Stettlen - Grosser Ärger um die kleinen Wegweiser

Ein Wirt wollte in Stettlen einen gelb-braunen Hotelwegweiser montieren. Der Kanton hat das Gesuch abgelehnt – und wird nun wohl Hunderte andere Wegweiser wegräumen lassen. Als Erstes bekommt dies Bolligen zu spüren.

Markus Zahno, Berner Zeitung BZ

Unterhalb des Bantigers, fernab der Hauptverkehrsachsen, liegt der Weiler Ferenberg. Hier haben Andreas Rickly und seine Frau vor knapp drei Jahren den Gasthof Alpenblick übernommen. Eines ihrer Hauptstandbeine ist der Hotelbetrieb: Vom letzten Mai bis Oktober verzeichneten sie über tausend Übernachtungen. «Viele unserer Gäste kommen aus dem Ausland», erklärt Rickly, «aus China, Amerika und Russland zum Beispiel.» Nach der Abreise hinterliessen einige bei der Hotelbewertung den Kommentar, es sei schade, dass man den Alpenblick fast nicht finde. Denn die Postadresse des Gasthofs lautet 3066 Stettlen. Dort suchen die Touristen aber vergeblich nach dem Alpenblick – ihnen ist nicht bewusst, dass dieser zwei Kilometer ausserhalb des Dorfes liegt.

        

Plötzlich kamen die Wirtsleute auf eine Idee: Man könnte in Stettlen einen kleinen, gelb-braunen Hotelwegweiser montieren. So würde den Gästen klar, dass sie hier von der Kantonsstrasse abzweigen müssten. Also reichte Andreas Rickly ein Gesuch ein – das der Kanton aber ablehnte. Begründung: In Stettlen bestehe bereits ein weisser Ortswegweiser Richtung Ferenberg, da brauche es keinen speziellen Hotelwegweiser. So wolle es das übergeordnete Recht. «Wir müssen dafür sorgen, dass der Schilderwald nicht immer grösser wird», sagt Kreisoberingenieur Ueli Weber.

        

"Rechtsgleichheit"

        

Das kann Alpenblick-Wirt Rickly nicht nachvollziehen. Er argumentiert: Im Nachbardorf Bolligen stünden seit Jahr und Tag solche Hotelwegweiser, etwa jene für das Laufenbad sowie für das Rössli und die Linde in  Habstetten. Auch sie sind an der Kantonsstrasse montiert. Und auch dort gibt es einen Ortswegweiser, der Richtung Habstetten zeigt. «Warum», fragt Rickly, «wurden diese denn bewilligt und meiner nicht?» Das Problem ist: Der Kanton hat diese Wegweiser gar nicht bewilligt. Die Gemeinde Bolligen hängte sie vor Jahren in Eigenregie auf. Aufgeschreckt durch den Fall Alpenblick, hat der Kanton die Gemeinde nun angewiesen, diese unbewilligten Wegweiser zu entfernen – «im Sinne der Rechtsgleichheit», wie Kreisoberingenieur Weber sagt.

        

Juristisches Nachspiel?

        

Hier beginnt aber ein noch grösseres Problem. Denn im Kanton Bern existieren mutmasslich Hunderte unbewilligte Hotelwegweiser. Hans Gerber, Mitbesitzer des Rössli Habstetten, hat Fotos von drei exakt gleich gelagerten Fällen im Berner Oberland gemacht. «Warum dürfen diese Wegweiser bleiben, und wir sollen unsere demontieren?», fragt er. Ähnlich tönt es bei der Gemeinde Bolligen, der Besitzerin der Linde Habstetten. «Für mich gehört das ins Kapitel: ‹Hier wiehert der Amtsschimmel›», sagt Gemeindepräsident Rudolf Burger. Er war noch nicht im Amt, als Bolligen die unbewilligten Hotelwegweiser aufstellte.

        

Der Gemeinderat von Bolligen erwägt nun, die Wegräumverfügung des Kantons anzufechten. Die Rössli-Besitzer überlegen sich ebenfalls, Beschwerde einzureichen.

        

Kanton will aufräumen

        

Es scheint, als gelte bei den Hotelwegweisern der Grundsatz: «Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter.» Kreisoberingenieur Ueli Weber  mag das nicht direkt bestätigen. Er sagt aber: «Viele der bestehenden Hotelwegweiser dürfte es eigentlich nicht geben.» Man wolle sich nun einen Überblick verschaffen und die unbewilligten sukzessive entfernen lassen.

        

Dass andere Schilder wegmüssen, nein, das war nicht das Ziel von Alpenblick-Wirt Andreas Rickly. Ihm ging es einfach um seinen Wegweiser in Stettlen. Bis gestern hätte er Zeit gehabt, das Nein des Kantons vor dem Verwaltungsgericht anzufechten. Mangels Erfolgschancen lässt er dies aber bleiben. Schon das bisherige Verfahren habe ihn 600 Franken gekostet – «hätte ich einen Anwalt genommen, wären noch einige Tausend Franken dazugekommen», sagt Rickly. «Und das alles wegen eines kleinen Wegweisers.»


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Erstellt: 07.03.2014
Geändert: 07.03.2014
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