Interview mit Tom Lüthi: "Ich muss immer bereit sein"

Der Titelgewinn 2020 der Moto2 war das Ziel von Tom Lüthi. Doch wegen Corona war die Saison nach einem Rennen für den Sportler aus Linden schon unterbrochen  oder gar vorbei? Noch hat die Vermarktungsgesellschaft Dorna keinen Entscheid gefällt. Wie Lüthi mit dieser Unsicherheit umgeht und sich in diesen Tagen fit hält, erzählt er im Interview mit BERN-OST.

Adrian Kammer, adrian.kammer@bern-ost.ch

Wegen der Corona-Krise finden derzeit keine Rennen statt. Wie siehst du die Chancen, dass diese Saison noch durchgeführt werden kann?

Tom Lüthi: Diese Frage ist schwer zu beantworten. Ich weiss natürlich genau so wenig wie wir alle, wohin sich diese Situation noch entwickeln wird. Spekulationen machen in der jetzigen Situation auch wenig Sinn. Wir vertrauen im Moment voll und ganz auf die Dorna, denn wir wissen, dass die verantwortlichen Personen alles daransetzen, in den Rennalltag zurückkehren zu können, sobald es die Umstände zulassen. Und ich hoffe natürlich, dass dies möglichst bald ist. Aber die Chancen abzuschätzen, ob und wann das sein wird, das kann auch ich leider nicht.
 

Wie gehst du mit der Unsicherheit um?

Lüthi: Ich versuche, mich nicht zu sehr in der Situation zu verlieren. Wie gesagt, alle Spekulationen oder Theorien ändern nichts am Verlauf dieser Krise. Im Moment konzentriere ich mich darauf, das Beste aus der Situation zu ziehen und für alle Szenarien bestmöglich vorbereitet zu sein, vor allem, was das Fitnesstraining angeht.
 

Wie schwierig ist es zu trainieren, wenn man nicht genau weiss wann und wo es weitergeht?

Lüthi: Das ist in der Tat alles andere als einfach. In der Wintersaison weisst du ganz genau, auf welches Datum hin du trainieren musst, um genau dann fit zu sein, wenn es wieder los geht mit Tests und Rennen. Jetzt ist es so, dass theoretisch jeden Tag die Meldung kommen kann, dass wir wieder testen können. Ich muss also immer fit genug sein, um wieder durchstarten zu können, darf aber auch nicht zu viel trainieren, um im entscheidenden Moment nicht zu müde zu sein. Eine Gratwanderung, die ich dank meinem Trainer aber aktuell sehr gut meistern kann.
 

Du hattest hohe Ziele vor der Saison. Wie gross war die Enttäuschung, als es kaum los ging und schon wieder vorbei, bzw. unterbrochen war?

Lüthi: Die war sicher sehr gross. Am Anfang hat es sich schon so angefühlt, als würde man in ein Loch fallen, weil keiner wusste, was jetzt passiert. Inzwischen haben wir uns aber alle wieder gefangen und versuchen, nach vorne zu schauen und auf alles möglichst gut vorbereitet zu sein.
 

Wie stehst du im Moment mit dem Team in Kontakt? Kann man die freie Zeit trotzdem irgendwie produktiv nutzen?

Lüthi: Meine Tage nutze ich auf jeden Fall so gut wie möglich fürs Training. Natürlich stehe ich auch regelmässig mit dem Team in Kontakt, was wichtig ist – schon nur wegen den Partnern und Sponsoren, die ebenfalls auf dem Laufenden gehalten werden müssen. Viel zu besprechen wird es aber erst dann wieder geben, wenn wir einen Anhaltspunkt haben, wann und wo es mit der Rennerei weitergeht.

Wie sieht dein momentaner Tagesablauf aus?
Lüthi: Grundsätzlich sehen meine Tage immer ähnlich aus: Ich habe das Glück, im Fitnessstudio meines Trainers unter strengen Auflagen noch trainieren zu können. Das nimmt schon einen grossen Teil meiner Tagesroutine ein. Ab und zu trainiere ich draussen, bin mit dem Mountainbike unterwegs – und sonst kann ich mich sehr gut mit Arbeiten rund ums Haus beschäftigen. Langweilig wurde es mir glücklicherweise bisher noch nicht.

 

Was ist dein Rezept, dass einem die Decke nicht auf den Kopf fällt?

Lüthi: Ich bin, wie gesagt, natürlich viel am Trainieren. Da ich aktuell die Zeit habe, liegen auch mal längere Bike-Touren oder ausgedehntere Trainings drin – wobei ich natürlich immer auch aufpassen muss, nicht zu viel zu machen. Wichtig ist für mich, dass ich mich nicht in die Situation hineinsteigere. Ich versuche, mich auf das zu fokussieren, was aktuell in meinen Händen liegt, und das ist das Training.
 

Wie sehr musst du deine sozialen Kontakte einschränken? Wie handhabt ihr das in der Familie?
Lüthi: Mir geht es damit eigentlich nicht anders, als allen anderen – ich versuche schon, mich so weit wie möglich von sozialen Kontakten fernzuhalten. Meine Eltern sehe ich, wenn, dann auch nur auf Distanz. Bei Freunden sind es einige wenige, mit denen ich ab und zu eine Biketour mache. Aber auch da natürlich immer mit der nötigen Vorsicht.
 

Auf was freust du dich am meisten, wenn die Corona-Zeit vorbei ist?
Lüthi: Diese Frage ist einfach zu beantworten: Definitiv auf das erste Rennen und grundsätzlich darauf, endlich wieder auf dem Motorrad zu sitzen.


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Erstellt: 28.04.2020
Geändert: 01.05.2020
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