Stettlen - Er schwimmt von Irland nach Schottland - und sammelt Geld

Hans-Georg Fiedeldeij will im Juli den «North Channel» durchschwimmen. Sein Versuch ist an eine Spendeaktion für die Musikschule in Bolligen geknüpft.

Simon Gsteiger, Der Bund
Hans-Georg Fiedeldeij sitzt im Gras des Freibades Marzili in Bern, sein Gesicht hat er der Aare zugewandt. Wie Wasser sprudeln auch die Worte aus ihm heraus, wenn er daran denkt, wieder ins Meer hinaus zu schwimmen. «Das Meer ist Urnatur. Ihm ausgeliefert zu sein, macht den Reiz aus.» Er will im Juli durch den North Channel von Irland nach Schottland schwimmen. Das Wasser ist um die 12 Grad kalt, die Strecke rund 34 Kilometer lang, Fiedeldeij rechnet mit 15 Stunden auf offener See - erst 23 Menschen haben das geschafft. Sein Unterfangen hat einen wohltätigen Hintergrund: Er will damit Spendengelder für eine Musikschule sammeln.

Fiedeldeij ist in Holland und Südafrika aufgewachsen und zog dann nach München. Heute lebt er mit seiner Familie in Stettlen, seine vier Kinder besuchten alle die Musikschule Unteres Worblental in Bolligen. Die Schule müsse saniert werden, habe aber finanzielle Probleme, sagt er. «Ich habe mit den Leuten der Musikschule Gespräche geführt, daraus ist die Idee entstanden, eine Spendeaktion ins Leben zu rufen.» Spenden könne man entweder einen Pauschalbetrag oder aber einen Betrag pro Stunde. Sein Vorhaben werde ausserdem von Musik und Malerei begleitet: «Auf dem Boot, das mich begleitet, wird eine Malerin stündlich ein Bild malen. Wir möchten die Eindrücke künstlerisch und nicht einfach fotografisch festhalten.» Dabei sei auch ein Musiker, der auf der Flöte improvisiere und langsam vom irischen zum schottischen Stil wechsle.

Unterkühlung, Gewitter, Quallen

Auf dem Boot befinden sich nebst dem Kapitän auch noch ein Lebensretter und ein Richter. Laut Organisator, der Irish Long Distance Swimming Association, dürfe man nur Schwimmbrille, Badekappe, Nasenclip, Ohrenstöpsel und einen Schwimmanzug tragen - «nicht aus Neopren, dafür kann man sich vorher mit Fett einschmieren», sagt Fiedeldeij. Der Richter kontrolliere, dass die Begleiter im Boot dem Schwimmer nicht zu sehr unter die Arme greifen. «Sie werden mir alle 25 Minuten ein bisschen Wasser, alle 50 Minuten einen Löffel Getreidebrei reichen.»

Dass der Lebensretter zum Einsatz kommt, denkt Fiedeldeij nicht. Gefahren gebe es aber allerlei. «Unterkühlungen kommen vor, aber auch Gewitter oder starke Strömungen können den Schwimmer zum Aufgeben zwingen.» Manchmal würden Schwimmer auch von plötzlichen Ängsten überrascht. Da genüge es nicht mehr, einfach nur fit zu sein, eine gute Kondition zu haben. «Ich erinnere mich noch gut, wie ich 2012 von Deutschland nach Dänemark geschwommen bin. Plötzlich waren da überall Feuerquallen.» Über 500 Meter habe er sich durch einen Schwarm gekämpft. «Damit musste ich rechnen - wie man aber darauf reagiert, kann man schlicht nicht voraussagen.»

Schwimmen ist «Psychohygiene»

Fiedeldeij trainiert drei- bis sechsmal pro Woche, schwimmt auch im Winter in der Aare, hält sich oben ohne in der Kälte auf. «Ich lehre meinen Körper, sich wieder aufzuwärmen.» Vorbereitend will er noch über 25 Kilometer am Stück schwimmen. In der Woche vor dem Versuch ruht er sich dann aus - «bis ich das Gefühl habe: Mann, jetzt muss ich wieder raus!»

Was geht einem da durch den Kopf, auf offener See, umgeben von nichts als Wasser? «Die Gedanken kommen und gehen, ich lasse einfach alles zu.» So kämen aus dem Nichts Erinnerungen zurück, «die schlimmsten und die schönsten. Dann kommt die nächste Welle und spült alles weg.» Für ihn sei das Schwimmen im Meer «Psychohygiene». Als diplomierter Pflegefachmann habe er oft auch mit dem Tod zu tun. «Ich glaube, mit dem Meer ist es ähnlich: Man begibt sich in einen Bereich, bei dem man nicht weiss, was einen erwartet.»

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Erstellt: 22.05.2014
Geändert: 22.05.2014
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