Trimstein - Heiraten? Und wenn ja, wen?

Fusion oder Eigenständigkeit? Am Montag stimmt die Gemeindeversammlung Trimstein über die Zukunft der Gemeinde ab. Entscheidet sich das Volk für die Fusion, stellt sich die Frage, mit wem.

Lisa Stalder / Der Bund
Fusionieren oder doch lieber eigenständig bleiben? Mit dieser Frage hat sich der Gemeinderat von Trimstein in den vergangenen Monaten intensiv auseinandergesetzt. Denn eigentlich ist die Gemeinde zu klein, um eigenständig zu sein. Dennoch wollte sich der Gemeinderat nicht einfach so geschlagen geben und prüfte daher, wie die Entwicklung als eigenständige Gemeinde aussehen könnte. Doch bevor nun konkrete Pläne für die Eigenständigkeit ausgearbeitet oder bereits Fusionsgespräche aufgenommen werden, ist die Meinung der Bevölkerung gefragt. Am Montag stimmt die Gemeindeversammlung ab, ob die 500-Seelen-Gemeinde fusionieren soll oder eben nicht.

Sollte sich das Volk für die Fusion entscheiden, muss sich der Gemeinderat mit einer weiteren Frage befassen: Mit welcher Gemeinde soll Trimstein künftig zusammenspannen? Für Rüti bei Riggisberg war der Fall klar: Als Fusionspartnerin kam nur Riggisberg infrage. Auch die Bewohner von Belpberg – die am 3. Dezember über eine Fusion befinden – könnten sich wohl keine andere Gemeinde für eine «Heirat» vorstellen als Belp. Gleiches galt für die inzwischen zu Wichtrach fusionierten Gemeinden Nieder- und Oberwichtrach. Für Trimstein ist die Ausgangslage etwas komplizierter, denn es gibt gleich drei potenzielle Fusionspartnerinnen: Münsingen, Rubigen und Worb.

Vergangenheit als Hypothek

«Jede dieser drei Gemeinden hat für uns Vor- und Nachteile», sagt Trimsteins Gemeindepräsident Peter Baumann (parteilos). Mit Rubigen verbindet Trimstein eine gemeinsame Vergangenheit: Bis Ende 1992 bildeten die drei Viertelsgemeinden Rubigen, Allmendingen und Trimstein die Einwohnergemeinde Rubigen. Obwohl die wenigsten der gemeinsamen Zeit nachtrauern, sind die Erinnerungen daran gut: «Unsere Gemeinde hat damals gute Erfahrungen gemacht», sagt beispielsweise der heutige Rubiger Gemeindepräsident Renato Krähenbühl (bdp). Auch heute, 16 Jahre nach der Trennung, würden gewisse Aufgaben geteilt; so befinde sich die AHV-Zweigstelle der beiden Gemeinden in Rubigen. Er könnte sich gut vorstellen, die Zusammenarbeit mit Trimstein künftig zu vertiefen. Rubigen habe aber nicht die Absicht, Trimstein zu übernehmen. «Die Initiative muss von ihnen ausgehen.»

Doch gerade die gemeinsame Vergangenheit könnte einer Heirat der beiden Gemeinden im Wege stehen. Denn wie der «Bund» am 11. Januar 1993 schrieb, war die Einwohnergemeinde Rubigen «ein komplexes Gebilde (...) mit einer äusserst unübersichtlichen Aufteilung der Kompetenzen und Zuständigkeiten». Obwohl die drei Dörfer für weit über hundert Jahre zusammengehörten, seien sie nie sehr stark verwachsen gewesen, heisst es im Artikel weiter. Den Anstoss zur Trennung sei damals von Trimstein ausgegangen, ist einem weiteren «Bund»-Artikel vom 3. Dezember 1992 zu entnehmen. Die kleinste und finanzschwächste Gemeinde habe sich benachteiligt gefühlt, weil sich der kantonale Finanzausgleich und die Subventionssätze nach den Indexwerten der «reicheren» Einwohnergemeinde richteten.

