Thymian auf dem Grab der Mutter: In Worb ist man streng nach Vorschrift tot
Die Gemeinde Worb verlangt von Rita Indermühle (44), die Umrandungssteine vom Grab ihrer Mutter zu entfernen. Die Gestaltung sei nicht konform.
Das Grab auf dem Friedhof Worb ist noch frisch. Es ist schlicht, aber liebevoll gestaltet. Der blütenweisse Kies ist eingefasst von faustgrossen Jurasteinen. Frische Blumen und zwei ewige Lichtlein zeugen noch von der Beerdigung. Hier liegt Ursula Indermühle († 66). Sie verstarb am 16. Juli an Krebs. «Wir haben eine schwierige Zeit hinter uns. Sie starb fünf Wochen nach der Krebsdiagnose», sagt ihre Tochter Rita Indermühle (44).
Und zum grossen Schmerz kommt jetzt noch grosser Ärger hinzu. Denn kürzlich erhielt Indermühle einen Anruf von der Gemeinde. «Man teilte mir mit, meine Grabgestaltung sei nicht zulässig», sagt Indermühle. «Mir fiel fast der Hörer aus der Hand.» Sie kann nicht verstehen, warum die Umrandung für das Grab ihrer Mutter nicht zulässig sein soll. «Da steckt viel Herzblut drin.»
Tatsächlich aber ist die Gestaltung nicht konform: «Unser Friedhofreglement ist klar. Die Umrandung des Grabs wird einheitlich von der Friedhofgärtnerin gepflanzt und gepflegt. Die Gestaltung des inneren Teils ist Sache der Angehörigen», sagt Roland Frey, stellvertretender Leiter der Polizeiabteilung der Gemeinde Worb.
Einheitsgrab-Zwang
Für Rita Indermühle ein Schock: «Die Gemeinde verlangt von mir, dass ich die Umrandungssteine entferne und das Grab stattdessen mit grünem Thymian einfasse. Wie alle anderen Gräber auch. Das hätte meiner Mutter nicht gefallen. Sie hasste dieses Grünzeug», so die Tochter.
Was Rita Indermühle aber besonders wütend macht: «Mein verstorbener Mann liegt seit 22 Jahren in einem Grab in der Gemeinde Schönbühl. Dort ist die Steinumrandung überhaupt kein Problem.»
Über den Einheitsgrab-Zwang in Worb schüttelt sie nur den Kopf: «Das ist kleinkariert und penibel. Warum dürfen wir unseren verstorbenen Angehörigen kein ehrendes Andenken bewahren und mit dem Grabschmuck ihrer Individualität gerecht werden?»
Einen kleinen Trost gibts für Indermühle: Der Kies darf bleiben. «Der stammt aus einem Aquariumgeschäft, und er bleibt auch bei Regen schön weiss.»