wir wegen dem schlechten Wetter wenig Besucher.“
Damals konnten sie auch die Helikopterflüge nicht durchführen, die zu den Highlights des Fests gehören. Ihr zweitältester Sohn Dominic (35) ist Einsatzleiter bei Swiss Helicopter in Belp und organisiert die Flüge zum Spezialpreis. „Die Piloten können so auf ihre Flugstunden kommen und unsere Gäste nutzen die Chance auf einen einzigartigen Blick von oben rege“, sagt Elisabeth Gerber. Man sehe die Alpen besonders gut, Eiger, Mönch und Jungfrau.
Ofenfrische Züpfe und Jodelgesang
Für das Fest habe sie mal 200 Steaks und 300 Bratwürste bestellt. „Vielleicht sind diese am Samstag auch schon weg, dann bestelle ich nach“, sagt sie. Verhungern wird sicher niemand. Gerbers backen für das Fest selber Brot, machen Erdbeerkuchen und Kartoffelsalat. Elisabeth Gerbers Schwester Doris Eggimann kommt am Samstag mit einem fahrbaren Holzofen und backt auf dem Hof frische Züpfe.
Das Festvolk wird auch musikalisch unterhalten. Unter anderem tritt der Jodlerklub Blasenfluh Oberthal auf. „Mein Mann ist seit rund dreissig Jahren Mitglied des Chors“, rechnet Elisabeth Gerber aus.
Für die Kinder werden Siloballen zum Bemalen aufgestellt. „Es ist jeweils lustig wenn dann im Winter die bemalten Ballen wieder zum Vorschein kommen“, freut sich Elisabeth Gerber auf die Kunstwerke der Kinder. Das älteste ihrer vier Grosskinder Kiana (3) dürfte sich da wohl auch verewigen.
Herausforderung Landverlust
Trotz der Vorfreude auf das grosse Fest gibt es einen Wermutstropfen, mit dem Gerbers konfrontiert sind. „Einer unserer Verpächter will sein Land nun für seinen eigenen Sohn zurück“, erzählt Gerber. Damit verliert der Hof einen Drittel seines Landes.
„Zuerst war es ein Schock“, sagt sie. „Aber es muss wohl so sein. Wir mussten schon so oft etwas ändern, dass wir bestimmt eine Lösung finden.“ Eines ist dabei aber schon klar: „Unser eigenes Land würden wir nie, nie, nie weggeben.“
[i] Zum Veranstaltungseintrag des Hoffests auf BERN-OST
[i] Weitere Informationen für Hochzeitsapéros und Raummieten auf BERN-OST
[i] Zur Webseite des Hofs Gerber