Unfall in Utzigen - «Himmeltraurig, ja, aber es ist so»

Er fuhr einige Meter rückwärts, um auf einem schmalen Nebensträsschen in Utzigen einem entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen – und übersah eine Velofahrerin. Das neunjährige Mädchen starb. Nun ist der Unfallverursacher schuldig gesprochen worden.

Walter Däpp / Der Bund
«Tragisch – niemand hat es gewollt»: So begann Franz Müller, der Anwalt des 62-jährigen Angeschuldigten, sein Plädoyer. Er sprach von einer «Ausnahmesituation» und von einer «denkbar ungünstigen Konstellation» an jenem 9. Juni 2008 um 12.20 Uhr auf der schmalen Naturstrasse beim Moosacker in Utzigen. Es sei allerdings erwiesen, dass sein Mandant mit seinem Tiertransporter das Kind «so angefahren hat, dass es starb».

Freispruch verlangt

Der Mann habe jedoch die Rückspiegel konsultiert, sei langsam zurückgefahren und habe an diesem verkehrsarmen und kaum besiedelten Ort nicht mit dem plötzlichen Auftauchen eines Kindes rechnen müssen. Insbesondere sei der im Strassenverkehrsgesetz in solchen Situationen vorgeschriebene Beizug einer Hilfsperson nicht möglich gewesen, denn: «Es war niemand da.» Müller ersuchte das Gericht deshalb, die Verkehrsregeln «vernünftig zu interpretieren» und den bislang unbescholtenen und nicht im Geringsten alkoholisierten Mann freizusprechen.

«Geringes Verschulden», aber . . .

Gerichtspräsidentin Christine Schaer war jedoch anderer Meinung. Sie sprach zwar – trotz tragischem Ausgang des Unfalls – von einem «geringen Verschulden», sprach den Lieferwagenfahrer aber der fahrlässigen Tötung schuldig und verurteilte ihn zu zehn Tagessätzen à 80 Franken bedingt – bei einer Probezeit von zwei Jahren – und zur Übernahme der Verfahrenskosten in der Höhe von 10200 Franken.

Christine Schaer kam zum Schluss, der Mann habe «unbewusst fahrlässig» gehandelt. Laut Strassenverkehrsgesetz sei es «bei Fahrzeugen mit beschränkter Sicht nach hinten» unabdingbar, beim Rückwärtsfahren eine Hilfsperson beizuziehen. Im konkreten Fall sei die Sicht des Lenkers aber nicht nur eingeschränkt, sondern überhaupt nicht vorhanden gewesen: «Man hätte also nicht ohne Hilfsperson rückwärtsfahren dürfen – oder zumindest vor der Fahrt aussteigen müssen», urteilte die Gerichtspräsidentin.

Vor Gericht bedauerte der Mann «das, was passiert ist». Es sei «himmeltraurig, ja, aber es ist so», sagte er. Und: Seither gehe es ihm nicht gut. An jenem Tag habe er in der Nähe der Unfallstelle «noch ein Kalb aufgeladen» und sei dann «auf diesem schmalen Natursträsschen» weggefahren. Um der entgegenkommenden Autofahrerin beim Kreuzen Platz zu machen, habe er in den Rückspiegel geschaut und sei rückwärtsgefahren.

«Niemanden gesehen»

Auf die Bemerkung der Richterin, er habe dabei «den Bereich hinter dem Fahrzeug nicht überblicken können», meinte er: «Ich bin schon oft so gefahren. Und auch diesmal habe ich niemanden gesehen und niemanden vermutet.»

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Erstellt: 09.07.2009
Geändert: 09.07.2009
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