Tödlicher Unfall in Beitenwil: Lastwagenchauffeur verurteilt
Drei Jahre nach dem Unfall in Beitenwil, bei dem eine Fussgängerin starb, wurde der Fall am Regionalgericht verhandelt. Der Lastwagenchauffeur wurde zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.
Am Dienstag, 14. Oktober 2020 geschah in Beitenwil, was viele schon lange befürchtet hatten. Eine Besucherin war unterwegs zur sozialtherapeutischen Gemeinschaft Humanushaus. Als sie aus dem Bus stieg und die Kantonsstrasse überquerte, wurde sie von einem Lastwagen erfasst. Die 78-Jährige verstarb noch auf der Unfallstelle.
Einen Fussgängerstreifen gab es damals noch nicht, obwohl sich das anliegende Altersheim Landblick und das Humanushaus schon lange dafür eingesetzt hatten. Gut ein Jahr nach dem Unfall wurde, nach langen Verhandlungen mit der Eigentümerschaft des Restaurants Kreuzpintli, ein provisorischer Streifen aufgemalt, voraussichtlich 2024 soll es eine definitive Lösung mit Streifen und Mittelinsel geben. (BERN-OST berichtete.)
Bedingte Geldstrafe
Am Mittwoch, fast drei Jahre nach dem Unfall, stand der Lastwagenchauffeur vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland. Er wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 120 Franken verurteilt, was 4800 Franken entspricht. Die Verfahrens- und Anwaltskosten gehen in die Tausende von Franken, schreibt die Berner Zeitung BZ, die die Verhandlung am Gericht verfolgt hat.
Er sei direkt hinter dem Postauto gefahren und beim Halt, wie er das in der Ausbildung gelernt habe, extra nah aufgefahren, damit niemand zwischen seinem Lastwagen und dem Postauto die Strasse überquere. Als das Postauto nach 45 Sekunden weiterfuhr und er ihm folgte, habe er ein Rumpeln gespürt, angehalten und die leblose Person entdeckt.
2,5 Sekunden im Blickfeld
Laut Rekonstruktion des Falls hätte er die Frau trotz geringem Abstand zum Postauto zwei mal kurz sehen können, als sie vor seinen Lastwagen lief. Insgesamt 2,5 Sekunden sei sie in seinem Blickfeld gewesen. Die Gerichtspräsidentin bezweifelte weiter, dass der Chauffeur das nahe Auffahren so gelernt habe, da man mit mehr Abstand den besseren Überblick habe.
Die Verteidigung des Chauffeurs argumentierte laut BZ, dass der Beschuldigte die Situation geprüft habe, in den 2,5 Sekunden aber vielleicht in den Rückspiegel geschaut habe. Da ausserdem die Fussgängerin eine Verkehrsregel verletzt habe, indem sie an dieser Stelle die Strasse überquerte, treffe ihn keine Schuld.
Sorgfaltspflicht verletzt
Die Gerichtspräsidentin urteilte, dass der Beschuldigte seine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Im Bereich der Haltstelle sei besondere Vorsicht geboten, gerade wenn es keinen Zebrastreifen gebe. Fussgänger:innen sei es erlaubt, abseits von Zebrastreifen die Strasse zu überqueren und Fahrzeuge hätten die gesetzliche Pflicht, ihnen das Überqueren «in angemessener Weise» zu ermöglichen. Ihr Urteil: «Er kann nicht so aufmerksam gewesen sein, wie er geltend machte. Sonst hätte er die Frau gesehen.»
[i] Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte kann innert 10 Tagen beim Berner Obergericht Berufung einreichen.