Stettlen - Hess darf bleiben. Wenn er will.
Das Volk sagt Ja zur Aufhebung der Amtszeitbeschränkung. Damit kann BDP-Gemeindepräsident Lorenz Hess nächsten Herbst wieder kandidieren. Die SVP hatte vehement für die Amtszeitbeschränkung gekämpft.
Nationalrat Lorenz Hess (BDP) ist seit 2001 nebenamtlicher Gemeindepräsident von Stettlen, seit drei vollen und einer angefangenen Amtszeit also. Gemäss bisherigem Recht hätte er im nächsten Herbst nicht mehr zur Wiederwahl antreten dürfen. Denn Stettlens Organisationsreglement sieht eine Beschränkung von höchstens drei vollen und allenfalls einer angefangenen Amtsdauer vor.
Die von 166 Leuten besuchte Gemeindeversammlung hat die Amtszeitbeschränkung gestern mit grossem Mehr zu 18 Gegenstimmen aufgehoben. Das Volk folgte dem Antrag des Gemeinderats. Dieser argumentierte, dass es immer schwieriger werde, Leute für politische Gremien zu finden, und man deshalb niemanden zum Rücktritt zwingen wolle. Ausgelöst worden sei die Diskussion, weil sich gemeinderatsintern keine Nachfolge fürs Gemeindepräsidium abzeichne.
SVP will kandidieren
Die SVP war allerdings gar nicht einverstanden und wehrte sich mit einem Flugblatt gegen eine Aufhebung der Amtszeitbeschränkung. In jedem Gremium brauche es regelmässige Wechsel, argumentierte die Partei. Und: «Wir brauchen keine Lex Hess.» Lorenz Hess solle nicht auf Lebzeiten Gemeindepräsident bleiben können. Die Behauptung, dass sich keine Nachfolge für das Gemeindepräsidium finde, sei falsch: Die SVP werde im nächsten Herbst eine Kandidatin oder einen Kandidaten für dieses Amt stellen.
Dafür infrage kommt unter anderem Barbara Marti, die einzige SVP-Gemeinderätin. Sie sage zwar nicht zum Vornherein Nein zu einer Präsidentschaftskandidatur, erklärt sie gegenüber dieser Zeitung. Es gehe hier aber nicht um sie. Die SVP stehe auch mit anderen Leuten in Kontakt, die für das Amt infrage kämen. Marti ist überzeugt, dass auch andere Parteien eine Kandidatin oder einen Kandidaten für Hess’ Nachfolge finden würden.
«Steht auf!»
An der Gemeindeversammlung waren die Voten für eine Aufhebung der Amtszeitbeschränkung allerdings deutlich in der Mehrheit. «Es kann nicht im Interesse der Gemeinde sein, dass man motivierte und engagierte Leute nicht mehr wiederwählen darf», erklärte beispielsweise der Sprecher der FDP. Ein anderer Bürger hielt ihm entgegen, die Amtszeitbeschränkung sei «die beste basisdemokratische Errungenschaft» und fördere den Wettbewerb unter den Kandidaten. «Dann sollen jetzt alle aufstehen, die ein Amt übernehmen wollen», konterte ein anderer Bürger. Die Leute blieben sitzen.
Wie entscheidet sich Hess?
Bei der Aufhebung der Amtszeitbeschränkung gehe es nicht um ihn, betont auch Lorenz Hess. «Zu behaupten, ich wolle auf Lebzeiten Gemeindepräsident bleiben, ist abstrus», erklärt er gegenüber dieser Zeitung. Vielmehr bestehe in Stettlen wie in vielen anderen Gemeinden ein grundsätzlicher Mangel an Kandidaten für politische Ämter. Vor zwei Jahren habe sich dieses Problem auch bei der Nachfolge fürs Gemeindepräsidium abgezeichnet. Keines der bisherigen Gemeinderatsmitglieder habe eine Kandidatur fürs Präsidium angekündigt. So sei die Idee entstanden, die Amtszeitbeschränkung aufzuheben.