Worb wohl nicht erste Wahl

Auch Worb käme für eine Fusion infrage, liegen doch die beiden Dorfzentren nicht einmal vier Kilometer auseinander. In einem Bereich sind die Einwohnerinnen und Einwohner Trimsteins bereits heute auf Worb angewiesen – im öffentlichen Verkehr. Pendler, die ihr Auto zu Hause lassen möchten, müssen den Zug beim Bahnhof Worb SBB nehmen. Trimstein verfügt bis heute über keinen eigenen ÖV-Anschluss; dies, obwohl die S-Bahn-Linie mitten durch das Dorf führt.

Worbs Gemeindepräsident Niklaus Gfeller (evp) glaubt, dass ein Zusammenspannen mit Trimstein die Struktur der Gemeinde Worb nicht allzu stark beeinflussen würde, da bereits heute zahlreiche ländliche Ortsteile zur Gemeinde gehörten. Es sei «denkbar und diskutierbar», dass Teile der Verwaltungsarbeit Trimsteins durch die Worber Gemeindeverwaltung abgewickelt werden könnten. Gfeller glaubt aber nicht, dass Trimstein eine Fusion mit Worb suche, habe sich die kleine Gemeinde in der Vergangenheit doch eher Richtung Aaretal orientiert. Auch Peter Baumann macht ein Fragezeichen hinter eine Fusion mit Worb. Besonders ältere Bewohnerinnen und Bewohner Trimsteins würden sich wohl dagegen wehren, glaubt er. Sie fühlten sich von Worb stiefmütterlich behandelt.

Bleibt also Münsingen: Gemeindepräsident Erich Feller (freie wähler) steht einer möglichen Fusion mit Trimstein sehr offen gegenüber: «Von einem Zusammenschluss könnten beide Gemeinden profitieren.» Zumal bereits heute in vielen Bereichen zusammengearbeitet werde. So besuchen die Oberstufenschüler Trimsteins seit jeher die Schule in Münsingen, und kürzlich haben sich die Feuerwehren der beiden Gemeinden zusammengeschlossen. Einziger Nachteil: Eine direkte Strassenverbindung fehlt. Sollte Trimstein mit Münsingen fusionieren, gäbe es hier «grossen Handlungsbedarf», sagt Feller. Doch er ist überzeugt, dass dieses Problem gelöst werden könnte.

Obwohl sich Feller eine Fusion mit Trimstein gut vorstellen kann, betont auch er, dass der Impuls von Trimstein ausgehen müsse. Angesichts der bestehenden Beziehungen mit Münsingen sei dies wohl die «vernünftigste Fusionslösung», findet Baumann.

Schule soll im Dorf bleiben

Doch noch ist nicht sicher, ob der Gemeinderat von Trimstein überhaupt Fusionsverhandlungen aufnehmen wird. Er könne derzeit nur schlecht abschätzen, in welche Richtung es an der Gemeindeversammlung gehen werde, sagt Baumann. In der Gemeinde sei es erstaunlich ruhig, das Thema werfe keine hohen Wellen. «Doch die Bevölkerung sieht die Notwendigkeit, dieses Thema zu diskutieren.» Zahlreiche Leute hätten ihm gesagt, dass sie «mit dem Herzen selbstständig bleiben» möchten, der «Kopf aber eine Fusion» bevorzuge. Im Moment sei der Finanzhaushalt zwar gesund, dennoch sehe eine Zukunft als eigenständige Gemeinde eher düster aus. «Für ein gutes Steuersubstrat hat es zu wenig Einwohner», sagt Baumann. Und mit dem vergleichsweise hohen Steuerfuss von 1,89 Einheiten sei Trimstein für mögliche Zuzüger wohl nicht erste Wahl.

Gegner befürchten hingegen, dass Trimstein bei einer Fusion seine Schule schliessen müsste. Deren Zukunft stand schon mehrmals auf der Kippe. Vielen bereitet zudem Sorgen, dass sie bei der Gestaltung des Dorfes künftig nur noch am Rande mitreden dürfen. Deshalb sei es vielen ein Anliegen, dass Trimstein vor einer möglichen Fusion noch seinen Ortsplan revidiert (siehe Kasten). Baumann ist aber zuversichtlich, dass es für diese Probleme zufriedenstellende Lösungen geben wird. Dann werde es wohl auch keinen grossen Widerstand gegen die Fusion geben.

Geht es nach dem Gemeinderat, wird er schon bald Gespräche über eine mögliche Fusion aufnehmen.

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Erstellt: 21.11.2009
Geändert: 21.11.2009
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