Utzigen - Ein Hof mit bedrohten Tierarten

Ob Rinder, Schafe, Geissen oder Hühner – alle Tiere auf dem Hof von Familie Stettler in Utzigen sind eine Rarität. Gemeinsam mit Pro Specie Rara bietet die Familie Tierpatenschaften an, um die seltenen Rassen erhalten zu können.

Tobias Veitinger / Berner Zeitung BZ
Es geht hoch her auf dem kleinen Hof im vorderen Wuhl in Utzigen, den Adrienne und Philipp Stettler seit zwei Jahren bewohnen. Denn neben ihrer einjährigen Tochter Anaïs haben Stettlers noch weitere Schützlinge.

Die beiden Berberpferde Dacsa und Okhtar grasen friedlich auf der Weide. Riesenhund Bucho, ein Landseer, macht mit tollpatschiger Betriebsamkeit die Küche unsicher. Den Stall teilen sich sechs Evolèner Rinder mit dem Kupferhalsziegenbock Caruso sowie mit seinen Gespielinnen, den Schwarzhalsgeissen Enzian und Edelweiss. Einige Walliser Landschafe bevölkern den Unterstand.

Im Hof scharren acht Schweizerhühner um den stolzen Güggel Hansi. Zwei Kaninchen, Schweizer Schecken, mümmeln im Gras. Auf Streifzug ist Nelson, der Kater.

Caruso: Einer von nur 60

Die meisten von Stettlers über 40 Tieren gehören seltenen, einige sogar vom Aussterben bedrohten Rassen an. Pro Specie Rara, die Schweizerische Stiftung für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren, versucht diese Arten durch Zuchtprogramme zu erhalten. Mit Tierpatenschaften kann jeder dabei mithelfen (siehe Kasten).

Von den genügsamen und gebirgsgängigen Evolèner Rindern gibt es heute weltweit nur noch rund 500 Tiere. Sie sind stämmig, meist rot, manchmal auch schwarz mit weissen Flecken am Bauch und am Schwanz. Die uralte Walliser Rasse ist eng mit den Eringern verwandt und fast ebenso kampflustig wie diese. «Sie sind sehr temperamentvoll, lieb und stark auf den Menschen bezogen», sagt Adrienne Stettler.

Ebenfalls ein Walliser ist Caruso, der einjährige Kupferhalsziegenbock. Seine Farbe weist auf die Kupferziege, den genetischen Vorfahr der berühmten Schwarzhalsziege hin. Die Kupferhalsziege unterscheidet sich von der Schwarzhalsziege nur in der Fellfärbung des Vorderteils. Der neugierige und lebhafte Caruso ist einer von nur noch 60 seiner Art.

Und auch die Schweizerhühner, die bei Stettlers die Ostereier legten, sind seltenes Federvieh. Das sogenannte Selbstversorgerhuhn liefert viele Eier und gutes Fleisch. Seine Nationalität trägt es mit schneeweissem Gefieder und kräftig rotem Kamm stolz zur Schau. Es war besonders in den Jahren der beiden Weltkriege sehr beliebt, verschwand danach aber fast vollständig aus Schweizer Hühnerhöfen.

Hobby und Leidenschaft

Für Stettlers sind die Pflege und die Zucht solcher seltenen Tierrassen ein Hobby. Die Kosten lassen sich durch die Einnahmen aus dem Verkauf einiger Tiere nicht decken. Darum kann Stettler, der als Betriebswirt bei der Post arbeitet, seinen Anzug nur am Wochenende gegen den Overall tauschen. Die Arbeit mit den Tieren ist für ihn Erholung: «Mit dem Hof haben wir uns einen alten Wunsch erfüllt, und es ist ein guter Ausgleich zu meiner Büroarbeit.»

Artenvielfalt erhalten

Adrienne Stettler ist sieben Tage die Woche im vorderen Wuhl Bäuerin und dazu noch rund um die Uhr Mutter. Sie erzählt, wie sich ihre Leidenschaft zu seltenen Tierrassen entwickelte: «Ich habe als Kind auf dem Hof meines Grossvaters den Bezug zu Tieren mit bekommen.» Mit ein Grund, wieso sie Biologie studierte. «Im Studium wurde ich auf die Bedeutung der Artenvielfalt aufmerksam.»

Und dann kam eines zum anderen: Bucho, der Hund, Okhtar, das Pferd, sowie die Freude am Ausgefallenen, Besonderen und Schützenswerten.

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Erstellt: 06.04.2010
Geändert: 06.04.2010
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